Seite - 643 - in Handwörterbuch der Philosophie
Bild der Seite - 643 -
Text der Seite - 643 -
Staat. 643
gfjv). Die Verfassung soll den Verhältnissen entsprechen, das Ideal ist die
Herrschaft der Besten, Vernünftigsten (Politik I, 2 ff.).
Nach AUGUSTINUS ist der irdische S. („civitas eine inferiore,
durch die Erbsünde bedingte Institution gegen das Böse, im Unterschiede vom
idealen „Gottesstaat" („civitas divina"; De civitate Dei, XIV, 28; X, 7; XIX,
5; XXI, 17, 19). Nach THOMAS VON AQUINO (vgl. De princip. I,
u. a. ist der S. der Kirche untergeordnet. Dagegen erklären sich DANTE
(De monarchia), MACCHIAVELLI Principe), der die absolute Gewalt des
Herrschers als Mittel zur Erhaltung eines zerrütteten Staates anpreist, u. a.
Den Absolutismus (zum Wohle des Staates) vertreten ferner HOBBES (Leviathan
II, 18), R. FILMER (Patriarcha, 1665) u. a. Die Souveränität des Volkes lehren
hingegen J. (De republica, 1584) und J. ALTHUSIUS (Politica2, 1610),
ferner die (LANGUET, HOTOMANUS, BELLARMIN,
MARIANA U. a., vgl. J. MILTON). Für den Konstitutionalismus sind LOCKE
(Legislative, exekutive, föderative Gewalt; Two treatises of government, hrsg.
1790; Works II), ALGERNON SIDNEY, MONTESQUIEU (Esprit des lois XI),
ROUSSEAU (Contrat social III), KANT U. a. Nach PUFENDORF ist der S. eine
„persona moralis composita" mit einem Willen (De iure natur. VIII, 7). Nach
CHR. WOLFF ist das öffentliche Wohl oberstes Gesetz (Institutio sct. 2, K. 1).
Nach KANT ist ein S. die „Vereinigung einer Menge von Menschen unter
gesetzen". Die Idee des Staates dient als Norm des wirklichen Staates. Die gesetz-
gebende Gewalt kann nur dem „vereinigten Willen des Volkes" zukommen (Rous-
seau: „volonte* generale"). Die Idee, nach welcher die Rechtmäßigkeit des den
Staat konstituierenden Aktes zu denken ist, ist der „ursprüngliche Kontrakt", nach
welchem alle ihre äußere Freiheit aufgeben, um sie „als Glieder eines gemeinen
Wesens, d. i. des Volks als Staat betrachtet", wieder aufzunehmen. Die einzig
bleibende Staatsverfassung ist die, „wo das Gesetz selbstherrschend ist und an
keiner besondern Person hängt" (Met. Anfangsgründe der Rechtslehre, § 43 ff.).
Nach FICHTE ist der (auf einem „Staatsbürgervertrag" beruhende) S. „das
Recht selbst, zu einer zwingenden Naturgewalt Er dient der Sitt-
lichkeit, wirkt durch Sicherung des Rechtes erziehend und geht darauf aus,
„sich selbst aufzuheben", denn es ist der „letzte Zweck aller Regierung, die
Regierung überflüssig zu machen" (Die des Gelehrten, 2. Vorles.;
WW. II, 539; vgl. hingegen die Macht des Staates in: Der geschlossene
Handelsstaat, 1800; s. Soziologie). HEGEL betrachtet den S. als ein Moment
in der dialektischen Entwicklung der „Idee" (s. d.), der Weltvernunft. Der S.
ist „die selbstbewußte sittliche Substanz", der vernünftige, göttliche Wille,
der sich so organisiert hat, eine Persönlichkeit (Enzyklop. § 553 ff.), die „Wirk-
lichkeit der sittlichen Idee", das „an und für sich Vernünftige", die Wirk-
lichkeit der konkreten Freiheit", „absoluter unbewegter Selbstzweck, in welchem
die Freiheit zu ihrem höchsten Recht kommt, sowie dieser Endzweck das
höchste Recht gegen die Einzelnen hat". Die Bestimmung der Individuen ist
es eben, ein „allgemeines Leben zu führen". Der S. ist „in sich organisiert",
ist „Organismus", d. h. „Entwicklung der Idee zu ihren den
verschiedenen Gewalten des Staates. Man muß den S. „wie ein Irdisch-Gött-
liches verehren". Aber in einem wohlgeordneten Staat „kommt dem Gesetz
allein die objektive Seite zu, welchem der Monarch nur das subjektive ,Ich
hinzuzusetzen hat". Die Persönlichkeit des Staates ist nur als eine
Person, der Monarch, wirklich (Grundlin. der Philos. des Rechts, hrsg. von
41*
zurück zum
Buch Handwörterbuch der Philosophie"
Handwörterbuch der Philosophie
- Titel
- Handwörterbuch der Philosophie
- Autor
- Rudolf Eisler
- Verlag
- ERNST SIEGFRIED MITTLER UND SOHN
- Ort
- Berlin
- Datum
- 1913
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- Abmessungen
- 12.7 x 21.4 cm
- Seiten
- 807
- Schlagwörter
- Philosophie, Geisteswissenschaften, Objektivismus
- Kategorie
- Geisteswissenschaften