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684 Transzendent.
wußtseinsvorgänge geben mag"'. Dieses wird durch Gedachtwerden nicht „im-
manent". „Indem das Denken transsubjektiv gültige Bestimmungen ausspricht,
zieht es ja nicht das Transsubjektive in seinen Bereich herein: es fordert
nur, daß seine subjektiven Verknüpfungen für das Transsubjektive gelten". Es
ist ein „transsubjektives Minimum" zur Erklärung der Erfahrung zu
Wir sind subjektiv gewiß, daß der Erfahrung ein An sich zugrundeliegt (Erfah-
rung u. Denken, 1886, S. 42 ff., 188 ff.; Die Quellen der menschlichen Gewiß-
heit, 1906, S. 43 ff.). Vgl. Transzendent, Objektiv, Realität, Solipsismus.
Transzendent (transcendens, cpvoecog HERENNIUS): über
etwas hinausschreitend, etwas übersteigend, etwas überragend. Zuerst ist von
„transcendere" besonders im Sinne des die Natur (SCOTUS ERIUGENA) oder
die Vernunft (Scholastik) Übersteigens die Rede (vgl.
Sofern Gott (s. d.) als die überragend gilt, hat er Transzendenz und ebenso
transzendieren seine Vollkommenheiten alles Endliche. Größen und Funktionen,
die durch die gewöhnlichen Operationen nicht dargestellt werden können, be-
zeichnet zuerst LEIBNIZ als „transzendent".
Vor allem aber hat „transzendent" eine erkenntnistheoretische Bedeutung
(seit KANT besonders). Zu unterscheiden ist hier: 1. Das absolut Transzen-
dente, d. h. das aller Erkenntnis Entrückte, Absolute, Überräumliche
Überzeitliche, Unendliche, Überseiende. Es ist erfahrungs- und
kenntnis-transzendent, übersteigt die Grenzen möglicher
logischer Verarbeitung derselben. Begriffe und Urteile, die sich auf solche
Wesenheiten beziehen, sind absolut transzendent (z. B. der Begriff
T. in diesem Sinne ist das absolute „An sich" der Wirklichkeit, d. h. die
Wirklichkeit, wie sie unabhängig vom „Endlichkeitsstandpunkt" bestehen
mag (rein für sich oder als Inhalt eines göttlichen Universalbewußtseins).
2. Das relativ Transzendente oder das Bewußtseinstranszendente
psychologischer Art („Transsubjektive"), d. h. a) der zu postulierende
„transzendente Faktor" des Objektiven, das relative „An sich" der Dinge,
das Fürsich- oder Eigensein des Wirklichen, das fremde „Innensein" oder
Ich; b) was nicht Inhalt des individuell-subjektiven Bewußtseins ist, nicht
zu den subjektiven Erlebnissen gehört, sondern als Objekt (s. d.) und
Objektives (s. d.), als allgemeingültig Erfahr- und Denkbares gesetzt, bestimmt,
anerkannt ist, mag es auch seiner Beschaffenheit nach von der
des logischen, „transzendentalen" Bewußtseins überhaupt abhängig, also „er-
fahrungsimmanent", „Erscheinung" (s. d.) im Verhältnis zum empi-
rischen Ich, psychologischen Subjekt bleibt es (das „Transsubjektive") trans-
zendent, bildet es eine eigene, von der „subjektiven" unterschiedene „objektive"
Sphäre der Existenz (vgl. Sein, Realität, Körper).
Der ältere Dogmatismus (s. d.) hält das Erfahrungstranszendente z. Teil
(Seele, Unsterblichkeit u. a.) für erkennbar, der Kritizismus (s. d.) bestreitet
diese Erkennbarkeit. Der erkenntnistheoretische Realismus (s. d.) pflegt das
Bewußtseinstranszendente das von allem Bewußtsein Unabhängige zu
der extreme Idealismus nimmt nur ein Bewußtseinsimmanentes an (s. Immanenz),
der kritische Idealismus (s. d.) unterscheidet das psychologische
transzendente einerseits vom Subjektiven, anderseits vom „Ding an sich" und
dem Erfahrungstranszendenten. So vor allem KANT. Alle Erkenntnis bezieht
sich auf mögliche Erfahrung (s. d.) und Gegenstände solcher,
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Handwörterbuch der Philosophie
- Titel
- Handwörterbuch der Philosophie
- Autor
- Rudolf Eisler
- Verlag
- ERNST SIEGFRIED MITTLER UND SOHN
- Ort
- Berlin
- Datum
- 1913
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- Abmessungen
- 12.7 x 21.4 cm
- Seiten
- 807
- Schlagwörter
- Philosophie, Geisteswissenschaften, Objektivismus
- Kategorie
- Geisteswissenschaften