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Das Wiener Handwerksordnungsbuch - (1364–1555)
Seite - 77 -
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IV.1. Lehrlinge 77 rern wurde mit sieben Jahren eine überdurchschnittlich lange Ausbildungsdauer verlangt, die Beutler legten vier Jahre als Lehrzeit fest. Da bei den Messerern die Dauer der Lehr- jahre relativ hoch war, ist es nur zu verständlich, dass sie als einziges Gewerbe in einer im HWOB überlieferten Ordnung ein Höchstalter für den Lehrantritt (14 Jahre) festsetzten. Die Anzahl der Lehrlinge bei einem Meister war in den meisten Handwerken offenbar sehr gering: In vielen Ordnungen ist lediglich von einem erlaubten Lehrling die Rede. Die Zahl der Gesellen war meist deutlich höher als die der Lehrlinge, nur bei den Handschus- tern und bei den Taschnern waren sowohl zwei Gesellen als auch zwei Lehrlinge erlaubt. Keine der im HWOB überlieferten Ordnungen spricht von einer Lehrlingszahl, die höher als zwei ist. Die Nachrichten über das alltägliche Leben der Lehrlinge, ihre Rechte und Pflichten während der Ausbildung sind hingegen relativ spärlich und man sollte sich deswegen hü- ten, zu allgemeine Schlüsse aus ihnen zu ziehen, auch wenn der Vergleich mit anderen deutschsprachigen Städten des Mittelalters ähnliche Ergebnisse hervorbringt. Als Voraus- setzung für die Aufnahme als Lehrling wurde – neben der bereits genannten Frage nach dem Höchstalter – zunächst bei den Messerern der Nachweis einer Bürgschaft ebenso verlangt wie die Zahlung eines relativ hohen Lehrgeldes. Mit dem Antritt der Lehre ver- pflichteten sich die Lehrlinge jedenfalls dazu, die vorgesehene Lehrzeit auszudienen. Es dürfte jedoch keine Seltenheit gewesen sein, dass ein Lehrling vorzeitig und unerlaubt die Lehre abbrach und seinem Meister entlief. Die Sanktionen dafür waren unterschied- lich: Zum einen mussten die Bürgen für den durch das Entlaufen angerichteten Schaden finanziell aufkommen, zum anderen wurde dem Lehrling oftmals die erneute Aufnahme der Lehre verboten. In manchen Fällen wurde dem entlaufenen Lehrling eine gewisse Frist für die Rückkehr gesetzt, ein paar Ordnungen regelten auch die Versöhnung zwi- schen dem Meister und seinem Lehrling, die in jedem Fall mit der – wohl finanziellen – Wiedergutmachung des Schadens im Zusammenhang stand. Von Lehrlingslöhnen ist nirgends im HWOB die Rede, es ist jedoch anzunehmen, dass die Lehrlinge von ihrem Meister mit Kost, Logis und sonstigen materiellen Bedürfnissen versorgt wurden. Einige Ordnungen des HWOB geben auch Einblick in das Verhältnis zwischen den Lehrlingen und den Gesellenverbänden, den Gesellenschaften. Es dürfte nicht selten vor- gekommen sein, dass die Gesellenschaften auch die Interessen der Lehrlinge vertraten bzw. diese auch in ihre Organisation aufnahmen. So wurde zum Beispiel bei den Bäckern im Jahr 1443 untersagt, einen Lehrling in die Zeche der Gesellen aufzunehmen, solange er nicht im Backhaus und an Stelle eines Gesellen arbeiten konnte. Auch sind vereinzelt Hinweise auf eine gemeinsame Zahlung von Gesellen und Lehrlingen in die Gesellen- büchse überliefert. Dass auch die Meisterzunft ein Ansprechpartner für die Anliegen des Lehrlings sein konnte, zeigt die Ordnung der Bortenwirker von 1469, laut der sich die- ser bei den Zechmeistern beschweren konnte, wenn sein Meister ihn zu streng und hart (hertt) behandelte. Auch über das Ende der Lehrzeit berichten nur wenige Ordnungen, doch lassen diese auf eine feierliche Zeremonie vor der Zechöffentlichkeit schließen, mit welcher der Lehr- ling von seinem Meister freigesprochen wurde. Um jedoch den Status eines Gesellen zu erlangen, waren offenbar weitere Initiationsriten in Gegenwart der Gesellenschaft nötig.
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Das Wiener Handwerksordnungsbuch (1364–1555)
Titel
Das Wiener Handwerksordnungsbuch
Untertitel
(1364–1555)
Autor
Markus Gneiß
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2017
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20418-3
Abmessungen
17.3 x 24.5 cm
Seiten
674
Schlagwörter
Late Medieval Vienna, Craft ordinances, Craftsmen, Late Medieval Urban Administration, Commented Edition, Wien im Spätmittelalter, Handwerksordnungen, Handwerker, Spätmittelalterliche Stadtverwaltung, Kommentierte Edition
Kategorien
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