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IV.5. Weitere Ordnungen 161
Die allgemeine Wiener Mautverwaltung oblag im Wesentlichen den herren auf dem
mauthaus oder herren auf dem haus, die im Mauthaus in der Wipplingerstraße1138 ne-
ben dem Rathaus ihr Amt ausübten. Ihnen unterstanden Mautner an den Stadttoren
und beim Salzturm1139. In der Ordnung vom 10. Februar 1450 werden die Aufgaben
der Herren auf dem Mauthaus und der Mautner genauer geregelt1140. Die Mautner vor
den Stadttoren müssen ebenso wie die Absamer (Platzknechte), von denen etwas später
noch genauer die Rede sein wird, wöchentlich montags das von ihnen eingenommene
Geld auf das Mauthaus bringen, wo es dann gezählt wird (Art. 1). Die Hauptmaut, auch
Pfundmaut genannt1141, muss zu überwiegendem Maße für Ausfuhren entrichtet wer-
den. Diese und auch andere der Stadt zugebührende Mauten werden von den Herren auf
dem Mauthaus in ein eigenes Buch, das sambner genannt wird, mitsamt dem Namen des
Abgabepflichtigen eingetragen und am Ende der Woche zusammengezählt sowie in ein
raitpuch geschrieben (Art. 2). Bestimmten Händlern wie ungarischen Kaufleuten, Wie-
ner Neustädter und Hainburger Bürgern sowie Wiener Bürgern, die in einer gewissen
Weise privilegiert sind1142, ist es erlaubt, mit ihren Gütern ohne Mautzahlung aus der
Stadt zu fahren; diese müssen von den Herren auf dem Mauthaus bzw. den Mautnern
genau verzeichnet werden (Art. 3). Andere, die ihre Ware verzollen müssen, sind ange-
halten, den Herren auf dem Haus bereits vor der Ausfuhr einen Nachweis zu bringen,
von wem die Güter gekauft wurden und welche Mengen ausgeführt werden sollten (Art.
4). Die Herren auf dem Mauthaus haben jedoch auch die Pflicht, ihre Untergebenen zu
kontrollieren, am besten wöchentlich. Vor allem geht es dabei darum zu überprüfen, ob
die Mautner all das, was sie bezüglich der Maut einnehmen, auch an das Mauthaus ab-
geben sowie festzustellen, ob die Rechnungslegung auf dem Kerbholz (rabusch), die diese
gegen die Kaufleute führen, korrekt ist (Art. 5, 6). Sie müssen aber auch zu fixen Zeiten
im Mauthaus sein, und zwar im Sommer (24. April bis 29. September) von sechs Uhr
morgens bis neun Uhr vormittags, dann von zwölf Uhr mittags bis vier Uhr nachmittags.
Im Winter ist die Anwesenheit der Herren im Mauthaus von sieben Uhr früh bis zehn
ger, Ratsbürger 26. In der bereits erwähnten Hansgrafenordnung Ladislaus’ von 1453 finden sich die gleichen
Bestimmungen, jedoch etwas ausführlicher formuliert, siehe dazu Rechte und Freiheiten 2, ed. Tomaschek Nr.
CL. Zum Weinausschank in Wien siehe auch unten S. 166–168.
1138 Zum bis um 1529 in der Wipplingerstraße gelegenen Mauthaus siehe näher unten Edition Nr. 31.
1139 Brunner, Finanzen 59. Je ein Mautner befand sich beim Stuben-, Kärntner-, Widmer-, Schotten-,
Werder- und Rotenturmtor mit 4 ß. Wochensold; der Mautner beim Salzturm erhielt 2 ß. Wochenlohn. Zu den
Herren auf dem Mauthaus und den Mautnern vgl. auch den diesbezüglichen Eid: Nr. 266.
1140 Siehe Nr. 263.
1141 Zu dieser siehe Schalk, Finanzverwaltung 26 Anm. 1; Brunner, Finanzen 114f. Sowohl Schalk
als auch Brunner setzen die Stadtmaut mit der Pfundmaut als Hauptmaut gleich; Brunner widerspricht Schalk
jedoch in dem Punkt, dass auch die Wagenmaut der Pfundmaut entspreche. Siehe dazu auch Czeike, Lexikon
Wien 4 213; Perger, Rahmen 217.
1142 Die Ordnung spricht von hieig burger mit dem langen purgerbrief. In welcher Form sich dieser lange
purgerbrief von dem normalen Bürgerbrief unterscheidet, kann nicht festgestellt werden, vgl. z. B. DRW 2
(1932–1935) 594, wo keine weitere Differenzierung getroffen wird. Brunner, Finanzen 113, hebt gewisse
Gruppen hervor, die in Bezug auf die Mauttarife begünstigt waren, und spricht dabei unter anderem von Wie-
ner Bürgern sowie Kaufleuten von Städten aus Österreich unter und ob der Enns. Der betreffende Artikel der
Ordnung behandelt jedoch dezidiert Mautfreiheit für Kaufleute aus gewissen Städten bzw. aus Ungarn, nicht
nur verringerte Gebühren. Brunner kennt zwar die oben referierte Mautnerordnung von 1450, geht jedoch
nicht genauer auf deren Bestimmungen ein. In den von ihm aufgelisteten und erläuterten Mauttarifen (ebd.
108–117) dürften Bürger mit dem „langen Bürgerbrief“ jedenfalls nicht vorkommen, auch ist dort nicht von
irgendwelchen Vergünstigungen für ungarische Kaufleute die Rede. Siehe aber die Formularvorlage für den
kurtzen burgerbr(ief), Nr. 16.
Das Wiener Handwerksordnungsbuch
(1364–1555)
- Titel
- Das Wiener Handwerksordnungsbuch
- Untertitel
- (1364–1555)
- Autor
- Markus Gneiß
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20418-3
- Abmessungen
- 17.3 x 24.5 cm
- Seiten
- 674
- Schlagwörter
- Late Medieval Vienna, Craft ordinances, Craftsmen, Late Medieval Urban Administration, Commented Edition, Wien im Spätmittelalter, Handwerksordnungen, Handwerker, Spätmittelalterliche Stadtverwaltung, Kommentierte Edition
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen