Web-Books
im Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Geschichte
Historische Aufzeichnungen
Das Wiener Handwerksordnungsbuch - (1364–1555)
Seite - 22 -
  • Benutzer
  • Version
    • Vollversion
    • Textversion
  • Sprache
    • Deutsch
    • English - Englisch

Seite - 22 - in Das Wiener Handwerksordnungsbuch - (1364–1555)

Bild der Seite - 22 -

Bild der Seite - 22 - in Das Wiener Handwerksordnungsbuch - (1364–1555)

Text der Seite - 22 -

22 II. Das Wiener Handwerk vom 13. Jahrhundert bis zum Jahre 1527 Meister die Aufnahme verwehren, besteht die Möglichkeit, dass sich dieser an den Rat wendet und dort das Recht erlangt, sein Handwerk auszuüben74. Der Stadtrat hat in die- sem Fall also ein bemerkenswertes Mitspracherecht, was die Aufnahme in die Zeche der Fleischhauer betrifft. Wohl mit gutem Grund wird zwar angenommen, dass es in Wien bereits vor 1340, vielleicht schon im ausgehenden 13. Jahrhundert, Zusammenschlüsse von Handwerksmeistern gegeben hat, die als Zeche zu bezeichnen sind, quellenmäßige Belege gibt es jedoch hierfür nicht75. Den Entstehungsprozess der Zünfte/Zechen im österreichischen Raum betreffend hat vor allem Hans Lentze Grundlagenarbeit geleistet. Lentze arbeitet dabei drei zentrale Typen bzw. Entwicklungsstadien von Handwerksvereinigungen heraus, die sich im Gro- ßen und Ganzen von herrschaftsabhängigen, durch die Obrigkeit bestellten, marktkon- trollierenden Handwerksverbänden über mehr oder weniger autonome Verbände (mit Zunftzwang und eigener Gerichtsbarkeit) im Laufe des 13. Jahrhunderts hin zu auch re- ligiös-karitative Funktionen erfüllenden Zechen im 14. und besonders stark im 15. Jahr- hundert verändern76. Lentze greift dabei auf die grundsätzliche Unterscheidung zwischen „Handwerk“ und „Zeche“ zurück, wie sie seit Karl Uhlirz77 vor allem für Wien postuliert worden ist. Für ihn stellen die qualitätskontrollierenden Organe, die in Form der jeweils ein bestimmtes Handwerk vertretenden Beschaumeister in den Quellen greifbar sind, die ursprüngliche Form eines Handwerksverbandes dar – wenn auch nur lose zusammenge- fasst und primär marktordnende Funktionen ausführend – und entsprechen somit Uhlirz’ Definition von „Handwerk“78. Teilweise parallel dazu, also bereits im 13. Jahrhundert, wurden allerdings einzelne Handwerksgruppen vom Stadtherrn privilegiert; die zuneh- menden Beschränkungen der Erlangung des Meisterrechts sorgten für eine rigorosere Ab- schließung von einzelnen Gewerben gegenüber fremden Handwerkern und bildeten die Grundlage der Zechentwicklung im späten Mittelalter79. Lentze weist dabei aber auch auf den engen Zusammenhang zwischen „berufsständischen“, wirtschaftlich orientierten Verbänden und Zechen mit religiös-bruderschaftlichem Schwerpunkt hin. Beide genos- senschaftlichen Verbindungsformen können nicht getrennt voneinander betrachtet wer- den, des Öfteren entwickelte sich auch eine vormals rein wirtschaftlich orientierte Zeche zu einer religiösen80. Lentzes Zunfttypologie wurde ohne größeren Widerspruch von der späteren Forschung zur österreichischen Handwerksgeschichte als Grundlage genommen und weiter modifiziert. Heinz Zatschek beispielsweise bietet, offensichtlich stark an Lentze, aber auch an an- deren gängigen Zunftentstehungstheorien orientiert, eine Erklärung für die Ausbildung der Zechen speziell in der Stadt Wien. Laut Zatschek waren die Wiener Handwerker ursprünglich – also im 12./13. Jahrhundert – noch locker zusammengefasst. Die Stadt- 74 FRA III/9 Nr. 20 Art. 67: Swer ouch in die stat chumt, und darinne vleischakcher recht gewinnen wil, und mit der stat dienen wil, den sullen si des nicht vertzeihen, si sullen im ir recht geben, und sol derselb man in der vleischakcher zeche geben ein phunt phenning und dem richtter ein phunt, und hab mit in vleische vail, als der stat nutzlich und erleich ist. Wer aber, daz die vleischackcher denselben man, der ir recht gewinnen wil, versmechleich und vrêfelich nicht wolden enphahen, und tut er das dem rat chunt, so sol im der rat an ir danch dasselb recht geben. Vgl. dazu Westermayer, Beiträge 9. 75 Uhlirz, Gewerbe 604. 76 Lentze, Struktur passim. 77 Uhlirz, Gewerbe 610. Siehe dazu auch Lentze, Struktur 15f., und vgl. oben S. 15. 78 Lentze, Struktur 16–21. 79 Ebd. 18f. 80 Ebd. 22.
zurück zum  Buch Das Wiener Handwerksordnungsbuch - (1364–1555)"
Das Wiener Handwerksordnungsbuch (1364–1555)
Titel
Das Wiener Handwerksordnungsbuch
Untertitel
(1364–1555)
Autor
Markus Gneiß
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2017
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20418-3
Abmessungen
17.3 x 24.5 cm
Seiten
674
Schlagwörter
Late Medieval Vienna, Craft ordinances, Craftsmen, Late Medieval Urban Administration, Commented Edition, Wien im Spätmittelalter, Handwerksordnungen, Handwerker, Spätmittelalterliche Stadtverwaltung, Kommentierte Edition
Kategorien
Geschichte Historische Aufzeichnungen
Web-Books
Bibliothek
Datenschutz
Impressum
Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Das Wiener Handwerksordnungsbuch