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Das Wiener Handwerksordnungsbuch - (1364–1555)
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30 II. Das Wiener Handwerk vom 13. Jahrhundert bis zum Jahre 1527 Perger interpretiert die Schaffung des Äußeren Rats als „ersten Schritt zur stärkeren Betei- ligung [der Handwerker] an der politischen Willensbildung“137, auch wenn der tatsächli- che Einfluss dieses Kollegiums nicht allzu groß gewesen sein dürfte. In der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts traten indes in zahlreichen europäischen Städten Erhebungen von Handwerkern auf, deren Forderungen vor allem um einen stär- keren Einfluss auf die politischen Organe ihrer jeweiligen Städte kreisten. Wahrscheinlich erfuhren die Wiener Handwerker von den teilweise erfolgreichen Aufständen ihrer Kol- legen in fremden Städten138, jedenfalls kam es auch in Wien nach dem Tod Herzog Al- brechts III. im Jahre 1395 zu politischen Unruhen. Eine Regierungsvakanz von drei Mo- naten, hervorgerufen durch die Streitigkeiten zwischen Albrecht IV., Wilhelm, Leopold IV., Ernst und Friedrich IV. um die Herrschaftsnachfolge, begünstigte diese Unruhen, die erst nach der Einigung zwischen den Habsburgern am 22. November 1395 gelöst werden konnten. Im Herzogtum Österreich regierten fortan Albrecht IV. und Wilhelm gemein- sam, wobei Letzterer politisch deutlich mehr in Erscheinung trat als sein Cousin139. In Wien beendete ein Privileg vom 24. Februar 1396140 die Unruhen, die offenbar durch Uneinigkeiten in Bezug auf die Wahl und die Zusammensetzung des Rats ausgelöst wor- den waren. Das sogenannte „Ratswahlprivileg“, ausgestellt von den Herzögen Wilhelm, Leopold IV. und Albrecht IV., stellt den Beginn der offiziell geregelten Beteiligung der Handwerker in den politischen Organen der Stadt dar. Neben der erstmaligen schrift- lichen Festlegung der ohnehin bereits laufenden Praxis einer jährlichen Ratswahl ist vor allem jene Bestimmung hervorzuheben, die eine paritätische Vertretung von Erbbürgern, Kaufleuten und Handwerkern im Inneren Rat festsetzt141. Die besondere Bedeutung die- ses Privilegs für die Handwerker zeigt der Umstand, dass verschiedene Wiener Zechen 137 Perger, Rolle 11. 138 Siehe dazu knapp und übersichtlich: Perger, Rolle 1–7. Während diese Aufstände in Städten wie Straßburg und Köln zu einer beachtlichen Beteiligung der Handwerker am Rat führten, blieben dieselben bei- spielsweise in Nürnberg oder Regensburg mehrheitlich von politischer Einflussnahme ausgeschlossen. In Nürn- berg gab es zwar in der zweiten Hälfte des 14. Jhs. eine Gruppe von acht geschworenen Handwerksmeistern, die jährlich vom Stadtrat ernannt wurden und zur Mitarbeit im Rat berechtigt waren, ihr Einfluss war jedoch sehr gering, vgl. dazu konzise Schubert, Zunftkampf 98–107. Zu den spätmittelalterlichen Entwicklungen in Straßburg vgl. rezent von Heusinger, Zunft 169–212; Gloor, Politisches Handeln 278–294, 315–321. Siehe zum sogenannten Kölner Verbundbrief von 1396 auch die Edition von Huiskes, Kölns Verfassung passim, und weiters Isenmann, Stadt 237–239. Vgl. auch die sogenannten Zürcher geschworenen Briefe, die ab 1336 den Einfluss der unter der Führung des ritterbürtigen Rudolf Brun zusammengeschlossenen Handwerker und der Ritterbürger im Rat Zürichs deutlich vermehrten. Bis in das 18. Jh. wurden sechs weitere Briefe dieser Art erlas- sen, jedoch bildeten bereits die Verfassungsmaßnahmen von 1336 über fast ein halbes Jahrtausend hinweg die Grundlage für die politische Entwicklung Zürichs. Siehe zur Zunftentwicklung in Zürich von 1336 bis 1798 überblicksmäßig Sigg, Zunftherrlichkeit passim. 139 Albrecht IV. war der einzige Sohn Herzog Albrechts III., während Wilhelm, Leopold und Ernst die Söhne von Leopold III. waren, der 1386 gestorben war und seit der Länderteilung von 1379 die Herzog- tümer Steiermark, Kärnten, Krain, die Windische Mark, die Grafschaft Tirol, die Vorlande und weitere Güter in Schwaben und im Elsass regiert hatte. Siehe zum politischen Kontext Vancsa, Politische Geschichte 515f.; Perger, Rolle 11f.; Lackner, Hollenburger Vertrag passim; Niederstätter, Herrschaft 178–196; Lackner, Hof und Herrschaft 17–49. 140 WStLA, H. A.-Urk. Nr. 1325 (= Privileg Nr. 27); QGW II/1 Nr. 1325. Unter anderem ediert in Rechte und Freiheiten 2, ed. Tomaschek Nr. CIII; Urkunden, ed. Schwind–Dopsch Nr. 146; FRA III/9 Nr. 46. 141 Siehe zum Inhalt des Privilegs aus der Fülle der Literatur unter anderem Vancsa, Politische Ge- schichte 516f.; Uhlirz, Gewerbe 611; Brunner, Finanzen 14; Csendes, Stadtherr 254; Perger, Beiträge 22; ders., Rolle 13; Csendes–Opll, Geschichte Wiens 143.
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Das Wiener Handwerksordnungsbuch (1364–1555)
Titel
Das Wiener Handwerksordnungsbuch
Untertitel
(1364–1555)
Autor
Markus Gneiß
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2017
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20418-3
Abmessungen
17.3 x 24.5 cm
Seiten
674
Schlagwörter
Late Medieval Vienna, Craft ordinances, Craftsmen, Late Medieval Urban Administration, Commented Edition, Wien im Spätmittelalter, Handwerksordnungen, Handwerker, Spätmittelalterliche Stadtverwaltung, Kommentierte Edition
Kategorien
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