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Das Wiener Handwerksordnungsbuch - (1364–1555)
Seite - 106 -
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106 IV. Inhaltliche Aspekte IV.2.5. Die bruderschaftlich-religiösen Bestimmungen IV.2.5.1. Die Gesellenversammlung Die religiösen und karitativen Aspekte, die in den Ordnungen des HWOB zu finden sind, können eng mit der Etablierung von Gesellenschaften in Wien in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts verknüpft werden678. Erst mit der ältesten Ordnung dieses Typs – der 1442 erlassenen Schneidergesellenordnung – tauchen in den im HWOB enthaltenen Texten Bestimmungen auf, die das Zechleben innerhalb der Gesellenschaft regeln679. Ge- sellenschaften gab es in Wien wohl schon länger, die Ausformulierung von eigenständi- gen Ordnungen für diese Organisationen erfolgte aber erst nach Erlass der allgemeinen Gesellenordnung von 1439. Die Statuten konzentrieren sich auf das religiöse und soziale Zusammenleben der Gesellen, die durch den Verband gleichgestellter Kollegen einen ge- wissen Rückhalt gegenüber den Meistern erfuhren680. Die von den Meistern autonome Versammlung der Gesellen ist in jedem Fall einer der Grundpfeiler für die Etablierung von Gesellenschaften681. Schon weiter oben wurde erwähnt, dass die Meister die Versammlungsfreiheit der Gesellen weitgehend einzuschränken versuchten682. Neben den schon genannten diesbe- züglichen Verboten ist beispielsweise bei den Tuchscherern im Jahre 1429 grundsätzlich eine Gesellenversammlung erlaubt, jedoch dürfen auf dieser keine dem Handwerk Scha- den zufügende Bestimmungen getroffen werden, wie im Artikel hervorgehoben wird683. Ähnlich lautet eine Beschwerde der Bäckermeister, die sie 1443 vor den Rat bringen: Ihre Gesellen würden unerlaubt Versammlungen abhalten und dort dem Handwerk schädli- che Bestimmungen treffen, wie etwa Entscheidungen darüber, ob ein Geselle in der Stadt arbeiten dürfe oder nicht684. Der Rat bestimmt weiters auch für die Gesellen der Kürsch- ner (1445)685 und Hutmacher (1453)686 ein strenges Verbot, sich untereinander bezüglich der Erneuerungen ihrer Statuten abzusprechen. Eine ähnliche Bestimmung findet sich bei 678 Siehe oben S. 84–89. 679 Siehe Nr. 82. Außerhalb des HWOB können bruderschaftlich-karitative Aspekte bereits beispiels- weise in der Schneiderordnung von 1340 oder der Ordnung der Goldschmiede von 1367 nachgewiesen wer- den. Hier bildeten die Gesellen allerdings noch keine selbstständige Organisation. Siehe oben S. 24 und 27–29. 680 Vgl. dazu auch unter anderem Zatschek, Handwerk 202. 681 Hollnsteiner, Lehrlings- und Gesellenwesen 88f. Vgl. zu Versammlungen von Gesellenorganisa- tionen auch Reininghaus, Gesellengilden 188–200, der vor allem – basierend auf Quellen des 17. und 18. Jhs. – den rituellen Charakter dieser Veranstaltungen mit bestimmten Tischordnungen und Bräuchen hervorhebt. Einen konzisen Überblick zur Funktion von Gesellentrinkstuben bzw. -herbergen gibt Schulz, Gesellentrink- stuben passim. Zur Bedeutung der Trinkstuben und Bruderschaften allgemein siehe unter anderem Fouquet, Trinkstuben passim; Gloor, Politisches Handeln 161–163, 243f. Von Heusinger, Antwerk 48–52, hebt am Straßburger Beispiel hervor, dass Trinkstuben vor allem für politische Zünfte konstitutiv waren; siehe dazu auch dies., Zunft 90–102. 682 Siehe oben bes. S. 86f. 683 Siehe Nr. 225 Art. 8; Hollnsteiner, Lehrlings- und Gesellenwesen 87. 684 Siehe Nr. 255 Art. 1 und 11; vgl. dazu Hollnsteiner, Lehrlings- und Gesellenwesen 87. Die Meister fordern in Art. 11 die Anwesenheit ihres Vertreters bei diesen Versammlungen, was von den Gesellen mit dem Verweis, dass dies noch nie der Fall gewesen sei, zurückgewiesen wird. Daraufhin bieten die Meister den Ratsherren an, jederzeit zu den Zusammenkünften kommen zu können, eine eindeutige Entscheidung des Rats bezüglich der Anwesenheit der Meister fehlt hingegen. 685 Siehe Nr. 252 Art. 14. 686 Siehe Nr. 271 Art. 5.
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Das Wiener Handwerksordnungsbuch (1364–1555)
Titel
Das Wiener Handwerksordnungsbuch
Untertitel
(1364–1555)
Autor
Markus Gneiß
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2017
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20418-3
Abmessungen
17.3 x 24.5 cm
Seiten
674
Schlagwörter
Late Medieval Vienna, Craft ordinances, Craftsmen, Late Medieval Urban Administration, Commented Edition, Wien im Spätmittelalter, Handwerksordnungen, Handwerker, Spätmittelalterliche Stadtverwaltung, Kommentierte Edition
Kategorien
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