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158 IV. Inhaltliche Aspekte
anwärtern1114 ein Treueid verlangt. Der Eid der Stadt-/Bürgergemeinde ist mit 6. Juni
1485 datiert, beim anderen fehlt zwar das Datum, er lässt sich aber durch die kurze Re-
gierungszeit Matthias’ in Österreich relativ genau auf die Jahre zwischen 1485 und 1490
eingrenzen.
Auch aus den letzten Regierungsjahren Kaiser Friedrichs III. sind Eide überliefert:
Nach dem Ende der ungarischen Herrschaft mussten zum einen die Stadt – also Bür-
germeister, Richter, Rat, Bürger, Genannte und die Gemein – am 23. August 14901115,
zum anderen ebenso alle, die das Bürgerrecht gewinnen wollten1116, sowohl dem Kaiser
als auch König Maximilian einen Treueid leisten. Ein weiterer Treueid der Bürgerrechts-
anwärter rechnet – im Gegensatz zu den anderen beiden genannten Eiden – bereits mit
dem baldigen Tod des Kaisers1117; dieser Eid kann deswegen wohl näher zum Sterbejahr
Friedrichs (1493) datiert werden. Für die Zeit nach dem Ableben des Kaisers sind noch
ein Treueid der Stadt (datiert mit 10. März 1494)1118 und ein Bürgerrechtseid auf Maxi-
milian und seinen Sohn Philipp1119 im HWOB überliefert.
Eide, die sich nicht in die obigen Gruppen einordnen lassen, beziehen sich vor allem
auf die Handwerker und deren Beachtung der von der Obrigkeit erlassenen Ordnungen.
Ein wahrscheinlich vor 1438 entstandener Eid – es wird ein Herzog Albrecht, wohl Al-
brecht V., erwähnt – betrifft die Einhaltung der Ordnungen, die vom Herzog ausgestellt
wurden. Der Eid betrifft alle Handwerker, die eine herzogliche Ordnung besitzen, expli-
zit – oder vielmehr stellvertretend – werden die Schneider genannt1120. Der Teil mit der
namentlichen Erwähnung des Herzogs und der Stadt, der gleichzeitig einen Treueid dar-
stellt, wurde später durchgestrichen und der Eid damit auf den Bereich reduziert, der die
Einhaltung der Ordnungen (aufsètz, pùnt und artikel, die in ewrn briefen, so ir von unserm
gnedigen herren von Osterreich von ewrs hantwerhs wegen habt) betrifft.
Ein formlos – wohl um die Mitte des 15. Jahrhunderts – nachgetragener Eid bezieht
sich wiederum explizit auf die Einhaltung der im HWOB (statpuch) eingetragenen Ord-
nungen1121. Die subjektive Form (gerechtikait meins hantwerchs) und die Schlussformel
(des pitt mir Got zu helffen und all heiligen) legen nahe, dass der Text den exakten Wortlaut
des Eides als Antwort auf das zuvor Vorgelesene wiedergibt, ähnlich wie weiter oben im
Kapitel bereits bei den Vierern vor den Toren und den Werkleuten festgestellt worden ist.
Ein zweiter – diesen Verdacht erhärtender – diesbezüglicher Eid, ebenso in subjektiver
Form, ergänzt das Formular um den Zusatz, dass die Ordnungen aus dem Stadtbuch
demjenigen, der den Eid leistete, vorgelesen wurden1122.
Zwischen den einzelnen Eiden wurden schließlich immer wieder Formularvorlagen
für von der Stadt auszustellende Urkunden eingetragen. Beispielsweise findet sich das For-
mular für eine Beglaubigung des Status als Bürger durch Bürgermeister, Richter und Rat
1114 Siehe Nr. 38.
1115 Siehe Nr. 39.
1116 Siehe Nr. 40.
1117 Siehe Nr. 45.
1118 Siehe Nr. 47.
1119 Siehe Nr. 48.
1120 Siehe Nr. 9. Die Schneider besaßen unter anderem eine im HWOB eingetragene und von Herzog
Albrecht V. ausgestellte Ordnung aus dem Jahre 1422, siehe Nr. 80.
1121 Siehe Nr. 19.
1122 Siehe Nr. 21.
Das Wiener Handwerksordnungsbuch
(1364–1555)
- Titel
- Das Wiener Handwerksordnungsbuch
- Untertitel
- (1364–1555)
- Autor
- Markus Gneiß
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20418-3
- Abmessungen
- 17.3 x 24.5 cm
- Seiten
- 674
- Schlagwörter
- Late Medieval Vienna, Craft ordinances, Craftsmen, Late Medieval Urban Administration, Commented Edition, Wien im Spätmittelalter, Handwerksordnungen, Handwerker, Spätmittelalterliche Stadtverwaltung, Kommentierte Edition
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen