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Wahrheit.
Urteil dem beurteilten Vorgang entspricht, daß es ihm angemessen oder
adäquat ist". Das Urteil ist dann eine „Funktion" des Tatbestandes. Ur-
sprünglich bedeutet W. bloß biologische Nützlichkeit, „Förderlichkeit der
Maßnahmen". Es kommt dann zu einem „Urteilen auf Vorrat" und die Ein-
sicht erwächst, daß ein Urteil um so verwertbarer ist, je mehr es den Tat-
sachen entspricht (Einleit. in d. Philos. 4, 1909, S. 13 f., 58, 74, 85 ff., ff.;
5.-6. A. 1913; Der kritische Idealismus, 1905, S. 162 ff.). Den „Instru-
mentalismus" vertreten auch OSTWALD, MACH, J. SCHULTZ, G. JACOBY
(s. Pragmatismus), GOLDSCHEID, F. BODEN (s. POINCARE, MILHAUD
u. a. — Ferner der Pragmatismus (s. d.), der in verschiedenen Formen
auftritt. Urteile sind wahr, sofern sie uns theoretisch oder praktisch fördern,
uns im Denken, im Erfahrungszusammenhang, im Leben und Handeln weiter-
führen, uns die Erfahrung zweckmäßig verarbeiten, antizipieren lassen. Die
W. besteht in der Verifikation selbst, d. h. in der Funktion des am besten
Führens, im Denken und Handeln. Das Kriterium der W.
ist also der Erfolg, die zweckvolle Wirksamkeit eines Urteils, einer Annahme
in deren „Konsequenzen" für Theorie und Praxis. Wahrheit ist relativ, par-
tiell, nicht stabil, macht neuen, genaueren Wahrheiten Platz; doch gibt es sozial
erarbeitete, relativ allgemeine Wahrheiten; vgl. DEWEY, Studies in Logical
Theory, 1903, S. W. JAMES, Der Pragmatismus, 1908, S. 36 ff., 125 ff.;
F. C. S. SCHILLER, Humanismus, 1911, S. ff.; Formal Logic, 1912 (s. Huma-
nismus); BERGSON, 1910, S. 217 (s. Verstand, Intuition);
C. BRUNNER, Von dem Geistigen u. vom Volke I, 1908. — Vgl. TSCHIRN-
HAUSEN, Medicina 1695, S. f.; CHR. WOLFF, Gedanken
von Gott . . . I, § 395; RÜDIGER, De sensu veri et 1722;
Philos. Versuch, f., I, 533 ff.; BIUNDE, im Erkennen, 1831; HAGE-
MANN, Logik Noetik, 8. A. 1909; BRENTANO, Vom Ursprung sittlicher
Erkenntnis, 1889, S. 17; Psychol. 1874, I, K. 3 (s. Urteil, Anerkennen, Sein);
THRANDORFF, Was ist W.?, 1873; G. v. GLASENAPP, Zeitschr. f. Philos.,
123. Bd.; A. Z. f. Philos., 120. Bd.; POWELL, Truth and
Error, 1898; H. SIDGWICK, Mind, N. S. IX, 1900; M. SCHLICK, Das Wesen
der W. nach der modernen Logik, f. wissenschaftl. Philos.,
Bd. 34, 1910 (Wahr ist ein Urteil, „wenn es einen bestimmten Tatbestand ein-
deutig bezeichnet"); J. PETZOLDT, in die Krit. der reinen Erfahrung
II, 287 ff.; S. KIERKEGAARD, Gesammelte Werke (Diederichs, Jena; die Sub-
jektivität ist die Wahrheit, welche Sache des Glaubent, des persönlichen Gefühls
ist); R. SAITSCHICK, Quid est 1907; EUCKEN, Geistige Strömungen
der Gegenwart, 1909; J. SCHULTZ, Kantstudien XVII, 1912, S. 90 (Wahr
ist ein Satz, wenn die durch ihn erregte Erwartung bestätigt wird oder
werden könnte; „was jeder normale Erwartende bestätigt findet oder finden
H. LANZ, Das Problem der Gegenständlichkeit in der modernen
Logik, 1912 (Es gibt eine absolute, zeitlose Wahrheit, aber ist untrennbar
vom logischen, transzendentalen Bewußtsein; innerhalb des Bewußtseins gibt
es „Wahrheiten", „Sinn" und „psychische B. CROCE, Logica, 1909
(Die Begriffe der Naturwissenschaft haben nur praktischen Wert; absolute
Wahrheit hat nur die Geschichte und Philosophie); STÖCKL, Lehrbuch d.
Philos. II8, 1912; E. J. HAMILTON, Erkennen u. Schließen, 1912. — Vgl.
Falsch, Irrtum, Erkenntnis, Subjektivismus, Relation, Rationalismus, Evidenz,
Fürwahrhalten, Glaube, Gewißheit, Geltung, Voluntarismus, Skeptizismus.
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Handwörterbuch der Philosophie
- Titel
- Handwörterbuch der Philosophie
- Autor
- Rudolf Eisler
- Verlag
- ERNST SIEGFRIED MITTLER UND SOHN
- Ort
- Berlin
- Datum
- 1913
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- Abmessungen
- 12.7 x 21.4 cm
- Seiten
- 807
- Schlagwörter
- Philosophie, Geisteswissenschaften, Objektivismus
- Kategorie
- Geisteswissenschaften