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Das Wiener Handwerksordnungsbuch - (1364–1555)
Seite - 76 -
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76 IV. Inhaltliche Aspekte nahm vielleicht der Gesellenverband einen Teil der sozialen Absicherung. Dass die Meis- terzechen in manchen Fällen ebenso Ansprechpartner für die Beschwerden und Anliegen der Lehrlinge waren, zeigt eine Bestimmung der Bortenwirkerordnung von 1469: Auch ob ain maister seinen lerknaben ze hertt hielt, das sol und mag derselb lerknab an die vier maister bringen, im das ze wenden435. IV.1.5. Freisprechen, Aufstieg zum Gesellen Über das Ende der Lehrzeit berichtet besonders die Ordnung der Beutler von 1530 ausführlich: Nach vier Lehrjahren soll der Lehrling von seinem Meister vor dem versam- melten Handwerk freigesprochen werden und sich mit einem Pfund Wachs in die Zeche einschreiben lassen; ebenso wird dem Lehrling auf sein Ansuchen hin ein Nachweis über die abgeschlossene Lehrzeit, ein leerbrief, ausgestellt436. Es bestand also die Möglichkeit, dass ein Lehrling nach Abschluss seiner Lehre weiterhin am Ort seiner Ausbildung tä- tig sein konnte. Auch die Handschustergesellen bieten 1518/19 dem fertigen Lehrling an, in ihre Gesellenschaft aufgenommen zu werden, er muss dafür jedoch zehn Pfennige in die Büchse einlegen und den Gesellen einen Braten geben437. Ganz besonders streng handhabt die Goldschlägerordnung von 1481 die Verpflichtung der Weiterarbeit nach der abgeschlossenen Lehre: Der Lehrling soll seinem Lehrmeister noch zwei weitere Jahre als Geselle gegen Bezahlung dienen438. Bei den Tuch- und Kotzenmachern wird 1497 fest- gesetzt, dass ein ausgelernter Lehrling zur Erlangung des knappenrechts ein halbes Pfund Pfennige, zwei Kannen Wein und vier Semmeln an die Zeche geben muss439. Die wenigen im HWOB überlieferten Nachrichten über das Freisprechen der Lehr- linge und den Aufstieg zum Gesellen zeigen, dass das Ende der Lehrzeit ebenso feierlich vor der Zechöffentlichkeit begangen wurde wie das Aufdingen440. Bei den Handschustern sowie den Tuch- und Kotzenmachern lässt sich mit der Übergabe eines Bratens bzw. von Wein und Semmeln sogar eine Art Initiationritus erahnen, der in Wien während der Frü- hen Neuzeit und auch andernorts weit verbreitet war441. IV.1.6. Zusammenfassung Die meisten Informationen, die man aus dem HWOB über Lehrlinge gewinnen kann, betreffen eindeutig die Fragen nach der Ausbildungsdauer und ihrer Anzahl pro Meister. Die Lehrzeit betrug in den meisten Handwerken drei Jahre, nur bei den Messe- 435 Siehe Nr. 217 Art. 3; Hollnsteiner, Lehrlings- und Gesellenwesen 37; Zatschek, Handwerk 166. Dass die Zunft keine unbedeutende Rolle in der sozial-religiösen Sicherung der Lehrlinge spielte, hebt auch Schlenkrich, Alltag 102–108, für das sächsische Handwerk vom 15. bis zum 18. Jh. hervor. 436 Siehe Nr. 143 Art. 3; Hollnsteiner, Lehrlings- und Gesellenwesen 34. 437 Siehe Nr. 345 Art. 7; Zatschek, Handwerk 172. 438 Siehe Nr. 153 Art. 1; Zatschek, Handwerk 171. 439 Siehe Nr. 314 Art. 16. 440 In der Ordnung der Tuch- und Kotzenmacher von 1530 wird die Erlegung des benötigten Geldes, um den Status eines Gesellen zu erlangen, in einer Reihe mit anderen feierlichen Versammlungen der gemein- samen Meister- und Gesellenzeche des Handwerks genannt, vgl. dazu Nr. 314 Art. 18. 441 Zu diesem sogenannten „Gesellenmachen“ vgl. für Wien Zatschek, Handwerk 172f.; für das säch- sische Handwerk der Frühen Neuzeit Schlenkrich, Alltag 119f.; allgemein auch: Wissell, Recht 3 283–290; ders., Recht 6 38–49 (hier am Beispiel der Buchbinder); Kluge, Zünfte 162f.
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Das Wiener Handwerksordnungsbuch (1364–1555)
Titel
Das Wiener Handwerksordnungsbuch
Untertitel
(1364–1555)
Autor
Markus Gneiß
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2017
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20418-3
Abmessungen
17.3 x 24.5 cm
Seiten
674
Schlagwörter
Late Medieval Vienna, Craft ordinances, Craftsmen, Late Medieval Urban Administration, Commented Edition, Wien im Spätmittelalter, Handwerksordnungen, Handwerker, Spätmittelalterliche Stadtverwaltung, Kommentierte Edition
Kategorien
Geschichte Historische Aufzeichnungen
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