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Das Wiener Handwerksordnungsbuch - (1364–1555)
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80 IV. Inhaltliche Aspekte diskussion gewidmet, die in der Folge in gebotener Kürze skizziert werden soll. Wichtig ist dabei hervorzuheben, dass die Studien zu den Anfängen der Gesellenschaften österrei- chisches Quellenmaterial in den meisten Fällen nur am Rande beachtet haben. IV.2.2.1. Die zünftische Abschließung und Doppelgenossenschaft bei Georg Schanz In der deutschsprachigen Forschung war Georg Schanz der Erste, der sich in gro- ßer Ausführlichkeit mit den Entstehungsfaktoren von Gesellenschaften auseinander- setzte. Für ihn nahm die Gesellenbewegung am Oberrhein ihren Anfang und breitete sich von dort über weitere deutschsprachige Gebiete aus453. Schanz identifiziert mehrere Aspekte innerhalb der Entwicklung des Zunftwesens in den deutschsprachigen Städten selbst und ebenso außerwirtschaftliche Einflüsse, welche die Entstehung von Gesellen- schaften begünstigten. Die Überbevölkerung oberrheinischer Städte im 14. Jahrhundert habe ein Überangebot an Arbeitskräften zur Folge gehabt, worauf die Meister mit einer Abschließung der Zünfte reagiert hätten. Sie hätten tendenziell den Zugang zu denselben erschwert, während gleichzeitig Meistersöhne bei der Zunftaufnahme bevorzugt worden seien454. Die Gesellen seien in der Folge aus den gemeinschaftlichen Aktivitäten der Meis- ter ausgeschlossen worden. Der politische Aufstieg der Meister habe weiters zur Folge ge- habt, dass die Unterdrückung der Gesellen immer mehr vorangeschritten sei: Die Löhne seien allgemein niedrig gehalten worden, die Arbeitsbedingungen hätten sich verschlech- tert455. Allgemein habe, so Schanz, in der mittelalterlichen Gesellschaft eine Tendenz zur Genossenschaftsbildung geherrscht. Vor allem im Bereich der religiös orientierten Gesel- lenschaft sei es für die Gesellen möglich gewesen, ihre im Laufe des 14. Jahrhunderts er- worbene „Standesehre“ und den Drang nach Repräsentation auszuleben, da die „Ehre der Arbeit“ großteils auf die Meister zurückgefallen sei und nicht auf deren Arbeiter456. Neben dieser bruderschaftlichen Gesellenschaft habe es aber auch Ausformungen von „weltli- chen Gesellenverbänden“ gegeben, die besonders durch die immer mehr den Gesellen zufallende Aufgabe der Stadtverteidigung und durch die im 15. Jahrhundert auftretende Wanderpflicht, die die Bereitstellung von sich zu sozialen Zentren entwickelnden Herber- gen nötig gemacht habe, gefördert worden seien457. Diese „Doppelgenossenschaft“458 von weltlicher und religiöser Gesellenschaft ist signi- fikant für das Erklärungsmodell von Schanz. Älter ist für ihn jedenfalls die kirchliche Bru- derschaft, die einerseits die Repräsentation bei kirchlichen Festivitäten und andererseits die Fürsorge für arme und kranke Gesellen zum Zweck gehabt habe459. Erst nach und nach sei es zur Ausbildung von weltlich orientierten Verbindungen innerhalb der Gesellen eines Handwerks gekommen. Anfangs seien die weltlichen Aufgaben noch durch die Bru- derschaften übernommen worden. Ein getrenntes Auftreten der religiösen Bruderschaften und der weltlichen Gesellenschaften schloss Schanz nicht aus, wahrscheinlicher schien ihm jedoch ein enges Nebeneinander der beiden Organisationen, wobei sie teilweise die- selben Vorstände oder gemeinsame Kassen besessen hätten. Im Laufe der Zeit habe sich 453 Schanz, Geschichte VIII. 454 Ebd. 9–16. 455 Ebd. 18–21. 456 Ebd. 23. 457 Ebd. 93–95. 458 Ebd. 21–26. 459 Ebd. 69–76.
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Das Wiener Handwerksordnungsbuch (1364–1555)
Titel
Das Wiener Handwerksordnungsbuch
Untertitel
(1364–1555)
Autor
Markus Gneiß
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2017
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20418-3
Abmessungen
17.3 x 24.5 cm
Seiten
674
Schlagwörter
Late Medieval Vienna, Craft ordinances, Craftsmen, Late Medieval Urban Administration, Commented Edition, Wien im Spätmittelalter, Handwerksordnungen, Handwerker, Spätmittelalterliche Stadtverwaltung, Kommentierte Edition
Kategorien
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