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Das Wiener Handwerksordnungsbuch - (1364–1555)
Seite - 89 -
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IV.2. Gesellen und Gesellenschaften 89 wahrgenommen518, spielten also einen nicht zu unterschätzenden Faktor im öffentlichen Leben. Ob konjunkturelle Faktoren bei der Bildung der Gesellenschaften eine Rolle spielten, kann mangels aussagekräftiger Quellen nicht festgestellt werden. Die Pest wütete in Wien mehrere Male im 14. Jahrhundert und – im hier betreffenden Zusammenhang interessant – auch 1410/11519. Zwar ist ein vermehrtes Auftreten von Streitigkeiten zwischen den Meistern und ihren Gesellen ab den 1410er Jahren auffällig, ein ursächlicher Zusammen- hang mit dem Auftreten der Pest kann jedoch kaum seriös unterstellt werden, obwohl der Bevölkerungsverlust doch bemerkbar gewesen sein muss. Die Zusammenschlüsse von Gesellen dienten also zunächst vermehrt vor allem zum Zweck der Vertretung der Rechte gegenüber dem Meister. Arbeitsrechtliche Fragen zur Freizeit, zum Lohn und zum Versammlungswesen der Gesellen spielten dabei eine zent- rale Rolle. Wien weist – obwohl an Bevölkerungszahl und an wirtschaftlichem bzw. ge- werblichem Leben mit den oberrheinischen Städten vergleichbar520 – eine etwas später einsetzende Entwicklung der Gesellenschaften auf. Konflikte, die dort bereits fast ein hal- bes Jahrhundert früher zwischen den Meistern und ihren Gesellen ausgefochten wurden, treten in Wien, soweit aus dem überlieferten Quellenmaterial zu erkennen ist, später auf. Von den Forderungen der Betroffenen her kann die Etablierungsphase des Wiener Gesel- lenwesens jedoch in jedem Fall mit den von Schanz, Reininghaus und Schulz festgestell- ten oberrheinischen und oberdeutschen Entwicklungen verglichen werden. IV.2.3. Bezeichnungen für Gesellen Wie bereits oben erwähnt521, wurden die Bediensteten eines Meisters nach Ablauf der Lehrzeit ursprünglich meist als knechte bezeichnet, wobei im 14. Jahrhundert großteils Fremdbezeichnungen für diese Handwerkerschicht vorliegen und sich damit die Frage nach Selbstbezeichnungen der Gesellen für diese Zeit in der Regel erübrigt. Von der For- schung wird die allmähliche Zunahme des Gebrauchs des Wortes geselle mit einem stei- genden Selbstbewusstsein und einem zunehmenden Standesbewusstsein der Gesellen in Verbindung gebracht; auch das korporative Element der lateinischen Entsprechung (so- cius) ist dabei zu berücksichtigen522. Dennoch gibt es schon für die Wende vom 14. zum 15. Jahrhundert vereinzelt Nachweise dafür, dass sowohl die Gesellen selbst – in der ein- fachen Bedeutung als „Mitgenosse“ – als auch die städtische Obrigkeit die schwankende Benutzung von knecht und geselle kannten523. Im 15. Jahrhundert nahm die Verwendung 518 Einen Hinweis auf die in der ersten Hälfte des 15. Jhs. zunehmende Unterscheidung zwischen Handwerksmeistern und -gesellen gibt beispielsweise auch die Urkunde WStLA, H. A.-Urk. Nr. 3000 (1444 Juli 13, St. Pölten). In einer die St. Pöltener Zaumstricker- und Riemerlehrlinge betreffenden Zuschrift des Amtmannes, Richters und Rates von St. Pölten an den Bürgermeister, Richter und Rat von Wien werden die maister und gesellen der Wiener Zaumstricker und Riemer explizit angesprochen, die Meinung zu den neuen Bestimmungen über die Lehrlinge wird jedoch nur von den Meistern eingeholt; vgl. QGW II/2 Nr. 3000. 519 Schmölzer, Pest 60–64; Niederstätter, Herrschaft 14–19. Allein unter den Studenten soll es da- mals über 1.000 Tote gegeben haben, auch die Witwe Albrechts IV., Herzogin Johanna, war unter den Opfern. 520 Siehe oben S. 17–19 und 31. 521 Siehe S. 70. 522 Reininghaus, Gesellengilden 69. 523 Ebd. 69. Beispielsweise bezeichnete sich die Überlinger Schneidergesellenschaft bereits im Jahre 1395 selbst als gesellschaft. In Wimpfen sprach die städtische Obrigkeit 1406 von gesellen und knechten.
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Das Wiener Handwerksordnungsbuch (1364–1555)
Titel
Das Wiener Handwerksordnungsbuch
Untertitel
(1364–1555)
Autor
Markus Gneiß
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2017
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20418-3
Abmessungen
17.3 x 24.5 cm
Seiten
674
Schlagwörter
Late Medieval Vienna, Craft ordinances, Craftsmen, Late Medieval Urban Administration, Commented Edition, Wien im Spätmittelalter, Handwerksordnungen, Handwerker, Spätmittelalterliche Stadtverwaltung, Kommentierte Edition
Kategorien
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