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Unendlich.
relativen Gleichgewichts durchlaufen oder innerhalb eines Partialsystems sich
stabilisieren (s. Entropie).
Die Idee der Unendlichkeit findet sich bewußt schon in der indischen
Spekulation (Rigveda 8, 69, 3) ferner bei ANAXIMANDER, nach welchem es
Unbegrenztes (s. Apeiron) gibt (vgl. Plutarch, Placita I, 3), bei den Pytha-
(s. Zahl), nach welchen die unbegrenzt ist, bei HERAKLIT
Werden), bei den nach welchen das Seiende durch nichts
begrenzt, durch sich selbst begrenzt ist (vgl. Diog. Laert. IX, 24; Aristot.,
Physik III 6, 207 a 11 f.), DEMOKRIT, nach welchem das „Leere" unbegrenzt
ist und es unzählige Atome und gibt (Diogen. Laert. IX, 44; Stobaeus
Eclog. I, 380), PLATON, nach welchem die Materie unbegrenzt (unbestimmt),
aber begrenzt Im Ganzen gilt den Griechen (bis Philon) die
Begrenzung als vollkommener denn das Grenzenlose (vgl. J. COHN, Geschichte
des Unendlichkeitsproblems I, 33). Von ARISTOTELES wird betont, daß es
kein aktual-vollendetes, verwirklichtes Unendliches gibt nur eine poten-
tielle Unendlichkeit als Prozeß ins Unbestimmte. Zahl und Zeit sind
unendlich, nicht das Räumliche, nicht die (Phys. III 4, 204 a 1 ff.; III
5, 204 a III 6, 206 a 14 Nach den ist der leere Raum un-
endlich, die begrenzt (Diogen. Laert. VII, 140), nach den Epikureern
aber gibt es unendliche (Diogen. Laert. X, 41 ff.; LUCRETIUS CARUS,
De rerum natura I, ff.; II, 80 ff.). Die Unendlichkeit Gottes lehren
PLOTIN, nach welchem die Körper ins Unendliche teilbar sind (Ennead.
II, 4, ff.; III, 7, 5).
Die Scholastiker schreiben nur Gott aktuelle (actu) Unendlichkeit,
vollendung im Geschaffenen gibt es nur potentielle (potentia) Unendlichkeit.
Ein aktuell Unendliches ist uns nicht gegeben (vgl. THOMAS VON AQUINO, Sum.
theol. I, 86, 2). Die ist endlich Zeit). — Nach
ist die grenzenlos, Gott (s. d.) aber absolut unendlich; er ist das
Maximum und Minimum, das alles Umfassende (De docta ignorantia I, 2, 12 ff.;
II, 1, 4, 8, 11). Unendlich ist nach G. BRUNO das Universum; es gibt un-
endliche (Dell infinit.; De la causa V), was auch GALILEI lehrt (vgl.
De I, 9 f.; VIII, 3). Die Unendlichkeit Gottes lehrt DESCARTES
(Respons. I). Gott ist absolut unendlich (infinit), absolut ohne Grenzen („in
quo ex parte limites Raum, Zahl u. dgl. aber sind
nur grenzenlos, „indefinit" („in quibus sub aliqua ratione non
(Respons. ad I. obiect.; Princip. philos. I, 26 f.). Das Endliche er-
kennen wir durch Einschränkung des Unendlichen (Epist. Meditat. III;
vgl. auch MALEBRANCHE, Recherche de la II, 6; III, 1, 2). SPINOZA
lehrt die absolute Unendlichkeit der göttlichen „Substanz" („ens absolute infi-
und ihrer „Attribute" (s. d.); Zahl, Maß, Zeit sind indefinit (Eth. I,
prop. VI ff.).
die Uneingeschränktheit des Fortgangs von einem Glied zum andern
setzen die U. HOBBES (Leviathan I, 3; De corpore c. 7, 11 f.), LOCKE (Essay
concern. hum. understand. II, K. 17, § 1 ff.; Konstanz des Zählverfahrens, der
Synthese). Ein abgeschlossenes U. ist uns nicht gegeben. So auch nach
LEIBNIZ, nach welchem das absolute, reale Unendliche, das jeder Zusammen-
setzung vorangeht, nur in Gott liegt. Das mathematische U. wird im Denk-
prozeß gewonnen, erzeugt, durch fortschreitende Synthese von Größen. Das
ist ins Unendliche teilbar und es sind unendlich viele Einheiten, Mo-
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Handwörterbuch der Philosophie
- Titel
- Handwörterbuch der Philosophie
- Autor
- Rudolf Eisler
- Verlag
- ERNST SIEGFRIED MITTLER UND SOHN
- Ort
- Berlin
- Datum
- 1913
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- Abmessungen
- 12.7 x 21.4 cm
- Seiten
- 807
- Schlagwörter
- Philosophie, Geisteswissenschaften, Objektivismus
- Kategorie
- Geisteswissenschaften