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Abstraktion.
kurz von Unselbständigem, während sie die Gegenstandsnamen als konkret
bezeichnen (vgl. PRANTL, Gesch. der Logik III, 363). Ähnlich J. ST.
u. a. Ein abstrakter Begriff ist nach CHR. WOLFF ein Begriff, welcher
Eigenschaften, Zustände, Beziehungen abgesondert von den Dingen zum Inhalt
hat (Logik, § 110). — Die Existenz abstrakter Vorstellungen, d. h. allgemeiner
(s. d.) Begriffe bestreitet BERKELEY : sind nur die Namen für eine
Vielheit gleichartiger Dinge; so auch HUME (Treatise sct. 3). — Nach
HEGEL ist nur der rein formale Begriff abstrakt (Enzyklop. § 164), während
der objektive „Begriff" (s. schlechthin konkret ist, als „Einheit unter-
schiedener Bestimmungen", als Vereinigung von Allgemeinheit und Be-
sonderheit.
SCHUPPE nennt abstrakt jedes gesondert gedachte Wirklichkeitselement,
das für sich allein nicht wahrgenommen werden kann (Erkenntnistheor. Logik,
1878, S. 162 ff.). REHMKE identifiziert „abstrakt" mit „veränderlich" und betont:
„Das Konkrete besteht aus Abstraktem und das Abstrakte besteht nur als
wirkliche Bestimmtheit des Konkreten" (Allgem. Psychol., 1894, S. 6 Nach
WUNDT sind jene Begriffe (s. d.) abstrakt, denen eine adäquate Vorstellung
nicht entspricht und deren Repräsentanten nur in Worten bestehen (Logik
1893, S. 46 ff.). Daß die Abstrakta bloße gedankliche Zusammenfassungen und
Heraushebungen, sonst aber Fiktionen sind, denen nichts Wirkliches ent-
spricht, lehren LOCKE, CONDILLAC, BERKELEY, HUME, GRUPPE
1831), MAUTHNER U. a. sowie VAIHINGER (Philos. des Als ob, 1911, S. 383 ff.).
Die abstrakten Begriffe sind nach ihm „Partialbegriffe, welche von ihrem
losgerissen sind". Die Abstrakta sind zweckmäßige Hilfsmittel des
Denkens, die nicht zu Wirklichkeiten erhoben werden dürfen. Vgl. WUNDT,
Zur Geschichte u. Theorie der abstrakten Begriffe, Philos. Stud. II; KREIBIG,
Die Funktionen, 1909, S. 30, 96 FRÄNKEL, Abstrakta und Ab-
straktion, 1911. Vgl. Konkret, Begriff, Allgemein, Abstraktion, Denken, Sprache,
Verstand (BERGSON).
Abstraktion (abstractio, ist das Absehen von Merkmalen
einer Vorstellung, Vorstellungsgruppe, eines Begriffes, das Vernachlässigen
derselben seitens des bestimmte Erkenntnisziele verfolgenden Denkens, als Be-
gleiterscheinung der „Attention", der Fixierung bestimmter Merkmale durch
die Aufmerksamkeit, die synthetisch zur Einheit des Begriffs (s. d.) zusammen-
gefaßt werden, um selbständig im Denken behandelt und verwertet zu werden.
Das Abstrahieren ist ein „selektiver" Bewußtseinsvorgang, es enthält eine
Wahl dessen, was jeweilig dem Denkzweck entspricht; es ist eine Funktion
des „Denkwillens". Die A. ist ein fundamentaler Prozeß, ohne den es keine
Begriffe, keine Urteile, keine exakte Wissenschaft geben könnte; die quanti-
tative, mechanistische Naturerklärung z. B. beruht auf Abstraktion vom rein
Qualitativen und Subjektiven in der Erkenntnis. Einen Gegensatz zur A.
büdet die (logische) Determination (s. d.).
Als Absehen vom Besonderen, Zufälligen zugunsten des Allgemeinen,
Formalen, Wesentlichen, Notwendigen erscheint das Abstrahieren bei PLATON,
ARISTOTELES (Anal. 37; Met. 3) und bei den Scholasti-
kern. Durch „abstractio" werden die geistigen Formen (species, s. d.) der
Dinge aus dem Besonderen, Sinnlichen herausgehoben und für sich gedacht
fiunt intellectae in actu per THOMAS VON
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Handwörterbuch der Philosophie
- Titel
- Handwörterbuch der Philosophie
- Autor
- Rudolf Eisler
- Verlag
- ERNST SIEGFRIED MITTLER UND SOHN
- Ort
- Berlin
- Datum
- 1913
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- Abmessungen
- 12.7 x 21.4 cm
- Seiten
- 807
- Schlagwörter
- Philosophie, Geisteswissenschaften, Objektivismus
- Kategorie
- Geisteswissenschaften