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Handwörterbuch der Philosophie
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Begehren. 85 oder Zustand, dessen Mangel Unlust erweckt; das Gegenteil des B., das Wider- streben gegen etwas, dessen Vorstellung Unlust erweckt, ist das Die zur größeren Intensität erwachsende, auf einen Genuß gerichtete heißt Begierde, deren Gegensatz der ist. Durch Be- friedigung wird die Begierde gestillt; öftere Befriedigung sinnlicher Begierden kann aber ebenso zu deren Steigerung wie die Unmöglichkeit der Be- friedigung. Die ältere Psychologie unterscheidet sinnliches und geistiges Be- gehren bzw. „Begehrungsvermögen". Einen begehrenden Teil der Seele nimmt PLATON an (Re- IV, 441 B). Nach ARISTOTELES entspringt das B. ge- fühlsbetonten Vorstellungen (De 3, 414 b ff.; III, 9; III, 11). Als vernunftloses Streben bestimmen die Begierde die Epikur teilt die Begierden ein in natürliche und eitle (Diog. Laert. X, 127; 149). Die Scholastiker unterscheiden vom Erkenntnis- das („vis appetitiva") und verstehen unter Begierde (cupiditas) das Streben nach einem Gut („passio quae tendit in Wie Aristoteles sondern sie das sinn- liche Begehren vom Willen oder intellektiven Begehren; zu ersterem (dem „appetitus sensitivus") gehören (wie nach Platon) die „concupiscibilitas" (Be- gehrlichkeit) und „irascibilitas" (THOMAS, Sum. theol. I. 81, 2; vgl. SUAREZ, De anima V, 1, 2). — Nach DESCARTES ist die Begierde eine durch die „Lebensgeister" (s. d.) bewirkte Erregung, vermöge deren die Seele nach an- genehmen Objekten verlangt II, 86 ff.). Nach SPINOZA ist das Begehren ein bewußter Trieb („appetitus cum eiusdem conscientia", Eth. III, prop. IX, das Streben zur Natur des Menschen und dient zu seiner Erhaltung (1. c. III). CHR. WOLFF, der neben dem „Erkenntnis- vermögen" ein „Begehrungsvermögen" annimmt, definiert das Begehren als Neigung der Seele zu einem nach Maßgabe des in demselben wahrgenommenen Guten (Psychol. § 559). Das sinnliche B. entsteht aus der verworrenen, das vernünftige B. aus der deutlichen Vorstellung des Guten (1. c. § 580, 880; Gedanken I, § 434). KANT unterscheidet ein unteres und oberes welch letzteres mit der prak- tischen Vernunft identisch ist. Das B.-Vermögen ist das Vermögen eines Wesens, durch seine Vorstellungen Ursache von der Wirklichkeit ihrer Gegen- stände zu sein (Krit. d. prakt, Vern. 1. Teil). Begierde ist „die Selbstbestim- mung der Kraft eines Subjektes durch die Vorstellung von etwas Künftigem, als einer Wirkung derselben" (Anthropol. § 71); vgl. MAASS, Über d. Leiden- schaften I, 1 ff. — Nach HERBART entstehen durch die Hemmung (s, d.) von Vorstellungen; es sind Vorstellungen, die wider eine Hemmung aufstreben (Psychol. als Wissensch., 1824—25, II, § 104, 150; vgl. VOLK- MANN, Lehrbuch der Psychol., II4, 405). Ebenfalls intellektualistisch be- stimmt v. EHRENFELS das Begehren (Werttheorie, 1893 ff., I, 248). Alles Begehren (Wollen) ist gerichtet „auf die Existenz oder die Entstehung eines Dinges, Eintreten oder Zutreffen eines Vorgangs, oder aber auf die Nichtexistenz oder Vernichtung eines Dinges" (1. c. S. 6, 18). Vgl. WITASEK, Grundl. der Psychol., 1908, S. 349 ff. Als einen mit Vorstellungen verbundenen Trieb definieren das B. WUNDT (Grdz. d. phys. Psych., 1903 f., 246 ff.), HÖFFDING, JODL, U. a. Vgl. HEMSTERHUIS, Lettres sur le desir, 1770; HAGEMANN, Psychol.8, 1911. — Vgl. Streben, Wille, Trieb, Wert.
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Handwörterbuch der Philosophie
Titel
Handwörterbuch der Philosophie
Autor
Rudolf Eisler
Verlag
ERNST SIEGFRIED MITTLER UND SOHN
Ort
Berlin
Datum
1913
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC 3.0
Abmessungen
12.7 x 21.4 cm
Seiten
807
Schlagwörter
Philosophie, Geisteswissenschaften, Objektivismus
Kategorie
Geisteswissenschaften
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