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52 priori.
a priori" zugrunde (s. d.), als Voraussetzungen der betreffenden Erkenntnisse
und Erkenntnisobjekte. Ein A priori gibt es auch in der Ethik (s. d.) und
Ästhetik (s. d.). Es gibt apriorische Erkenntniselemente: Anschauungs- und
Denkformen oder Kategorien, Ideen (s. d.), apriorische Urteile, Grundsätze
(s. d.) und „subjektive" Bedingungen des Apriorischen (vgl. Sinnlichkeit, Ein-
bildungskraft, Verstand, Vernunft).
Das „A priori" wird von den auf KANT folgenden Denkern teils mehr
logisch („transzendentalpsychologisch"), teils rein logisch
logisch") aufgefaßt; auch wird zuweilen versucht, den Apriorismus mit dem
Evolutionismus so zu vereinigen, daß die Erkenntnisformen als apriorisch für
das Individuum, als aposteriorisch für die Gattung betrachtet werden (SPENCER,
Psychol. ff., II, § 332; LEWES, L. STEIN U. a.). Soziologisch (als Produkt
der Gesamtarbeit von Generationen, der Wechselwirkung der Individuen) er-
klären das A priori E. DE ROBERTY (Sociologie de u. a.
Psychologisch (als durch die Funktion des Geistes bedingt) fassen das A.
auf BENEKE, SCHOPENHAUER, JOH. MÜLLER (vgl. Energie, spefiz.), HELMHOLTZ,
J. B. MEYER, SCHNEIDER, FR. A. LANGE, der von einer „psychophysischen
Organisation" spricht, welche vor aller Erfahrung gegeben ist (Geschichte d.
Materialismus S. 28, 36), FR. SCHULTZE U. a., in anderer Weise FICHTE
(„ursprüngliche Bestimmung des Ich"), E. V. HARTMANN (Das A.
ist eine „unbewußte synthetische Funktion", das „Prius alles Bewußtseinsinhalts",
Kategorienlehre, S. VIII), J. H. FICHTE, FORTLAGE u.a.
Durch innere Erfahrung entdeckt werden die apriorischen Erkenntnis-
bestandteile in der Struktur der Vernunft (s. d.) nach FRIES und dessen An-
hängern, auch nach der neuen Fries-Schule (NELSON, GRELLING U. a.; vgl.
Erkenntnistheorie), nach F. A. LANGE, J. B. MEYER, 0. EWALD (Kants
kritischer Idealismus, 1908; vgl. Kategorien) u. a. — Nach WUNDT liegt die
Apriorität in fertigen Begriffen, sondern in der allgemeinen Gesetzmäßig-
keit des logischen Denkens und seiner Funktionen. Die apriorischen Be-
jeder Erfahrung sind selbst einfachste und allgemeinste Erfahrungen
(Logik 1906). Nach liegt die Apriorität in der Identität (s. d.) des
Selbstbewußtseins begründet. — JERUSALEM kennt nur ein „evolutionistisches
A priori", nämlich die „zentralisierte Organisation des Ich" (Bericht über den
III. intern. Kongreß f. Philos., 1909).
Streng (transzendental-) logisch faßt das A. auf LIEBMANN; es hat
nicht subjektive, sondern „metakosmische" Bedeutung und besteht in den
obersten Gesetzen, welche jede Intelligenz beherrschen, in strenger
oder Denknotwendigkeit (Zur Analys. d. 1880, S. 97 ff., 209 ff.).
Ferner K. FISCHER, STAUDINGER, RIEHL, WINDELBAND (vgl. Norm), u. a., die
„Marburger Schule" KINKEL, CASSIRER U. a.), an deren Spitze H. COHEN
steht (vgl. Idealismus). Hier nimmt der Apriorismus eine rationalistische (s. d.)
Färbung an. Das Apriorische ist die logische Voraussetzung, Bedingung, Kon-
stituente wissenschaftlich erarbeiteter Erfahrung, eine „Methode" (s. d.), „Hypo-
thesis" (s. d.), „Grundlegung" der Erkenntnis durch das „reine Denken", das
„Denken des Ursprungs", welches die reinen Formen zu möglicher Erfahrung
nach selbsteigener erzeugt (COHEN, Kants Theorie d. Erfahrung
S. 83, 135, 214 ff.; Kants Begründ. d. 1910, S. 35: a. sind „die obersten
Grundsätze einer in gedruckten Büchern gegebenen und in einer Geschichte
wirklich gewordenen Erfahrung"; Logik, S. 30 ff.; vgl. Kategorien). — Nach
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Handwörterbuch der Philosophie
- Titel
- Handwörterbuch der Philosophie
- Autor
- Rudolf Eisler
- Verlag
- ERNST SIEGFRIED MITTLER UND SOHN
- Ort
- Berlin
- Datum
- 1913
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- Abmessungen
- 12.7 x 21.4 cm
- Seiten
- 807
- Schlagwörter
- Philosophie, Geisteswissenschaften, Objektivismus
- Kategorie
- Geisteswissenschaften