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III.1. Verwaltungsschriftwesen des Wiener Rats 49
des sogenannten Eisenbuchs254. Für die Eintragungen zeichnete zum überwiegenden Teil
Personal der Wiener Stadtkanzlei verantwortlich, als Hauptschreiber fungierten wahr-
scheinlich die jeweils amtierenden – seit 1276 auch namentlich bekannten – Stadtschrei-
ber255. Nachdem anfänglich ebenso Ratsbeschlüsse in die Handschrift eingetragen wur-
den, konzentrieren sich spätere Eintragungen vor allem auf landesfürstliche Verfügungen
in Bezug auf die Stadt Wien256. Das Wiener Eisenbuch ist also, wie in der Forschung
großteils üblich, vielmehr als Stadtrechtsbuch denn als Stadtbuch im Sinne der Verschrift-
lichung der laufenden Verwaltungstätigkeit anzusprechen257.
Die nach 1350 deutlich zunehmende Zuständigkeit des Rats in verschiedenen Rechts-
bereichen dürfte schlussendlich in eine verstärkte Ausdifferenzierung der Stadtbuchfüh-
rung gemündet haben. Wohl in Folge der durch Rudolf IV. im Jahr 1360 gefassten Be-
stimmungen zur Grundherrschaft begann die Stadt nachweislich ab 1368 Grundbücher
zu führen258. Die Verzeichnung des durch Kauf (Kaufbücher) bzw. auf anderen Wegen –
beispielsweise durch Erbgang oder durch richterliche Anordnung – erlangten Eigentums
(Gewerbücher) und der durch ein Darlehen belasteten Häuser (Satzbuch) erfolgte in je-
weils getrennten Büchern259. Die Grundbuchführung diente wohl zunächst rein zu inter-
nen Verwaltungszwecken, als „amtliche“ Aufzeichnung kam ihr jedoch schon bald eine
so hohe Glaubwürdigkeit zu, dass man sich auch in Urkunden auf die Einträge berufen
konnte260. Gleichzeitig mit den Grundbüchern begann die Stadt auch Rechnungsbücher
zu führen; die ältesten Belege dafür reichen bis in das Jahr 1368 zurück261. Diesen nur
fragmentarisch erhaltenen Rechnungen nach zu schließen, hatten die städtischen Rech-
254 WStLA, Sammlungen, Handschriften, A 1/1; Demelius, Entstehung passim; Haidinger, Eisen-
buch 13; Opll, Quellentypus 154.
255 Uhlirz, Quellen 94f.; Luntz, Beiträge 109, 112; Ernst, Anfänge 48f.; Haidinger, Eisenbuch
14f.; Wiesinger, Wiener Stadtkanzlei 419.
256 Vgl. zur inhaltlichen Erschließung: Rechte und Freiheiten 1, ed. Tomaschek LXXXI–XCIII; Opll,
Eisenbuch passim.
257 Die Abgrenzung zwischen Stadtbüchern und Stadtrechtsbüchern bleibt jedoch schwammig, vgl.
dazu Johanek, Art. Stadtbücher 1451; ders., Art. Stadtrechtsbücher 1454; Korneuburger Stadtbuch, ed.
Holzner–Tobisch 18f. Anm. 45. Ernst, Stadtbücher 501f., unterscheidet zwischen Satdtrechtsbüchern und
„Stadtbüchern im engeren Sinn“, gibt aber terminologische Unschärfen zu bedenken. Im WStLA werden noch
weitere im ersten Drittel des 15. Jhs. angefertigte Stadtrechtsbücher, zumeist Abschriften aus dem und teilweise
auch Ergänzungen zum Eisenbuch, aufbewahrt, siehe dazu unten S. 53.
258 WStLA, Patrimonialherrschaften, Grundbücher, 1. Zur Übersicht vgl. QGW III/1 XXII; Edition
der ältesten Kaufbücher A und C (1368–1388), des Gewerbuches B (1373–1419), des in derselben Handschrift
enthaltenen Verbotbuches (1373–1399) und des Satzbuches A 1 (1373–1388), das heute ebenso mit dem Ge-
werbuch B und dem Verbotbuch zusammengebunden ist, ursprünglich aber eine eigene Handschrift darstellte:
QGW III/1–3 passim.
259 Das Gewerbuch enthält daneben auch Rechtshandlungen, die aus Schuldverhältnissen entstanden
sind; dieser Abschnitt der Handschrift wurde vom Herausgeber der QGW-Edition, Franz Staub, „Verbotbuch“
genannt; vgl. Schuster, Rechtsleben 384 Anm. 3; Demelius, Grundbücher 114; Lohrmann, Grundbücher 3.
260 Schuster, Rechtsleben 385f.; Lohrmann, Grundbücher 2, bemerkt dazu, dass nicht der Akt der
Eintragung in das Grundbuch an sich rechtsetzende Kraft hatte, sondern die Übergabe der dieses Rechts-
geschäft betreffenden Urkunde; sehr wohl sieht er jedoch in dem Grundbucheintrag eine Art Nachweis der
Gültigkeit der Transaktion.
261 Opll, Quellentypus 150. Für die Jahre von 1368 bis 1385 sind städtische Rechnungen in einer
heute in der ÖNB aufbewahrten Handschrift (Cod. 14234) enthalten; Druck: Chmel, Geschichte passim;
vgl. Brunner, Finanzen 61–65; Pils, Oberkammeramtsrechnungen 58; Opll, Quellentypus 150f. Weitere
Rechnungen des 14. und frühen 15. Jhs. sind bis auf wenige Ausnahmen verloren. So enthält der erste Band der
„Testamentenbücher“ noch zwei weitere die Stadt betreffende Einzelrechnungen für die Jahre 1396/97, T₁ fol.
19r, 32r; FRA III/10/1 Nr. 114, 189; Brunner, Finanzen 65.
Das Wiener Handwerksordnungsbuch
(1364–1555)
- Titel
- Das Wiener Handwerksordnungsbuch
- Untertitel
- (1364–1555)
- Autor
- Markus Gneiß
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20418-3
- Abmessungen
- 17.3 x 24.5 cm
- Seiten
- 674
- Schlagwörter
- Late Medieval Vienna, Craft ordinances, Craftsmen, Late Medieval Urban Administration, Commented Edition, Wien im Spätmittelalter, Handwerksordnungen, Handwerker, Spätmittelalterliche Stadtverwaltung, Kommentierte Edition
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen