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Das Wiener Handwerksordnungsbuch - (1364–1555)
Seite - 115 -
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IV.2. Gesellen und Gesellenschaften 115 schaftlich orientierten Statut tauchen diesbezügliche Verfügungen auf – beginnend bei der Ordnung der Schneidergesellen aus dem Jahre 1442 bis weit in das 16. Jahrhundert. Die Eigenständigkeit der Gesellenschaften gegenüber der Meisterzeche kann in unter- schiedlicher Intensität wahrgenommen werden. Zum einen forderten die Meister des Öf- teren, bei Versammlungen ihrer Gesellen anwesend sein zu können, zum anderen wollten sie diese sogar komplett verbieten lassen. Das wichtigste Element der Organisation der Gesellen war allerdings die Büchse, eine zentrale Kassa, in die die in Wien anwesenden Mitglieder der Gesellenschaft regelmäßig einzahlten. Erst durch diese Mitgliedsbeiträge und Strafzahlungen konnten die unter- schiedlichen Aktivitäten der Gesellenschaft finanziert werden. Es verwundert deswegen nicht, dass in den meisten Ordnungen ein Einschreiben in die Gesellenschaft gefordert wird. Auch in diesem finanziellen Bereich standen die Gesellen großteils unter der Kon- trolle der Meister, wie beispielsweise die Ordnungen der Schneider-, Kürschner- und Schustergesellen zeigen, in denen jeweils verordnet wird, dass neben den vier Büchsen- gesellen zwei Meister bei der Büchse sitzen sollten. Teilweise waren die Gesellen auch in einer gemeinsamen Organisation mit den Meistern, wie unter anderem bei den Tuch- und Kotzenmachern ersichtlich ist. Eine enge Bindung zwischen Meistern und Gesellen kann auch bei den Tischlern nachgewiesen werden, wobei hier ebenso die Integration der Zeche in die Wiener Fronleichnamsbruderschaft zu St. Stephan mitbedacht werden muss. Die Vorsteher der Gesellenschaften hatten unterschiedliche Aufgabenbereiche, ihre Bezeichnungen variieren in den Wiener Ordnungen zwischen altgesellen, puchsengesellen oder vorgeern bzw. wirten, wobei der letztgenannte Begriff nur selten für diese Funktion vorkommt und wohl meist auf den Herbergsvater bezogen wurde. Ihnen oblagen die Ver- waltung der Büchse, die Organisation von Begräbnissen sowie von heiligen Messen und wohl auch die Vergabe von Darlehen im Zuge der Krankenunterstützung. Die Vorsteher wurden in der Regel von den Gesellen selbst gewählt, in manchen Ordnungen ist das Wahlverfahren detaillierter überliefert. Die soziale Absicherung durch die Gesellenschaften war vor allem deswegen notwen- dig, da die Gesellen meist weit von ihrer Heimatstadt entfernt lebten und der in die- sem Zusammenhang oft entscheidende familiäre Verband fehlte. Wollte oder konnte ein Meister, in dessen Haushalt der Geselle lebte, diesen im Krankheitsfall nicht versorgen, sprangen die Gesellenschaften in den meisten Fällen mit der Vergabe eines Darlehens ein, das jedoch nach vollständiger Genesung wieder zurückgezahlt werden musste; dem betroffenen Gesellen konnte somit rasch finanzielle Unterstützung zukommen. Ob die Rückzahlungen wie gefordert funktionierten, kann aufgrund mangelhafter Quellenlage für den Untersuchungszeitraum nicht gesagt werden. Die Gesellenschaften sicherten ihren Mitgliedern auch ein Begräbnis zu. Die diesbezüglichen Bestimmungen sprechen regelmäßig davon, dass der Nachlass des Verstorbenen zur Finanzierung der Bestattungs- feierlichkeiten herangezogen wurde. Bei armen Mitgliedern ist von einer Finanzierung der Bestattung aus der Gesellenbüchse die Rede. Die Gesellenschaften berührten auch die religiöse Komponente im Leben ihrer Mit- glieder. Sie organisierten Messen und sorgten für die Memoria ihrer verstorbenen Kolle- gen. Die Organisationen verehrten oftmals spezifische Heilige, zu deren Ehren die Messen gelesen wurden. Häufig wird in diesem Zusammenhang in den Ordnungen des HWOB die heilige Maria genannt, manche Gewerbe hatten allerdings auch ihre eigenen Hand- werks-Patrone, wie beispielsweise die Hufschmiede den heiligen Eligius. Bei den Tisch- lern stand indes die Verehrung des Corpus Christi im Mittelpunkt. Fronleichnam galt
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Das Wiener Handwerksordnungsbuch (1364–1555)
Titel
Das Wiener Handwerksordnungsbuch
Untertitel
(1364–1555)
Autor
Markus Gneiß
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2017
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20418-3
Abmessungen
17.3 x 24.5 cm
Seiten
674
Schlagwörter
Late Medieval Vienna, Craft ordinances, Craftsmen, Late Medieval Urban Administration, Commented Edition, Wien im Spätmittelalter, Handwerksordnungen, Handwerker, Spätmittelalterliche Stadtverwaltung, Kommentierte Edition
Kategorien
Geschichte Historische Aufzeichnungen
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