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Anschauungsformen. 37
synthetische Sätze a priori möglich." R. und Z. sind Bedingungen der Sinn-
lichkeit (s. d.), Formen des äußeren und (bzw.) des innern Sinnes (s. d.), for-
male Bedingungen der Erfahrungsgegenstände (der „Erscheinungen"), welche
notwendig sind, „welcher Art auch unsere Empfindungen sein mögen". An-
geboren (s. d.) sind aber die Anschauungsformen nicht (Krit. d. rein. Vern.,
49 ff.). Im Sinne Kants lehren REINHOLD, BECK, KRUG, FRIES, SCHOPEN-
HAUER, F. A. LANGE, LIEBMANN und andere Kantianer, wobei aber RENOU-
H. COHEN, NATORP U. a. Raum und Zeit nicht als
formen, sondern als „Kategorien" (s. bestimmen. Nach J. BAUMANN sind
die Anschauungsformen apriorisch, in ihren Bestimmtheiten aber
objektiv begründet.
Objektive (d. h. hier: für das vom Erkennen unabhängige Sein geltende) Be-
deutung haben sie nach SCHLEIERMACHER, BENEKE, UEBER-
WEG („das gemeinsame Resultat subjektiver und objektiver Faktoren"), FECHNER,
E. v. HARTMANN („transzendentaler Realismus"), DÜHRING U. a. Objektiv be-
dingt sind sie nach HERBART, LOTZE, J. H. FICHTE, BOLZANO, MANSEL,
SPENCER, (die A. sind zugleich „empirische Grenzbegriffe, deren Inhalt
in gleichem Grade für das Bewußtsein, wie für die Wirklichkeit selber gültig
ist", D. philos. Kritizismus I 2, S. 73), JODL, WUNDT, KÜLPE, ADICKES,
WENTSCHER, W. FREYTAG, E. DÜRR, L. BUSSE, DORNER, V. KRAFT U. a.
Gattungsmäßig erworben, individuell angeboren sind die A. nach SPENCER,
LEWES, OSTWALD, J. SCHULTZ („angeborene Gewohnheiten der Seele"), L. STEIN
u. a. — Die empirische Grundlage der A. betonen HERBART („Reihen" von
Empfindungen, deren Ordnung schon in und mit ihnen gegeben ist, Metaphys.
1828-29, II, 411), BENEKE d. Logik 1842, II, 29), UEBERWEG, LAAS,
J. ST. JODL („Abstraktionen von der uns gegebenen Wirklichkeit, durch-
aus auf sie und in ihrer formalen Beschaffenheit für jeden Inhalt
unserer Erfahrung gültig, ihrem Inhalte nach von unserer Organisation ab-
hängig", Lehrb. d. Psychol. II8, 1909), WUNDT. Nach ihm ist die Trennung
von Form und Inhalt der Anschauung nichts Ursprüngliches, sondern dazu
führt erst die „Konstanz der allgemeinen Eigenschaften der formalen Bestand-
teile"; diese Konstanz beruht auf der Unabhängigkeit der räumlich-zeitlichen
Form von der Veränderung des Wahrnehmungsstoffes. Das Apriorische der
A. bedeutet die Unableitbarkeit des Spezifischen derselben sowie die ihnen zu-
grundeliegende Gesetzmäßigkeit des Bewußtseins. Psychologisch entstehen die
A. zugleich mit der Wahrnehmung als Ordnungen des Wahrnehmungsinhalts
selbst, als Verschmelzungsprodukte (Logik 1893—95, I2, S. 487 ff.; System d.
Philos. 1907, I», S. 98 ff.).
Nach E. MACH sind die A. physiologisch „Systeme von Orientierungs-
welche nebst den Sinnesempfindungen die Auslösung biologisch
zweckmäßiger Anpassungsreaktionen bestimmen". Physikalisch sind Raum und
Zeit „besondere Abhängigkeiten der physikalischen Elemente voneinander" (Er-
kenntnis u. Irrtum, 1903, S. 426). Über die Relativität von Raum und
Zeit vgl. Relativitätsprinzip. Vgl. ISENKRAHE, oder Realismus,
1883; BAUMANN, D. Lehren von Raum, Zeit und Mathematik, 1868—69; DÖRING,
Über Raum Zeit, 1894; M. Neue Theorie des Raumes und der
Zeit, 1901 (Zusammengehörigkeit von Raum und Zeit; vgl. Raum); H. MIN-
KOWSKI, Raum und Zeit, 1909 (Relativitätsprinzip: die Zeit als vierte Dimen-
sion); EWALD, Kants krit. Idealismus, 1908; R. REININGER, Philos. d. Er-
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Handwörterbuch der Philosophie
- Titel
- Handwörterbuch der Philosophie
- Autor
- Rudolf Eisler
- Verlag
- ERNST SIEGFRIED MITTLER UND SOHN
- Ort
- Berlin
- Datum
- 1913
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- Abmessungen
- 12.7 x 21.4 cm
- Seiten
- 807
- Schlagwörter
- Philosophie, Geisteswissenschaften, Objektivismus
- Kategorie
- Geisteswissenschaften