Seite - 16 - in Das Wiener Handwerksordnungsbuch - (1364–1555)
Bild der Seite - 16 -
Text der Seite - 16 -
16 I. Einleitung
in seinem entsprechenden Artikel im Handwörterbuch für deutsche Rechtsgeschichte32.
Neben der geschworenen Einigung, dem Zunftzwang und den auf gegenseitige Unter-
stützung abzielenden sozialen und religiösen Aufgaben hebt er allerdings ebenso die wirt-
schaftlichen Absprachen der Zunftmitglieder untereinander hervor, beispielsweise den
gemeinsamen Einkauf von Rohstoffen.
Auch in den aktuelleren Überblickswerken zur Stadt- und Zunftgeschichte wird die
Multifunktionalität der Zünfte betont. Eberhard Isenmann sieht in der nach außen hin
einheitlich auftretenden Zunft drei verschiedene Einrichtungen integriert: Den Gewer-
beverband für den wirtschaftlichen Bereich, die Bruderschaft für die religiösen Belange
und die Stube bzw. die Gesellschaft für die sozial-geselligen Elemente33. Sabine von Heu-
singer bemerkt ähnliche Charakteristika, verweist jedoch – bedingt durch ihren Unter-
suchungsraum Straßburg – verstärkt auf die Bedeutung der politischen Zunft und der
Sicherung der Stadt beispielsweise durch Wachtdienste34. Arnd Kluge konzentriert sich
hingegen einseitig auf den „geografisch begrenzte[n] Zwangsverband von Betrieben des
Handwerks, des Kleinhandels oder der Dienstleistungen, der in vormodernen Epochen
marktordnende Aufgaben“ innehatte35.
Zusammenfassend kann also von der Zunft/Zeche als multifunktionaler Organisa-
tion gesprochen werden, die sowohl gewerbliche und religiöse als auch sozial-gesellige
Funktionen bzw. auch Maßnahmen zur Stadtsicherung wahrnahm. Abhängig vom Un-
tersuchungsraum dienten die Zünfte/Zechen entweder all diesen Zwecken oder hatten
nur einzelne der genannten Funktionen inne36. Wie weiter unten gezeigt wird, kann diese
Definition auch auf die grundlegenden Charakteristika von Gesellenvereinigungen um-
gelegt werden37.
32 Brand, Art. Zunft 1792–1797.
33 Isenmann, Stadt 808f.
34 Von Heusinger, Antwerk 48–52, 63f.; dies., Zunft 50f.
35 Kluge, Zünfte 34.
36 Von Heusinger, Antwerk 40.
37 Siehe unten S. 122–124.
Das Wiener Handwerksordnungsbuch
(1364–1555)
- Titel
- Das Wiener Handwerksordnungsbuch
- Untertitel
- (1364–1555)
- Autor
- Markus Gneiß
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20418-3
- Abmessungen
- 17.3 x 24.5 cm
- Seiten
- 674
- Schlagwörter
- Late Medieval Vienna, Craft ordinances, Craftsmen, Late Medieval Urban Administration, Commented Edition, Wien im Spätmittelalter, Handwerksordnungen, Handwerker, Spätmittelalterliche Stadtverwaltung, Kommentierte Edition
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen