Seite - 119 - in Handwörterbuch der Philosophie
Bild der Seite - 119 -
Text der Seite - 119 -
Dauer.
(„permanentia in existentia", vgl. SUAREZ, Metaphys. disputat. 50,
Man unterscheidet reale und vorgestellte, absolute und relative D., „Aeviternität"
(s. sukzessive D., unendliche D. (Gottes). Nach SPINOZA ist die
D. die unbegrenzte Fortsetzung des Daseins („indefinita existendi continuatio",
Eth. II, def. V; vgl. prop. XLV). LOCKE erklärt sie schon psychologisch als
Abstand zwischen dem Auftreten zweier Vorstellungen oder als Dasein nach
dem Maße unserer Vorstellungen (Essay concern. human understand. II, K. 14,
vgl. HUME, Treatise II, sct. 3; CONDILLAC, des sensations, 1754,
I, K. 4, § 11). Nach LEIBNIZ hingegen wird die Idee der D. durch die Folge
der Vorstellungen nur ausgelöst; die Konstanz der Zeit selbst ist eine „ewige
Wahrheit", eine Denknotwendigkeit (Nouv. Essais II, K. 14). Etwas „Apriori-
sches" (s. d.) hat die D. nach KANT. Die D. besteht „in dem Dasein der Er-
scheinungen in der Zeit, insofern die Zeit selbst als eine Größe genommen
„Durch das Beharrliche allein bekommt das Dasein in verschiedenen
Teilen der Zeitreihe nacheinander eine Größe, die man Dauer nennt. Denn
in der bloßen Folge allein ist das Dasein immer verschwindend und anhebend
und hat niemals die mindeste Größe." Die „Beharrlichkeit des Realen in der
Zeit" ist das „Schema" (s. d.) der Substanz. „Die Zeit verläuft sich nicht,
sondern in ihr verläuft das Dasein des Wandelbaren. Der Zeit also, die selbst
unwandelbar und bleibend ist, korrespondiert in der Erscheinung das Unwandel-
im Dasein, d. i. Substanz, und bloß an ihr kann die Folge und das Zu-
gleichsein der Erscheinungen der Zeit nach bestimmt werden" (Krit. d. rein.
S. 176 ff.).
Als Eigenschaft der psychischen Erlebnisse betrachten die D. RIBOT,
KÜLPE (Gr. d. Psychol., 1893, S. 394 ff.) u. a. Nach WUNDT ist
die Vorstellung einer absoluten Dauer, d. h. einer Zeit, in der sich nichts ver-
ohne Übertragung der Zeitanschauung auf den Raum nicht möglich.
Dauernd ist daher nur „ein Eindruck, dessen einzelne Zeitteile einander ihrem
Empfindungs- und Gefühlsinhalte nach vollständig gleichen, so daß sie
sich bloß durch ihr Verhältnis zum Vorstellenden unterscheiden"
<Grundr. d. Psychol.6, 1900, S. 172; Grdz. d. phys. Psychol., 1903, 1
Daß das Bewußtsein der Dauer psychologisch schon das Sukzessionsbe-
wußtsein bedingt und daß jenes aus der Identität (s. d.) des Ich entspringt,
betonen ROYER-COLLARD, RIEHL (Der philos. Kritizismus, 73; vgl.
Zur Einführung in die Philos., 1903, S. 210) u. a. — BERGSON unterscheidet
die unmittelbar erlebte, stetige, wahre, reale Dauer „vraie
von der äußerlichen, quantitativ meßbaren, homogenen Dauer. Die
wahre D., in der wir uns lebenstätig erfassen, ist eine innige Durchdringung
aller unserer Zustände, ganz verschieden von der „homogenen" Zeit. Im wirk-
lichen Erleben und durch die (s. erfaßt, die
eine „qualitative Mannigfaltigkeit", nicht eine äußerliche Sukzession gleichartiger
Momente (Essai sur les de la conscience, 1889, S. 74 ff.,
ff.; et Memoire, 1896, S. 205). Die „reine" D. pure") ist
vorwärtsgerichtete Gegenwart, welche die Vergangenheit in sich sie
schöpferische Zeit Entwicklung" (s.d.), stetiger
Fortschritt des Gewesenen in die Zukunft hinein (Evolution creatrice, S. 5,
deutsch 1912), die absolute Wirklichkeit und Wirksamkeit, die nur der (prak-
tischen Zwecken dienende) Verstand veräußerlicht, verräumlicht, in gesonderte
Momente und Elemente auseinander reißt, stabilisiert. Vgl. Die
zurück zum
Buch Handwörterbuch der Philosophie"
Handwörterbuch der Philosophie
- Titel
- Handwörterbuch der Philosophie
- Autor
- Rudolf Eisler
- Verlag
- ERNST SIEGFRIED MITTLER UND SOHN
- Ort
- Berlin
- Datum
- 1913
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- Abmessungen
- 12.7 x 21.4 cm
- Seiten
- 807
- Schlagwörter
- Philosophie, Geisteswissenschaften, Objektivismus
- Kategorie
- Geisteswissenschaften