Seite - 144 - in Das Wiener Handwerksordnungsbuch - (1364–1555)
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144 IV. Inhaltliche Aspekte
Der Losentscheid wurde bereits bei den Leinwatern als probates Mittel angesprochen,
um eine Aufteilung der verfügbaren Verkaufsplätze unter den Meistern zu erreichen. Das
Losen um die Verkaufsstände findet sich in mehreren Ordnungen. Den Hafnern wird
im Jahr 1476 der Verkaufsplatz beim Salzturm neben der Ringmauer zugewiesen, wobei
um die einzelnen Plätze gelost werden muss. Ebenso gelost wird die Verteilung der Ver-
kaufsstände bei den fremden Hafnern, die am Peter- und Paultag, also am 29. Juni, ihre
Produkte verkaufen. Der Losentscheid soll am Vorabend stattfinden1017. Auch bei den
Fischern ist der – hier alle Quatember stattfindende – Losentscheid auf den Fischmärkten
Am Hof und am Hohen Markt üblich, wobei diejenigen Fischer, die Traunfische ver-
kaufen, vom vierteljährlichen Wechsel der Verkaufsplätze ausgenommen werden1018. Die
Krämer werden durch einen späteren Nachtrag zur Ordnung von 1463 dazu verpflich-
tet, bei den beiden vierwöchigen Jahrmärkten zu Christi Himmelfahrt und zum Kathari-
nentag (25. November) um die Stände zu losen und sich nicht unter die fremden Krämer
zu mischen1019. Bei den Leinwatern findet sich in der Ordnung von 1516 – zusätzlich
zum Verkauf im Leinwandhaus – eine ähnliche Bestimmung für das Los in Bezug auf die
Verkaufsstätten zu den beiden Jahrmärkten auf dem Platz Am Hof1020. Ebenfalls 1516
wird bei den Lebzeltern festgelegt, dass kein Meister an Kirchtagen, Jahr- und anderen
Märkten mehr als zwei Stände haben darf und dass um diese Verkaufsplätze gelost werden
soll1021. 1517 bestätigen Bürgermeister und Rat einen bereits im Jahre 1465 erlassenen
Artikel, in dem bestimmt wird, dass auch die Stände der Gürtler durch Losentscheid auf-
geteilt werden sollen; bei Nichteinhaltung der Entscheidung droht eine Strafe von zehn
Pfund Wachs1022.
Zusätzlich zu diesen eher allgemeinen Bestimmungen enthalten manche Ordnungen
auch detaillierte Regelungen, welche Ware an welchen Ecken eines Marktes verkauft wer-
den darf. Das sicher eindrucksvollste Beispiel bietet hier die vor 1430 erlassene Ordnung
vom Fischverkauf (vischrùffen), der jährlich zwei Wochen vor dem Aschermittwoch statt-
fand1023. Auf alle Artikel im Detail einzugehen würde an dieser Stelle zu weit führen, doch
ist vor allem der feine Unterschied erkennbar, der zwischen der besten Ware – den Hau-
sen – und anderen Fischen (schubvischen, Schuppenfischen) gemacht wurde: Während
erstere anscheinend in zentraler Lage des Fischmarktes am Hohen Markt verkauft wer-
den dürfen, müssen letztere an dessen Rand angeboten werden1024. Fremde Fischer (geste)
dürfen überhaupt nur außerhalb des Fischmarktes ihre Schuppenfische oder gesalzenen
Fische anbieten1025. Der Verkauf von Heringen ist hingegen nur am Lichtensteg (der heu-
tigen Kramergasse), der von Seefischen nur am Platz Am Hof erlaubt1026.
1017 Siehe Nr. 138 Art. 1, 2; Uhlirz, Gewerbe 647; von Walcher-Molthein, Beiträge 562; Perger,
Hafner 13.
1018 Siehe Nr. 224 Art. 1; 331 Art. 22; 341 Art. 9.
1019 Siehe Nr. 293 Anm. a.
1020 Siehe Nr. 333 Art. 11.
1021 Siehe Nr. 336 Art. 3; Zatschek, Handwerk 107. Der Losentscheid bei den Lebzeltern wird bereits
im Jahr 1445 angesprochen, siehe Nr. 251 Art. 4.
1022 Siehe Nr. 338; Uhlirz, Gewerbe 685.
1023 Siehe Nr. 222.
1024 Siehe Nr. 222 Art. 1, 2. Als Orientierung dient das Haus von Peter Angerfelder; Schuppenfische
dürfen nur oberhalb dieses Hauses bis zum aus dem Fischmarkt führenden Tor verkauft werden.
1025 Siehe Nr. 222 Art. 2.
1026 Siehe Nr. 222 Art. 5, 8; Stolz, Nahrungs- und Genußmittelpolitik 16.
Das Wiener Handwerksordnungsbuch
(1364–1555)
- Titel
- Das Wiener Handwerksordnungsbuch
- Untertitel
- (1364–1555)
- Autor
- Markus Gneiß
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20418-3
- Abmessungen
- 17.3 x 24.5 cm
- Seiten
- 674
- Schlagwörter
- Late Medieval Vienna, Craft ordinances, Craftsmen, Late Medieval Urban Administration, Commented Edition, Wien im Spätmittelalter, Handwerksordnungen, Handwerker, Spätmittelalterliche Stadtverwaltung, Kommentierte Edition
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen