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Das Wiener Handwerksordnungsbuch - (1364–1555)
Seite - 134 -
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134 IV. Inhaltliche Aspekte Den Grund für diesen Mangel an auf die religiös-bruderschaftliche Organisation der Meisterzechen bezugnehmenden Ordnungen im HWOB nennt beispielsweise die Ordnung der Kartenmacher von 1525 in ihrer Narratio: Die Kartenmacher sind zwar Mitglied der Wiener St. Lukas-Zeche888, doch in der Ordnung dieser Zeche wurden an- scheinend keine Regelungen bezüglich der wirtschaftlichen Aspekte des Handwerks ge- troffen, weswegen sie sich nun an den Rat der Stadt Wien wenden, um eine Ordnung ihres Handels und Handwerks (ires hanndls und hantwerchs) zu erbitten889. Die St. Lukas-Zeche besaß also ihre eigene Ordnung, die jedoch anscheinend vorwiegend auf religiös-bruderschaftliche Belange einging oder zumindest keine arbeitsbezogenen bzw. wirtschaftlichen Bestimmungen für die Kartenmacher enthielt. Es ist wohl davon aus- zugehen, dass die St. Lukas-Zeche kein Einzelfall war. Die Meisterzechen sahen offenbar weniger Anlass, ihre bruderschaftlichen Ordnungen in das HWOB eintragen zu lassen als die Verbände der Gesellen, die Gesellenschaften890. Ein Grund könnte darin liegen, dass die Meister als Bürger in vielen Fällen sowieso in größeren bruderschaftlichen Verbänden organisiert waren891 bzw. die Meisterzechen aufgrund des Bürgerstatus ihrer Mitglieder eine bessere rechtliche Absicherung hatten als die außerhalb der Bürgergemeinde stehen- den Gesellen. Für diese war es hingegen wohl attraktiver, das HWOB als zusätzliches rechtssicherndes Element zu wählen, vor allem auch, da das Verhältnis zwischen Meistern und Gesellen besonders in Hinblick auf die eigenständige Organisation derselben nicht immer konfliktfrei war892. Von den Meistern wurde das HWOB in den meisten Fällen jedoch offenbar als primäres Medium für die schriftliche Fixierung von arbeitsbezogenen, wirtschaftlichen Bestimmungen angesehen. Zu fragen ist auch, inwieweit sich der Rat auf Anbringen der Meister überhaupt für bruderschaftlich-religiös orientierte Ordnungen interessiert hätte893. 888 Zu dieser siehe oben S. 112 Anm. 728. 889 Siehe Nr. 348 Narratio: Nachdem die karttenmacher in sand Lucas bruderschafft und ders(elbe)n zèchen sein, aber doch in derselben bruderschafft oder zèch nicht begriffen oder ordnung gemacht, wie sich die kart- tenmaler halten und iren hanndl treiben sollen, haben unns demnach die bemelten karttenmacher inen ires hanndls und hantwerchs ain ordnung aufzerichten und furzenemen angerufft und gebeten. 890 Zu diesen siehe ausführlich oben S. 107–122; vgl. zur Frage der Initiative zur Eintragung in das HWOB oben S. 54. 891 Beispiele dafür sind die St. Lienhart-Zeche (siehe unten Nr. 105 Anm. 2) oder die St. Oswald- Bruderschaft, von der jedoch die Bruderschaftsordnung im HWOB überliefert ist (Nr. 335) Die Zeche der Tischler wurde Ende des 15. Jhs. in die Fronleichnamsbruderschaft zu St. Stephan integriert, siehe dazu oben S. 114, und unten S. 147. 892 Zu den Konflikten zwischen Meistern und Gesellen siehe oben S. 84–89. 893 Man beachte beispielsweise die dispositiven Verben in der Ordnung der Hühnereirer (Nr. 335). Während Bürgermeister und Rat den wirtschaftlich orientierten Teil der Ordnung geben und bestetten, bestetten und confirmiren sie die religiös-bruderschaftliche Ordnung der St. Oswald-Bruderschaft lediglich und lassen eine Abschrift davon in das Stadtbuch eintragen. Um eine allgemeine Aussage zu treffen, sind die diesbezügli- chen Überlieferungen im HWOB jedoch einfach zu spärlich. Zu beachten ist z. B. auch das im WStLA erhaltene Zechbuch der Leinwater, in dem eine 1473 erlassene Ordnung mit bruderschaftlich-religiösem Schwerpunkt – aber auch wirtschaftlichen Bestimmungen – überliefert ist, die augenscheinlich von der Zeche autonom erlassen wurde; der Rat wird in Bezug auf die Ausstellung der Ordnung mit keinem Wort erwähnt, auch findet sich der Text nicht im HWOB, vgl. ZBLW fol. 3v–7v. Dass der Stadtrat in bruderschaftliche Strukturen eingriff, kann ohne größere Schwierigkeiten nachgewiesen werden, vgl. dazu Isenmann, Stadt 608, 812f. Während in den im HWOB enthaltenen Ordnungen des Stadtrats wenig über die religiös-bruderschaftliche Seite der Meisterzechen zu erfahren ist, so finden sich doch regelmäßig Bestimmungen zur Wahl der Zech- und Beschaumeister, die vom Rat bestätigt werden mussten, siehe dazu unten S. 137. Diese Kontrollfunktion umfasste anscheinend auch die Ausgaben und Einnahmen der Zechen/Bruderschaften: Die Aufgabe des Rats als Kontrollorgan in Bezug auf die
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Das Wiener Handwerksordnungsbuch (1364–1555)
Titel
Das Wiener Handwerksordnungsbuch
Untertitel
(1364–1555)
Autor
Markus Gneiß
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2017
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20418-3
Abmessungen
17.3 x 24.5 cm
Seiten
674
Schlagwörter
Late Medieval Vienna, Craft ordinances, Craftsmen, Late Medieval Urban Administration, Commented Edition, Wien im Spätmittelalter, Handwerksordnungen, Handwerker, Spätmittelalterliche Stadtverwaltung, Kommentierte Edition
Kategorien
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