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Handwörterbuch der Philosophie
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742 Wahrheit — Wahrnehmung. Wahrheit, doppelte, s. Wissen. Wahrnehmung perceptio), „äußere" bedeutet sowohl den Vorgang, Prozeß des Wahrnehmens als auch die Wahr- nehmungsvorstellung oder den Inhalt einer solchen. Die W. ist als die Synthese einer Mannigfaltigkeit von Empfindungsqualitäten zu Gebilden, an welchen auch reproduzierte Elemente beteiligt sind, vermöge deren sie entsprechend gedeutet, auf bestimmte Gegenstände (Dinge oder Vorgänge) unmittelbar bezogen werden. Die W. ist also mehr als bloße Empfindung, sie ist das Erzeugnis reaktiver, durch Reize (bzw. diesen Empfin- dungen) ausgelöster psychischer Arbeit, der eine physiologische Koordination im Gehirn entspricht und bei der sich das Bewußtsein „selektiv" (s. Selektion), gliedernd, verbindend, ordnend verhält. Die W. als Gebilde, Inhalt hat un- mittelbar objektive Bedeutung, wird als etwas Gegenständliches aufgefaßt, als etwas, wodurch wir ein von unserer Tätigkeit unterschiedenes Etwas erkennen; aber erst die Reflexion scheidet urteilsmäßig zwischen dem inhalt und dem Gegenstand selbst, als dessen Repräsentanten, Zeichen (zuerst als „Bild") sie jenen auffaßt, nachdem die Abhängigkeit des unmittelbaren Inhalts vom erlebenden Subjekt erkannt worden ist. Das Denken der Wissen- schaft geht über die unmittelbare W. der Objekte hinaus zu begrifflich fixierten, allgemeingültigen, gesetzlichen Zusammenhängen und Relationen, auf welche jede W. symbolisch hinweist (s. Ding, Objekt, Realität, Transzendent). Die W. wird in der antiken Philosophie zuerst als Aufnahme von Ein- drücken der Dinge durch die Seele bestimmt (s. Empfindung). So von EMPE- DOKLES, nach welchem die Seele Gleichartiges durch Gleichartiges (z. B. Wärme durch Wärme) empfindet xov xcp Aristot., De anima I, 2; durch Ungleichartiges nach ANAXAGORAS und ARISTOTELES), DEMOKRIT, nach welchem von den Dingen „Bilderehen" ausgehen (Diogen. Laert. IX, 48). Nach ARISTOTELES hingegen beruht die W. auf einer Verwirklichung des sowohl im als in der Seele der Potenz nach Vorhandenen und auf „Verähnlichung" des Wahrnehmenden, indem dieser die „Form" des Wahrnehmungsobjektes ohne dessen Materie annimmt (xb xcov eldcov xfjg De anima II 12, 424 a 17 f.; 418 a 417 a 6; III 1, 425 b 26 f.). Ähnlich lehren viele Scholastiker (s. species), z. Teil aber mit Annäherung an Demokrit (HEINRICH VON GENT U. a.). Betreffs der (gegen diese: PLOTIN, Ennead. IV, 6, 1 f.) s. Vorstellung. Als unmittelbare Beziehung der (durch die Dinge in der Seele, bzw. im Gehirn ausgelösten) Zustände, Empfindungen auf ein Objekt bestimmen die W. WILHELM VON OCCAM, DESCARTES anim. 1, 23), LOCKE (Essay hum. understand. II, K. 8, § 11 f.), KANT (Krit. d. rein. Vern., S. 130; s. Anschauungsform) u. a., UPHUES (Wahrnehmung u. Empfindung, S. V, 3 ff.; Psychol. d. Erkennens I, 157 ff.: W. als „Gegenstandsbewußtsein"), H. (Das Wahrnehmungsproblem, 1892, S. 370 ff.) u. a. — Ein Denken, ein (Existential-) Urteil enthält (implizite, nicht formuliert) die W. nach NICOLAUS CUSANUS, CAMPANELLA, DE CROUSAZ, REID, der zwischen (objektiver) „perception" und (subjektiver) „Sensation" unterscheidet (Enquiry VI, 20; so auch TH. HAMILTON, MAINE DE SPENCER, BERGSON U. a.), JACOBI, FICHTE (WW. I 2, 547), SCHOPENHAUER (S. schauung), BOLZANO (Wissenschaftslehre, I, S. 161), JESSEN, W.
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Handwörterbuch der Philosophie
Titel
Handwörterbuch der Philosophie
Autor
Rudolf Eisler
Verlag
ERNST SIEGFRIED MITTLER UND SOHN
Ort
Berlin
Datum
1913
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC 3.0
Abmessungen
12.7 x 21.4 cm
Seiten
807
Schlagwörter
Philosophie, Geisteswissenschaften, Objektivismus
Kategorie
Geisteswissenschaften
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