Seite - 24 - in Das Wiener Handwerksordnungsbuch - (1364–1555)
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24 II. Das Wiener Handwerk vom 13. Jahrhundert bis zum Jahre 1527
tigt werden – immerhin hatte Wien um 1200 durchwegs fruchtbare Handelskontakte in
den Westen und in den Süden, wo sich Gilden und Zünfte in der weiter oben definierten
Art bereits früher als im österreichischen Raum ausgebildet hatten89.
Als weiteres frühes Zeugnis einer Zeche für Wien ist eine Schneiderordnung Herzog
Albrechts II. aus dem Jahr 1340 zu nennen90. Bemerkenswert ist hierbei, dass neben ver-
schiedenen wirtschaftlichen Regelungen zum Handwerksbetrieb auch, als frühes Wiener
Beispiel, bereits das religiös-gesellige Leben innerhalb der Zeche genauer bestimmt wird.
Beispielsweise wird festgelegt, wie sich die Zechmitglieder beim Ableben eines anderen
Mitglieds zu verhalten haben, und dass sie beim Begräbnis des Verstorbenen anwesend sein
sollen. Bei Abwesenheit von den Trauerfeierlichkeiten ist ein Vierdung Wachs zu zahlen91.
II.2. Die beiden Urkunden Herzog Rudolfs IV. von 1361 und 1364 und
die Handwerksordnungen der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts
Dass die oben geschilderten genossenschaftlichen Vereinigungen den politischen
Entscheidungsträgern in der Stadt durchaus ein Dorn im Auge waren, zeigt bereits eine
Urkunde Herzog Rudolfs IV. vom 20. Juli 1361, in welcher der Landesfürst alle Zechen
und Einungen92 verbot. Rudolf hebt in diesen Bestimmungen alle von seinen Vorfahren
und von ihm bestätigten aufs tz, die von unsern vorvodern oder von uns mit hantfesten
und mit briefen best
tt sind uber sundrew recht, gesetzt und ordnung, oder die yemant selben
funden habe, und auch all zech und aynung, die in der stat und in den vorsteten ze Wienn
unter purgern, kaufl
wten, aribaittern, hantwerchern daher k
men sein, auf93. Die herzogli-
che Urkunde von 1361 kann jedenfalls als eine Art „Sammelverordnung“, mit der nicht
nur Handwerker angesprochen werden, interpretiert werden94. Die Zechen hatten sich
offenbar in den vergangenen Jahrzehnten gut entwickelt und waren weitverbreitet. Sie
waren einerseits schwer durch den Rat – und schon gar nicht durch den Landesfürsten
selbst – kontrollierbar, andererseits dürften sich auch andere Missstände eingeschlichen
haben, vor allem auf der Ebene der Meister, denen es durch diese genossenschaftlichen
Vereinigungen leichter möglich war, Preisabsprachen zu tätigen. Außerdem scheint sich
die Position der Handwerksmeister allgemein gefestigt zu haben, entwickelte sich im
14. Jahrhundert doch in einzelnen Gewerben so etwas wie ein erbliches Meisterrecht für
bestimmte Familien, erleichtert durch die Organisation in Zechen und die damit verbun-
denen hierarchischen Abstufungen95.
Neben dem Zech- und Einungsverbot legt Rudolf IV. ebenso fest, dass alle Bürger,
Kaufleute und 17 explizit genannte Handwerke in Wien all ier aribait oder hantwerch,
was yederman well oder k nne, das rechtleich sei, freyleich treiben und ben s llen und
89 Siehe dazu Kluge, Zünfte 49–57, und oben S. 14–16.
90 Rechte und Freiheiten 1, ed. Tomaschek Nr. XXXVIII.
91 Vgl. auch Zatschek, Handwerk 20.
92 Siehe dazu ebd. 22. Noch am 28. Juni 1360 hatte Rudolf IV. den Schneidern das Privileg Herzog
Albrechts II. von 1340 bestätigt, vgl. dazu QGW I/2 Nr. 1273.
93 Original verloren, überliefert in EB fol. 67v–68v; Rechte und Freiheiten 1, ed. Tomaschek Nr.
LXIV; FRA III/9 Nr. 26; Opll, Eisenbuch 31.
94 Zatschek, Handwerksordnungen 2.
95 Zatschek, Handwerk 13f.
Das Wiener Handwerksordnungsbuch
(1364–1555)
- Titel
- Das Wiener Handwerksordnungsbuch
- Untertitel
- (1364–1555)
- Autor
- Markus Gneiß
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20418-3
- Abmessungen
- 17.3 x 24.5 cm
- Seiten
- 674
- Schlagwörter
- Late Medieval Vienna, Craft ordinances, Craftsmen, Late Medieval Urban Administration, Commented Edition, Wien im Spätmittelalter, Handwerksordnungen, Handwerker, Spätmittelalterliche Stadtverwaltung, Kommentierte Edition
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen