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100 Bewertung Bewußtsein.
in der Mathematik, auch in der Ethik ist demonstrative Gewißheit erzielbar
(Essay concern. understand. IV, K. Großes Gewicht auf den
Beweis legen SPINOZA und CHR. WOLFF (vgl. Von den Kräften d. menschl.
Verstandes, 1738, K. 4, § 21 f.). Die einzige streng demonstrative Wissenschaft
ist nach HUME die Mathematik (s. d.). KANT versteht unter „Demonstration"
nur den apodiktischen Beweis (Krit. d. rein. Vern., S. 562; vgl. Krit. d. Urteils-
kraft, § 90; s. Demonstrabel, Deduktion). — Von neueren Logikern definiert
den B. als Ableitung eines Satzes aus anderen Sätzen,
die als gewiß und erkannt sind (Logik, 1889, S. 275) und
WUNDT als „Darstellung der Gründe, durch welche die Wahrheit oder Wahr-
scheinlichkeit eines gegebenen, einen realen Erkenntnisinhalt aussprechenden
Urteils festgestellt wird" (Logik II8, 1907, S. 65 ff,). Vgl.
Bewertung s. Wert.
Bewußtsein (der Ausdruck zuerst bei CHR. WOLFF;
scientia) ist ein von verschiedener, weiterer oder engerer Bedeutung. 1. B.
im Sinne ist gleichbedeutend mit dem Psychischen d.) über-
haupt; ein Bewußtsein haben heißt dann, psychische Erlebnisse haben, Emp-
finden, Fühlen, Vorstellen, Wollen. Etwas ist in meinem Bewußtsein heißt
dann: es ist mein Erlebnis, wird mir vorgestellt usw. In diesem Sinne
kann es keine „unbewußten" (s. d.) psychischen Vorgänge geben, denn psy-
chisch und bewußt ist hier einerlei. 2. B. ist ferner der einheitliche Zusammen-
hang psychischer Erlebnisse. Je enger, inniger dieser Zusammenhang, je zen-
tralisierter und einheitlicher die Mannigfaltigkeit von Erlebnissen ist, desto höher
steht das B. Etwas ist in einem B. dann: es hat eine Stelle in solchen
einheitlichen Zusammenhang, ist darin enthalten. 3. B. ist ferner nicht bloß das
allem Psychischen gemeinsame Erleben, Präsenthaben, Dasein eines Inhalts
ein Subjekt, sondern auch ein aufmerksames Erleben, eine besondere Art desselben,
ein „Wissen" (s. d.) bzw. ein Gewußtsein von verschiedener Klarheit (s. d.) und
Sicherheit (s. Gewißheit). In diesem Sinne gibt es (relativ) „Unbewußtes"
(s. d.), nicht Gewußtes, Beurteiltes oder nicht aufmerksam Erlebtes. „Sich einer
Sache bewußt sein" heißt: alles, was zur Sache gehört, mehr oder klar
vorstellen, begreifen, beurteilen oder es so auffassen können. Die „Bewußt-
heit" selbst ist nicht definierbar; sie ist etwas Ursprüngliches, nicht weiter
leitbares, wenn auch empirisch an gewisse Bedingungen gebunden, von welchen
das Bewußtsein in bezug auf Art, Grad, Stärke, Richtung, Inhalt abhängig ist.
Alles B. hat zwei Seiten; nach der einen ist es ein Vorgang, ein Akt, eine
Tätigkeit („Bewußtseinsvorgang"), nach der anderen ist es inhaltlich bestimmt
(„Bewußtseinsinhalt"). „Bewußt" ist etwas, sofern es a) psychisches Erlebnis,
Inhalt oder Gegenstand eines solchen ist, b) sofern es ein gewußter Erlebnis-
inhalt oder ein gewußtes Erleben selbst ist, c) sofern es endlich auch noch als
Zustand des Ich erfaßt, ins „Selbstbewußtsein" d.) erhoben ist. Das B.
faßt dasjenige, was erlebt, weiß („Bewußtseinssubjekt", „Subjekt", s. d.) und das,
was erlebt, gewußt wird (das „Bewußtseinsobjekt"). Zu unterscheiden sind
auch Individual- und Gesamtbewußtsein (s. d.), ferner „Allbewußtsein", als
welches Gott (s. d.) vielfach aufgefaßt wird. Ein „Momentanbewußtsein" wird
mancherseits (LEIBNIZ, FECHNER, WUNDT, KÜHTMANN U. a.) schon den niedersten
Wesen zugeschrieben (s. Panpsychismus). Durch Gewohnheit erfolgt
eine „Mechanisierung" (s. d.) von Bewußtseinstätigkeiten. Vgl. Enge, Umfang.
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Handwörterbuch der Philosophie
- Titel
- Handwörterbuch der Philosophie
- Autor
- Rudolf Eisler
- Verlag
- ERNST SIEGFRIED MITTLER UND SOHN
- Ort
- Berlin
- Datum
- 1913
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- Abmessungen
- 12.7 x 21.4 cm
- Seiten
- 807
- Schlagwörter
- Philosophie, Geisteswissenschaften, Objektivismus
- Kategorie
- Geisteswissenschaften