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geführt, auf funktionale Abhängigkeiten permanenter Art (Ersetzung des Sub-
stanz- durch den Funktionsbegriff). Vgl. Monismus, Pluralismus, Atomistik,
Die ältere Philosophie und Wissenschaft macht von dem Denkmittel der
S. umfassenden Gebrauch. Während HERAKLIT das Beharrliche im gesetz-
mäßigen Wechsel selbst sucht (s. Logos, Werden, Gesetz), forschen andere nach
„Prinzip" (s. d.), welches den Dingen zugrundeliegt und sich in sie ver-
wandelt. Erst die prägen den Begriff des absolut unveränderlichen,
beharrenden, identischen, einheitlichen Seienden (s. Sein), während DEMOKRIT
Existenz einer Vielheit unveränderlicher, einfacher Substanzen (s. Atom)
lehrt. Einerseits geht der Substanzbegriff parallel mit dem der Materie d.),
anderseits werden von den Pythagoreern Zahlen (s. d.) und Verhält-
nisse, von PLATON immaterielle Wesenheiten, die „Ideen" (s. d.), als beharrende
und selbständige Einheiten angenommen. Den Substanzbegriff selbst prägt ge-
nauer erst ARISTOTELES, der aber zwischen verschiedenen Bedeutungen des-
schwankt. Die S. vnoxeipievov) ist die oberste der Kategorien
d.) und bedeutet dasjenige, was nicht von anderem ausgesagt werden, nicht
an einem andern sein kann, das Selbständige, den Träger Eigenschaften
— vnoxeipievov kv
Categor. 5, 2 a vgl. Analyt. poster. I 21, 83 a 24 ff.). S. ist ihm bald das
Wesen (s. d.) überhaupt, das im Allgemeinen liegt, die „Form" (Metaphys. IV
1017 b 25), bald der Stoff ngcoxov, 1. c. 3, 1029 a 1 ff.), bald
nur das aus Form und Stoff bestehende (ovvoXov) Einzelding (1. c. VII 3,
1043 a 30). Von diesen „ersten Substanzen" unterscheidet er
die „zweiten Substanzen" die Gattungen (Categor. 5, 2 a 14;
'267). Auch die betrachten die S. als oberste Kategorie. Allen
Dingen liegt eine einheitliche Kraft, das „Pneuma" (s. d.) zugrunde,
qualitätslosen Materie (s. d.) innewohnt.
Als das Selbständige, durch und in sich Seiende und als das
bestimmen die S. PLOTIN (Ennead. VI, 3, 5), CAPELLA, die
(„in se esse", „ens per se"), welche sinnliche (materielle) und
geistige Substanzen unterscheiden; getrennte Substanzen („substantiae
sind die reinen Geister (Engel). Gott (s. d.) gilt als absolute Substanz
oder als übersubstantiell VgL ALBERTUS MAGNUS, Sum.
theol. I, 27; THOMAS, Contr. gent. I, 25; 29; II, 93; Sum. theol. I, 29, 2 c;
Metaphys. 33, sct. HAGEMANN, Metaphys.2, S. 26 ff. —
Nach den arabischen Motakallimün bestehen die Substanzen nur aus den
von Gott beständig neu geschaffenen Akzidentien.
Die Selbständigkeit der S. betont auch DESCARTES. S. ist etwas, was zu
Existenz keines andern bedarf, was für sich zu bestehen vermag („quae
per se apta est existere", Meditat. III; „per substantiam nihil aliud intelligere
possumus, quam rem quae ita existit, ut re indigeat ad existen-
Princip. philos. I, 51). Absolute unerschaffene S. ist Gott, durch dessen
Unterstützung („ope concursus Dei") die erschaffenen Substanzen allein exi-
stieren, nämlich Geist und Körper, bzw. die denkende und ausgedehnte S.
Seele (s. d.) und Leib bilden, als „unvollständige" (incompletae) Substanzen zu-
sammen erst ein „ens per se" (Epist. I, 90; vgl. Respons. ad IV. obiect.). Wie
schon die Eleaten, PLOTIN, PSEUDO-DIONYS, DAVID VON DINANT,
G. BRUNO (Della causa V) u. a. die Einheit der göttlichen Substanz betont
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Buch Handwörterbuch der Philosophie"
Handwörterbuch der Philosophie
- Titel
- Handwörterbuch der Philosophie
- Autor
- Rudolf Eisler
- Verlag
- ERNST SIEGFRIED MITTLER UND SOHN
- Ort
- Berlin
- Datum
- 1913
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- Abmessungen
- 12.7 x 21.4 cm
- Seiten
- 807
- Schlagwörter
- Philosophie, Geisteswissenschaften, Objektivismus
- Kategorie
- Geisteswissenschaften