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Das Wiener Handwerksordnungsbuch - (1364–1555)
Seite - 86 -
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86 IV. Inhaltliche Aspekte Die Beschwerde von Handwerksmeistern wegen des werktäglichen Umtrunks wieder- holt sich immer wieder in den im HWOB zu findenden Ordnungen der darauffolgenden Jahre. So brachten beispielsweise die Schlossermeister am 9. August 1418495, die Tischler- meister am 22. November 1418496 und die Schneider am 9. März 1419497 ähnliche Ein- wände gegen die werktägliche Arbeitsniederlegung ihrer Gesellen vor den Rat. Letztere Ordnung ist zudem aus mehreren Gründen bemerkenswert. Zum einen ist zu lesen, dass die Schneidergesellen auf die Beschwerde ihrer Meister hin vom Rat angehört worden sind, um ihren Gegenstandpunkt darzulegen. Die Schneidergesellen treten also als selbst- ständige, für sich sprechende Gruppe auf, die wahrscheinlich – hier wird die Narratio der Ordnung leider nicht konkreter – durch eine Delegation von wenigen ausgewählten Personen, also Altgesellen und/oder vielleicht sogar den Vorstehern der Gesellenschaft498, vor dem Rat vertreten wird. Zum anderen greift die Ordnung auch einen weitverbreiteten Streitpunkt zwischen Meistern und Gesellen auf: den „guten“ oder „blauen“ Montag. Die Gesellen forderten in manchen Städten bereits im ausgehenden 14. Jahrhundert, je- doch zunehmend in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts, am Montag ihre Arbeit ru- hen lassen zu dürfen. Warum gerade der Montag als freier Tag beansprucht worden ist, kann nicht eindeutig geklärt werden. Möglich wäre neben der Tatsache, dass sich viele große kirchliche Feierlichkeiten (Ostern, Pfingsten) ohnehin auf den Montag erstreckten, auch eine Vorbildwirkung der zünftischen Meister, deren Versammlungen und sonstige Feierlichkeiten häufig montags stattfanden. Die Gesellen nutzten diesen freien Tag für gewöhnlich ebenso, um sich um die karitativen und religiösen Angelegenheiten ihrer Ge- sellenschaft zu kümmern499. Die Wiener Schneidergesellenordnung von 1419 verbietet den Gesellen nun ausdrücklich, sich ohne einen erheblichen Grund am Montag oder an einem anderen Tag unter der Arbeitswoche frei zu nehmen500. In der Ordnung wird auch das Problem des Eigenverdienstes der Gesellen, des so- genannten Schoßwerkes, angesprochen. Aufgrund der Beschwerde der Schneidergesel- len, dass die Meister ihnen das Arbeiten auf eigene Rechnung untersagt hätten, was sie allerdings von alter gewonhait hieten gehabt, erlaubt ihnen der Rat den Nebenverdienst grundsätzlich, untersagt aber die Arbeit daran an gewissen Tagen, wie zum Beispiel zu Weihnachten, Ostern, am Samstag oder sonntags501. In der Schneiderordnung Herzog Al- brechts V. vom 6. Dezember 1422 wird den Gesellen allerdings das Schoßwerk ohne Aus- nahme verboten502. Der landesfürstliche Erlass greift auch nochmals den Konfliktpunkt der arbeitsfreien Zeit der Gesellen auf; erneut wird ihnen untersagt, an einem Werktag Gäste und neuankommende Handwerker zu bewirten503. Mit der Frage nach dem richtigen Verhältnis von Arbeits- und Freizeit ging auch die 495 Siehe Nr. 106. 496 Siehe Nr. 208. 497 Siehe Nr. 78. 498 Häufig lässt sich für die Vorsteher der Gesellenschaften die Bezeichnung „Vierer“ finden, da es – besonders in zahlenmäßig größeren Handwerken – durchaus üblich war, vier Personen an der Spitze der Orga- nisation zu haben. Siehe zur Binnenstruktur von Gesellenschaften: Zatschek, Handwerk 82f.; Reininghaus, Gesellengilden 200–208, und unten S. 107–109. 499 Zum „blauen Montag“ vgl. Zatschek, Handwerk 186–189; Wissell, Recht 2 415–434; Reining- haus, Gesellengilden 168–173; Opll, Zeitverständnis 38; Reith, Arbeitszeit 55–57; Kluge, Zünfte 215f. 500 Siehe Nr. 78 Art. 1. 501 Siehe Nr. 78 Art. 3. 502 Siehe Nr. 80 Art. 4. 503 Siehe Nr. 80 Art. 5.
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Das Wiener Handwerksordnungsbuch (1364–1555)
Titel
Das Wiener Handwerksordnungsbuch
Untertitel
(1364–1555)
Autor
Markus Gneiß
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2017
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20418-3
Abmessungen
17.3 x 24.5 cm
Seiten
674
Schlagwörter
Late Medieval Vienna, Craft ordinances, Craftsmen, Late Medieval Urban Administration, Commented Edition, Wien im Spätmittelalter, Handwerksordnungen, Handwerker, Spätmittelalterliche Stadtverwaltung, Kommentierte Edition
Kategorien
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