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Das Wiener Handwerksordnungsbuch - (1364–1555)
Seite - 87 -
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IV.2. Gesellen und Gesellenschaften 87 scheinbare Unkontrollierbarkeit der Gesellenschaften einher, die sich „heimlich“ – also nicht von den Meistern autorisiert – trafen. Wie bereits erwähnt, fanden solche Zusam- menkünfte ja oftmals an den arbeitsfreien Tagen statt. Mitunter sah der Stadtrat wahr- scheinlich auf Betreiben der Handwerksmeister keine andere Lösungsmöglichkeit, die Gesellen zu disziplinieren, als sie gefangen zu nehmen. Zum ersten Mal wird für das Jahr 1418 gemeldet, dass zahlreiche – im Text sogar na- mentlich genannte – Weißgerbergesellen auf Bitte ihrer Meister aus der Gefangenschaft entlassen wurden. Ein genauer Grund für die Gefangennahme wird nicht genannt, die Meister müssen jedenfalls bei der Entlassung ihrer Gesellen vor dem Bürgermeister und Rat den Eid ablegen, das dieselben knecht bey der stat hie mit irm leib und gùt bleiben sollen und das sy in die an waygrung und an vertziehen all miteinander hinwider antwurten und stellen an gevèr504. Aus dem Jahre 1433 sind gleich zwei Belege über Arrestierungen von Gesellen überliefert. Am 30. Juli 1433 werden die Vierer der Messerergesellenschaft aus der Gefangenschaft im Ratsturm entlassen und für die Dauer eines Jahres der Stadt ver- wiesen505. Dieselbe Strafe erhalten auch die Vierer der Kürschnergesellenschaft am 8. Au- gust 1433506. In beiden Fällen werden die Gesellen desselben Vergehens beschuldigt: Die vier bestraften Personen werden als vierer und zechmaister der betreffenden Gesellenschaft dafür zur Verantwortung gezogen, dass sich die Gesellen unerlaubterweise versammelt und sich offenbar bei dieser Gelegenheit über neue Regelungen ihre Arbeit betreffend abgesprochen hätten507. Wie an den obigen Beispielen gut zu sehen ist, spitzten sich die Auseinandersetzun- gen und Diskussionspunkte zwischen Handwerksmeistern und -gesellen offenbar in den 1430er Jahren in einem derartigen Ausmaß zu, dass der Stadtrat rigorose Schritte gegen die Gesellenschaften setzen musste. Am 22. Jänner 1439 wurde schließlich mit dem Erlass einer für alle Handwerksgesellen gültigen Ordnung versucht, die Probleme in den Griff zu bekommen508. Breiten Raum nimmt in diesem Text erwartungsgemäß die Frage nach der Freizeit der Gesellen im Generellen und nach dem richtigen Ablauf des Umtrunks bzw. der Umschau ein. Der Rat bestimmt, dass der Begrüßungsumtrunk für einen neu zugewanderten Gesellen keinesfalls an einem Werk-, sondern nur an einem Feiertag statt- finden dürfe. Selbiges legt er auch für die Verabschiedung des Gesellen fest, da auch zu diesem Anlass ein geselliges Treffen üblich war. Abermals wird festgehalten, dass lediglich zwei Gesellen dem Neuankömmling werktags bei der Arbeitssuche helfen sollten509. Der Rat regelt in diesem Zusammenhang sogar konkret, dass ein Geselle beim Schenken an 504 Siehe Nr. 176, und unten S. 119. Vgl. zu einem schon etwas weiter zurückreichenden Konflikt zwischen den Meistern und Gesellen auch WStLA, H. A.-Akten 23/15. Jh. Dieser Akt enthält zwei Beschlüsse einer Versammlung der Weißgerbermeister und -gesellen aus dem Jahre 1416, in der diese sich auf verschiedene Artikel einigten. Unter anderem werden Fragen nach der Anstellung von Lehrlingen und Verfehlungen von Meistern und Gesellen geklärt, die zu einer Weigerung, für diesen Meister zu arbeiten bzw. den betreffenden Gesellen anzustellen, führen können. Die Beschlüsse wurden sowohl für die Gesellen (der geselln briff) als auch für die Meister (der maister briff) niedergeschrieben. 505 Siehe Nr. 100. 506 Siehe Nr. 159. 507 So heißt es zum Beispiel wörtlich in dem Ratsentscheid über die Kürschnergesellen: darumb das sy der kùrsnerknecht vierer und zechmaister gewesen sein und alweg uber XIIII tag samung gehabt und wider der stat ordnung new aufsetz gemachtt und aneinander gepessert habent, daraus der stat merklich schad mohtt entsprungen sein (Edition Nr. 159). Vgl. dazu auch Zatschek, Handwerk 174; Just, Vorgehen 14. 508 Siehe Nr. 244. 509 Siehe Nr. 244 Art. 1; Zatschek, Handwerk 179.
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Das Wiener Handwerksordnungsbuch (1364–1555)
Titel
Das Wiener Handwerksordnungsbuch
Untertitel
(1364–1555)
Autor
Markus Gneiß
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2017
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20418-3
Abmessungen
17.3 x 24.5 cm
Seiten
674
Schlagwörter
Late Medieval Vienna, Craft ordinances, Craftsmen, Late Medieval Urban Administration, Commented Edition, Wien im Spätmittelalter, Handwerksordnungen, Handwerker, Spätmittelalterliche Stadtverwaltung, Kommentierte Edition
Kategorien
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