Web-Books
im Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Geschichte
Historische Aufzeichnungen
Das Wiener Handwerksordnungsbuch - (1364–1555)
Seite - 81 -
  • Benutzer
  • Version
    • Vollversion
    • Textversion
  • Sprache
    • Deutsch
    • English - Englisch

Seite - 81 - in Das Wiener Handwerksordnungsbuch - (1364–1555)

Bild der Seite - 81 -

Bild der Seite - 81 - in Das Wiener Handwerksordnungsbuch - (1364–1555)

Text der Seite - 81 -

IV.2. Gesellen und Gesellenschaften 81 jedoch die Gesellenschaft von der kirchlichen Bruderschaft getrennt. Seit der Reforma- tion sei schließlich laut Schanz die weltlich orientierte Gesellenschaft dominant gewesen, welche die letzten religiös-karitativen Aufgaben der Bruderschaften übernommen habe460. Eine jüngere Variante des Ansatzes von Schanz ist beispielsweise bei Georg Fischer aus der Mitte des 20. Jahrhunderts zu finden. Dieser widerspricht zwar nicht der zünftischen Abschließungsthese von Schanz, stellt aber anders als dieser den Familienverband in den Mittelpunkt. Dadurch, dass die Zunft sich gegenüber den Gesellen abgeschlossen habe, sei es für die vorwiegend verheirateten Gesellen zur sozialen Absicherung ihrer Familie unumgänglich gewesen, sich zu Verbänden zusammenzuschließen461. Fischers Theorie fußt allerdings auf der falschen Annahme einer großen Zahl an verheirateten Gesellen. Für das 14. Jahrhundert, die Zeit der Entstehung der ersten Gesellenschaften, war ein Geselle mit eigener Familie eher die Ausnahme denn die Regel462. IV.2.2.2. Wilfried Reininghaus’ Abkehr vom Erklärungsmodell nach Schanz Wilfried Reininghaus wandte sich in seiner 1981 im Druck erschienenen Disserta- tion gegen einige von Georg Schanz’ Thesen und darauf aufbauende Forschungen und Erklärungsansätze. Laut Reininghaus sei bereits Schanz’ Grundannahme des Arbeitskräf- teüberschusses falsch, vielmehr habe im 14. Jahrhundert in den von Schanz untersuchten Städten ein Mangel an potentiellen Handwerkern geherrscht463. Auch die von Schanz postulierte „Schließung der Zünfte“ im Laufe des 14. Jahrhunderts und die damit ver- bundenen Schwierigkeiten, zur Meisterwürde zu gelangen, lehnt Reininghaus als Grund für den Zusammenschluss der Gesellen ab, da im Zeitraum der schriftlichen Fixierung der älteren Zunftordnungen im deutschsprachigen Raum – also zwischen 1350 und 1410 – bereits erste Gesellengilden existiert hätten464. Reininghaus schlägt in seinem Erklärungsmodell mehrere Faktoren für die Entstehung von Gesellenschaften vor. Erstens scheint die Pest eine große Rolle in der „Konstituierungs- phase“ der Zusammenschlüsse von Gesellen gespielt zu haben: Erst durch diese Seuchen- wellen, die ab der Mitte des 14. Jahrhunderts einsetzten und bis um 1420 immer wieder auftraten, sei es zu einem Arbeitskräftemangel gekommen, der wiederum zu einem ange- spannten Verhältnis zwischen den Meistern und Gesellen geführt habe. Besonders in Lohn- fragen hätten sich die beiden Gruppen entzweit: Die Gesellen hätten versucht, die gute Konjunktur in den Gebieten des Mittel- und Oberrheins ab Mitte des 14. Jahrhunderts zu nützen und hätten häufig ihre Arbeit niedergelegt, um ihre Ziele zu erreichen465. Entschei- dend seien laut Reininghaus aber nicht nur allein diese konjunkturellen Entwicklungen gewesen, vielmehr hätte auch die Anzahl der Gesellen eines Handwerks oder einer Stadt eine gewisse Größe erreichen müssen. In Städten mit weniger als 2.000 Einwohnern, also Kleinstädten, seien im Spätmittelalter beispielsweise keine Gesellenschaften aufgetreten466. Ein weiterer Punkt der Unzufriedenheit habe die allgemeine tägliche und jährliche Arbeitszeit betroffen, welche die Gesellen zu reduzieren versuchten. Die teilweise erfolg- 460 Ebd. 93–101. 461 Fischer, Volk 141f. 462 Reininghaus, Gesellengilden 218, 225; Kluge, Zünfte 171f., 200. 463 Reininghaus, Gesellengilden 34–37. 464 Ebd. 29–33. 465 Ebd. 34–42. 466 Ebd. 42–46.
zurück zum  Buch Das Wiener Handwerksordnungsbuch - (1364–1555)"
Das Wiener Handwerksordnungsbuch (1364–1555)
Titel
Das Wiener Handwerksordnungsbuch
Untertitel
(1364–1555)
Autor
Markus Gneiß
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2017
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20418-3
Abmessungen
17.3 x 24.5 cm
Seiten
674
Schlagwörter
Late Medieval Vienna, Craft ordinances, Craftsmen, Late Medieval Urban Administration, Commented Edition, Wien im Spätmittelalter, Handwerksordnungen, Handwerker, Spätmittelalterliche Stadtverwaltung, Kommentierte Edition
Kategorien
Geschichte Historische Aufzeichnungen
Web-Books
Bibliothek
Datenschutz
Impressum
Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Das Wiener Handwerksordnungsbuch