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Rechtsphilosophie. 547
wickelnden Gesamtwillen (Volksgeist) betont (E. BURKE, G. HUGO U. a.; ge-
mäßigt, mit Konzessionen an die spekulative Richtung, bei SAVIGNY, Über
den Beruf unserer Zeit, 1814; PUCHTA, BLUNTSCHLI U. a.).
Zur Ethik, zu sittlichen Zwecken bringen die Rechtsphilosophie in Be-
ziehung HERBART (Analyt. Beleucht. des Naturrechts, 1836), TRENDELENBURG
(Naturrecht, 1882, S. 76 ff.), J. H. FICHTE (System d. 1858 f.),
A. LASSON (System d. Rechtsphilos., 1868, S. 1 ff.), E. v. HARTMANN, WUNDT
(Ethik8, S. ff., 567 ff., 4. A. 1912), V. CATHREIN, B. STERN, J. STERN
(Rechtsphilos. u. Rechtswissenschaft, 1904), F. U. a. Nach J.
hat das R. die Aufgabe, „die Kultur zu ermöglichen, zu fördern und zum Ge-
deihen der Menschheitszwecke zu führen" in d. Rechtwissenschaft8,
Lehrb. d. Rechtsphilos., 1909; Das Recht, 1910). Nach F. BEROLZ-
HEIMER ist das Ziel der Rechswissenschaft die „Durchsetzung der Freiheit im
Recht — auf Grund der Rechtsidee gegen das Gesetz" (vgl. System d. Rechts-
und 1904 f.; Rechtsphilos. Studien, 1903). — Nach
STAMMLER ist alles gesetzte Recht „ein Versuch, • richtiges Recht zu sein",
ein „Zwangsversuch zum Richtigen". Die Idee des richtigen Rechts ist die
Übereinstimmung des Rechts mit der Idee der „Gemeinschaft frei
Menschen". Das richtige R. ist kein Naturrecht, sondern das als positives
zu setzende ideale Recht. Das R. ist die „Form" des sozialen Lebens (Wirt-
schaft u. Recht2, 1906; Die Lehre vom richtigen Recht, 1902; gegen
M. WEBER, KANTOROWICZ U. a.). — Nach COHEN hat sich die Ethik (s. d.)
selbst als Rechtsphilosophie durchzuführen, diese bedarf der Ethik als Grund-
legung (Ethik2, 1907, S. 63, ff.; Kants Begründ. der Ethik2, 1910).
Den „Zweck Recht" betont IHERING: R. ist „System der durch
gesicherten sozialen Endzweck des Rechts und des Staates
ist die „Herstellung und Sicherung der Lebensbedingungen der Gesellschaft"
(Der Zweck im Recht4, 1894/95, I, 240 ff.). Ein „Naturrecht" gibt es nicht,
Vgl. JELLINEK, Ausgewählte Schriften u. Reden, 1911 (Gegen die teleologische
Methode in der Rechtswissenschaft ist H. KELSEN, S. unten). Die soziale
Bedingtheit des Rechts betonen auch SPENCER, SCHÄFFLE, WUNDT, DILTHEY,
TÖNNIES (Gemeinschaft u. Gesellschaft2, 1912) u. a.
Sozialbiologisch betrachtet das R. z. B. MATZAT (Philos. der Anpassung,
1909, S. 149 ff.). Nach R. GOLDSCHEID muß das R. der Höherentwick-
lung dienen (Entwicklungswerttheorie, 1908, 163 ff.). Nach KANTORO-
WICZ ist die Rechtswissenschaft soziologisch zu begründen. Gegen
diese auch sonst (KORNFELD U. a.) erhobene Forderung wendet sich be-
sonders H. KELSEN, der den Psychologismus in der Rechtswissenschaft be-
kämpft und für die rein formale und normative Methode eintritt; der
wille" ist nur eine Fiktion (Grenzen zwischen juristischer u. soziologischer
Methode, 1911; Hauptprobleme der Staatsrechtslehre, 1911).
Aus der Macht, Gewalt (von Gruppen, Klassen) leiten das R. (bzw. den
Staat) ab L. VON HALLER, K. MARX (Abhängigkeit des Rechts von der Wirt-
schaft), GUMPLOWICZ, RATZENHOFER, A. MENGER (Neue Staatslehre, 1903,
S. 3, 21 ff.) u. a.; aus den Geboten von Autoritäten v. KIRCHMANN (Grundbegr.
des Rechts und der Moral, 1873, S. 107 ff.). — Vgl. HERBART, Allgemeine
praktische Philosophie, 1908 (die Idee des Rechts beruht auf dem „Mißfallen
am Streit"); SCHOPENHAUER, als Wille u. Vorstellung, I. Bd., § 62 (Das
Primäre ist das Unrecht); STAHL, Philosophie des Rechts6, 1878; LASSALLE,
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Handwörterbuch der Philosophie
- Titel
- Handwörterbuch der Philosophie
- Autor
- Rudolf Eisler
- Verlag
- ERNST SIEGFRIED MITTLER UND SOHN
- Ort
- Berlin
- Datum
- 1913
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- Abmessungen
- 12.7 x 21.4 cm
- Seiten
- 807
- Schlagwörter
- Philosophie, Geisteswissenschaften, Objektivismus
- Kategorie
- Geisteswissenschaften