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Wechselwirkung. 749
die Folge den Grund bestimmt, macht sie mit diesem ein Ganzes aus. Die
dritte apriorisch gültige „Analogie" (s. d.) lautet: „Alle Substanzen, sofern sie
sind, stehen in durchgängiger Gemeinschaft (d. i. Wechselwirkung
untereinander." Oder (2. Aufl.): „Alle Substanzen, sofern sie im als
zugleich wahrgenommen werden können, sind in durchgängiger Wechsel-
wirkung." Die Kategorie der W., der „wechselseitigen Folge der Be-
stimmungen" der zugleich existierenden Dinge ist für die objektive Grundlage
der wechselseitigen Folgen der Wahrnehmungen konstituierend: Das
der Substanzen im kann nur unter der Voraussetzung einer
Wechselwirkung derselben untereinander erkannt werden und so ist die W.
Bedingung der Dinge selbst als Gegenstände der Erfahrung (Krit. d. rein.
Vern., S. 196 ff.). Daß alle Kausalität W. ist, betont SCHELLING (System
d. transzendental. Idealismus, S. 228; vgl. HEGEL, Enzyklop., § 154 ff.).
Eine direkte W. der Dinge bestreiten die (s. d,) und
LEIBNIZ (S. Harmonie). Nach LOTZE ist die W. der Dinge durch die unend-
liche Substanz vermittelt, deren Modifikationen sie sind (Mikrokosm. 482,
384). Es wirkt je ein innerer Zustand des einen Dinges auf die innere Natur
des andern; die Änderung der Lage und Bewegung ist nur eine „Erscheinungs-
dieses innern Verhaltens (Medizin. 1851, S. 203; vgl. HER-
BART; „Real").
Eine psychophysische W. nehmen an DESCARTES (aber nur mittelbar,
mit der Assistenz Gottes), nach welchem die Seele nur die Richtung der Be-
wegung (ohne Energieaufwand) ändern kann (Respons. ad IV. obiect.; dagegen
LEIBNIZ; S. Richtung; ähnlich VOLKMANN, E. V. HARTMANN, Die moderne
Psychol., S. 354 f., die Seele wirkt senkrecht zur Richtung der Bewegung,
drehend), GÜNTHER, LOTZE (Mikrokosm. 308 ff.), J. H. FICHTE, HORWICZ,
H. SIGWART (Logik II2, 1889/93, 571, 4. A. 1911), JERUSALEM (Die
Urteilsfunktion, 1895, S. 261 f.), REINKE, DYROFF, PFÄNDER (Ein-
in d. Psychol., 1904), JAMES U. a. Psychische Funktionen können neben
der psychischen noch eine physische Wirkung, oder physische Wirkungen neben
physischen noch eine psychische Ursache haben nach STUMPF (Leib u. Seele2,
1903, S. 26), ERHARDT (Die Wechselwirkung zwischen Leib u. Seele, 1897,
S. 85, 94), REHMKE (Allgem. 1905, S. 110 ff.), WENTSCHER (Zeitschr.
f. Philos., 117. Bd.; Über phys. u. psych. Kausalität, 1896) u. a. Nach
manchen kann physische Energie durch psychische Vorgänge erzeugt oder doch
ausgelöst werden (STUMPF, BUSSE, Geist u. Körper, 1903, S. 387 ff.; KÜLPE,
Einleit. in die Philos.2, 1897, S. 114; vgl. 4. A. 1907, S. 196 ff.; WENTSCHER:
Auslösung potentieller Energie ohne Energieaufwand möglich; vgl. DRIESCH
unter „Entelechie"). Nach E. BECHER stehen materielle Dinge an sich mit
unserem Seelenleben in Wechselwirkung. Die prinzipiell möglichen Er-
scheinungen der Dinge gehen diesen parallel (Gehirn u. Seele, 1911). Nach
REHMKE besteht weder eigentliche W. noch Parallelismus, sondern ein „Wirken
des Leibes auf die Seele und Wirken der Seele auf den Leib" (vgl. Wechsel-
wirkung oder Parallelismus, 1902). — Vgl. L. BUSSE, Zeitschr. f. Philos.,
Bd. 114, 1889; Bd 116, 1900; Die Wechselwirkung zwischen Leib u. Seele,
1900; RICKERT, Psychophys. Kausalität u. psychophys. Parallelismus, 1900
(Sigwart-Festschrift); HÖFLER, Die metaphys. Theorien von Leib u. Seele,
1897; A. MÜLLER, Zeitschr. f. Psychol., 47. u. 49. Bd.; E. BECHER, 1. c. 45.,
46., 48. Bd.; EISLER, Leib u. Seele, 1906; Geist u. Körper, 1911.
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Handwörterbuch der Philosophie
- Titel
- Handwörterbuch der Philosophie
- Autor
- Rudolf Eisler
- Verlag
- ERNST SIEGFRIED MITTLER UND SOHN
- Ort
- Berlin
- Datum
- 1913
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- Abmessungen
- 12.7 x 21.4 cm
- Seiten
- 807
- Schlagwörter
- Philosophie, Geisteswissenschaften, Objektivismus
- Kategorie
- Geisteswissenschaften