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Das Wiener Handwerksordnungsbuch - (1364–1555)
Seite - 103 -
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IV.2. Gesellen und Gesellenschaften 103 IV.2.4.3. Abreden der Gesellen Ein offenbar umfangreiches Problem stellte der Wettbewerb um die Gesellen einer Stadt dar, der sich in dem in den meisten Handwerken unerwünschten Abreden der Ar- beitskräfte einerseits durch die Meister, aber andererseits auch durch die Gesellen selbst widerspiegelt. Bei den Schustern wird bereits 1422 verboten, einem Meister einen schon gedingten Gesellen abzureden bzw. vorzuenthalten660. Den Gesellen der Kürschner wird ebenso wie ihren Meistern das emphròmbden eines Bediensteten einer Werkstatt unter- sagt661. Auch bei den Hutmachern steht 1453662 das Abwerben eines Gesellen von einem anderen Meister unter strengstem Verbot; die gleiche Bestimmung gilt in der Müller- ordnung von 1488663. Die Beutler strafen 1530 das Abreden eines Gesellen durch einen Meister mit zehn Pfund Pfennigen664. Das wohl verbreitetste Mittel, um einen Gesellen von einem anderen Meister abzu- werben oder einen Gesellen länger in der eigenen Werkstatt zu halten als ursprünglich ausgemacht, dürfte – neben dem Versprechen eines höheren Lohnes665 – die Gewährung eines Darlehens gewesen sein, das die Bediensteten abarbeiten mussten666. Schon 1421 wird bei den Badern die Höhe der Geldleihe auf 60 Pfennige, also etwa einem dreifa- chen Wochenlohn667 entsprechend, begrenzt668. In einer ebenso in das erste Viertel des 15. Jahrhunderts zu datierenden Ordnung der Barchentweber findet sich die Angabe von 32 Wiener Pfennigen, die ein Meister maximal an einen Gesellen verleihen dürfe669. In der Ordnung der Zimmerleute von 1435 wird das Abreden von Gesellen anderer Meis- ter verboten und das Darlehen als Mittel dieser Abwerbung explizit erwähnt670. Bei den Messerern wird 1439 das Leihen von mehr als sechs Schilling Pfennigen verboten und gleichzeitig auch untersagt, Gewand von den Gesellen anzunehmen671. Letzteren Punkt interpretiert Pauline Hollnsteiner als Beleg dafür, dass es mitunter üblich war, dem Meis- ter Kleidung als Pfand für das aufgenommene Darlehen zu geben672. 1442 legt der Rat für die Hutmacher fest, dass deren Meister nicht mehr als ein Pfund Pfennige an Gesellen leihen dürfen, und zwar damit ain maister dem andern sein dinstgesellen mit grossem anlehen 660 Siehe Nr. 83 Art. 7; Hollnsteiner, Lehrlings- und Gesellenwesen 63. 661 Siehe Nr. 252 Art. 12; Hollnsteiner, Lehrlings- und Gesellenwesen 62. 662 Siehe Nr. 271 Art. 7. 663 Siehe Nr. 190 Art. 7. 664 Siehe Nr. 143 Art. 2; Hollnsteiner, Lehrlings- und Gesellenwesen 61. 665 Siehe oben S. 94. 666 Hollnsteiner, Lehrlings- und Gesellenwesen 61, bezeichnet das Darlehen sogar als das „belieb- teste Mittel“ für das Abreden eines Gesellen. Siehe auch Zatschek, Handwerk 196, der bereits 1367 aus der außerhalb des HWOB überlieferten Ordnung der Goldschmiede ein damals übliches Darlehenswesen schließt, da einem Gesellen verboten wird, bei einem anderen Meister zu arbeiten, solange er einem anderen Arbeitgeber noch etwas schuldig ist, siehe auch ders., Ordnung der Wiener Goldschmiedezeche 323. 667 Zatschek, Handwerk 197. 668 Siehe Nr. 209 Art. 5. Die Strafe für eine Übertretung dieser Begrenzung war umfangreich: Der Meister musste der Stadt ein Pfund Wiener Pfennige, dem Stadtrichter einen Gulden und der Zeche der Bader fünf Pfund Wachs geben. 669 Siehe Nr. 65 Art. 7. 670 Siehe Nr. 237 Art. 2; Hollnsteiner, Lehrlings- und Gesellenwesen 63. 671 Siehe Nr. 104 Art. 7. 672 Hollnsteiner, Lehrlings- und Gesellenwesen 62; Zatschek, Handwerk 197. Bei den Hafnerge- sellen findet sich im Jahr 1489 ebenso ein Beispiel für die Annahme von Kleidung als Pfand für das Darlehen, siehe Nr. 309 Art. 5.
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Das Wiener Handwerksordnungsbuch (1364–1555)
Titel
Das Wiener Handwerksordnungsbuch
Untertitel
(1364–1555)
Autor
Markus Gneiß
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2017
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20418-3
Abmessungen
17.3 x 24.5 cm
Seiten
674
Schlagwörter
Late Medieval Vienna, Craft ordinances, Craftsmen, Late Medieval Urban Administration, Commented Edition, Wien im Spätmittelalter, Handwerksordnungen, Handwerker, Spätmittelalterliche Stadtverwaltung, Kommentierte Edition
Kategorien
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