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Das Wiener Handwerksordnungsbuch - (1364–1555)
Seite - 23 -
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II.1. Die Entwicklung Wiens als Wirtschaftsplatz 23 verwaltung sah die Ausübung eines Handwerks als Amt an und sicherte sich so das Mit- spracherecht bei der Bestellung der einzelnen Handwerker. Mit der Zeit entwickelten sich diese eher losen Zusammenschlüsse jedoch zu sogenannten Gesellschaften, die einen engeren Verband von Handwerkern desselben Gewerbes darstellten. Ohne die Mitglied- schaft in einer derartigen Gesellschaft (consortium) konnte das jeweilige Handwerk nicht ausgeübt werden81. Wohl gegen Ende des 13. Jahrhunderts, spätestens aber in den ers- ten Jahrzehnten des 14. Jahrhunderts, gingen diese Gesellschaften schließlich in Zechen über. Diese Zechen unterscheiden sich laut Zatschek von den Gesellschaften vor allem im Punkt der Freiwilligkeit und der Gemeinschaftlichkeit: Der Genossenschaftsgedanke stand im Mittelpunkt, der freie Wille der Verbundenen war – zumindest anfangs – zent- ral. Die Zeche erfasste nicht nur die wirtschaftliche Seite, sondern war ebenso eine religi- öse, gesellige und sittliche Verbindung. Kennzeichnend für die frühen Wiener Zechen sei ein „autonomes Recht“ gewesen82. Zatschek liegt wohl jedenfalls mit seiner multikausalen Erklärung der Zunftsentstehung nicht gänzlich falsch83. Harald Uhl erklärt die Entwicklung der österreichischen Zünfte ebenso durch ei- nen stufenweisen Prozess. Frühe Handwerksverbände bildeten sich durch das Ziel der städtischen Obrigkeit, den Markt und die darin befindlichen Waren zu kontrollieren, sie wurden also von dieser eingesetzt und überprüft84. In einem nächsten Schritt bzw. oft auch gleichzeitig mit diesem herrschaftsabhängigen Typus traten im österreichischen Raum im Laufe des 13. Jahrhunderts auch relativ selbstständige Handwerksverbände auf. Die weiter oben85 genannten Wiener Flandrenser zählt Uhl zwar noch zu dieser Ent- wicklungsstufe, wenn man diese jedoch in Einklang mit Irsigler als ein mit Sonderrech- ten ausgestattetes flandrisches Kaufmannskonsortium definiert, dann fallen sie nicht in diese Kategorie. Die zentralen Elemente dieser Verbände stellen jedenfalls Zunftzwang und von der Stadt unabhängige Gerichtsbarkeit dar86. Spätestens im beginnenden 14. Jahrhundert kamen zu diesen ursprünglich marktordnend ausgerichteten Verbänden auch religiös-karitative Funktionen hinzu. Es gelang den Vereinigungen durch die Wahl eige- ner Zechmeister, die Kontrolle der städtischen Amts- und Beschaumeister abzulegen und dadurch weiter an Autonomie zu gewinnen87. Auch Wilhelm Störmer teilt – aufbauend auf Lentze, Zatschek und Uhl – die Entstehung der Zünfte im österreichischen Raum in mehrere Entwicklungsstufen ein, die sich nicht wesentlich von den oben angesprochenen unterscheiden88. Zusammenfassend lässt sich also festhalten, dass sich die Zechen/Zünfte im Laufe des 13. Jahrhunderts aus mehreren Strängen entwickelt haben. Neben der freiwilligen Initiative zum Schutz gemeinsamer Interessen wie der Marktordnung oder der durchaus vorhandenen Bindung zur obrigkeitlichen Privilegierung neben der Tendenz, ein für das gesamte Gewerbe geltendes Recht zu erlangen, sowie den Einflüssen von lokalen Bruder- schaften muss wohl auch die Vorbildwirkung von fremden Kaufmannsgilden berücksich- 81 Zatschek, Handwerk 19. 82 Ebd. 20. 83 Auch Harald Uhl weist in FRA III/3 125 dezidiert auf die Unmöglichkeit eines monokausalen Ursprungs der Zünfte hin. 84 Ebd. 134. Damit entspricht diese Entwicklungsstufe den „Ämtern“ Zatscheks. 85 Siehe oben S. 20f. 86 FRA III/3 135f. Dieser Typus entspricht weitgehend den „Gesellschaften“ Zatscheks. 87 Ebd. 136f. 88 Störmer, Vergesellschaftungsformen 367–370.
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Das Wiener Handwerksordnungsbuch (1364–1555)
Titel
Das Wiener Handwerksordnungsbuch
Untertitel
(1364–1555)
Autor
Markus Gneiß
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2017
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20418-3
Abmessungen
17.3 x 24.5 cm
Seiten
674
Schlagwörter
Late Medieval Vienna, Craft ordinances, Craftsmen, Late Medieval Urban Administration, Commented Edition, Wien im Spätmittelalter, Handwerksordnungen, Handwerker, Spätmittelalterliche Stadtverwaltung, Kommentierte Edition
Kategorien
Geschichte Historische Aufzeichnungen
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