Seite - 9 - in Heraldischer Atlas - Eine Sammlung von heraldischen Musterblättern für Künstler, Gewerbetreibende, sowie für Freunde der Wappenkunde
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Der Schild bestand aus Holz, mit Leinwand oder
Leder überzogen, die Figuren mitunter erhaben gepresst
und mit Farbe bemalt. Die Lederplastik stand in der
frühen Zeit des Mittelalters auf einer sehr hohen Stufe.
Das Leder wurde in Oel gesotten, gepresst oder in
Model geschlagen. Ausser der Stockung und der Leder-
plastik verwendete man noch die Leinwandpressung
([.einen in Kreide und Leim getaucht) und eine Art
Temperamalerei auf Kreidegrund. Nachdem der Schild
mit seinem Bilde geschmückt war, wurde er oft noch
mit Metallspangen verstärkt, besonders an jenen Orten,
die zumeist den gegnerischen Hieben und Stössen aus-
gesetzt waren. Die Spangen und Nägel, die in der einen solchen Teil aufwärts auf die Lotrechte AB. Durch
diesen Teilungspunkt E zieht man eine Parallele zu CD. Man
nimmt dann die ganzen sechs Teile in den Zirkel und beschreibt
von 3 und III aus Bögen, bis sie die obere Horizontale schneiden.
Auf diese Art erhält man einen Dreieckschild mit ausge-
schweiften Seiten.
l'ig- 39- Hier benützt man dieselbe Konstruktionsweise,
nur mit dem Unterschiede, dass man statt ein Drittel, zwei
Drittel nach oben (E) überträgt und die Bögen von i und I
aus beschreibt. Die obere Horizontale wird durch senkrechte
Gerade mit den Punkten 3 und III in Verbindung gesetzt.
Fig. 36. Schild des Landgrafen Konrad von Thüringen (t 1241).
Zeit der lebenden Heraldik keinen anderen Zweck
hatten als den Schild fester und haltbarer zu machen,
wurden später ihrem Wesen nach verkannt, als wirk-
liche Wappenbilder aufgegriffen und festgehalten und
in erbliche Bilder verwandelt. Die Leisten, mit denen
der Rand des Schildes eingefasst wurde, nannte man
das »Schildgestell«, die in der Mitte des Schildes an-
gebrachte metallene Kapsel den »Buckel« oder »Umbo«
(siehe bei Fig. 35), von dem oft radialgeordnete Metall-
spangen bis zum Rande des Schildes reichten. Diese
letztere Art der Schildverstärkung nannte man das
»Buckeiris« (Buckelreis), eine Figur, die später häutig
zu einem Wappenbilde wurde und unter dem Namen
»Lilienhaspel oder Glevenrad« (siehe Taf. VII, Fig. 57
und Taf. LXIX, Fig. 4) bekannt ist.
Die verschiedenen Formen der Dreieckschilde zeigt
Taf. V, Fig. 1—4. Die geometrischen Konstruktionen
dieser Schildformen seien hier angeschlossen.
Fig. 37. Man trägt längs einer Vertikalen vier gleiche
Teile auf: o—1 — 2 — 3—4, und zieht durch den Punkt 1 eine
Horizontale, beschreibt mit der ZirkelöfTnung 4—0 von 4 aus
einem Bogen, der die Horizontale in den Punkten A und B
schneidet. Von diesen Punkten beschreibt man mit der Zirkel-
öffnung A —4 und B — 4 weitere Bögen, die nun die Seiten
des Schildes C —4 —D bilden.
Fig. 38. Man zieht zwei sich rechtwinklig schneidende
Gerade AB und CD, trägt von deren Schnittpunkte rechts
und links drei gleiche Teile auf 1—2—3, und I—II—III sowie Fig. 38.
Soll der Schild eine schlankere Form erhalten,
so trägt man auf einer Senkrechten 9 gleiche Teile auf,
zieht mit der Zirkelöffnung von 4 Teilen vom oberen
Endpunkte und mit 6 Teilen vom unteren Endpunkte
der Senkrechten Halbkreise; die Schnittpunkte dieser
Bögen geben die Centren für die Seitenbögen des
Dreieckschildes, dessen Oberrand, 8 Teile lang, durch
den oberen Endpunkt der Senkrechten lauft.
Fig. 39- Fig. 40.
Aus dieser Spätform des Dreieckschildes ent-
wickelte sich durch Abrundung der Spitze der halb-
runde Schild, Tafel V, Fig. 5, fälschlich »spanischer«
Schild genannt. Seine Entstehung gehört der ersten
Hälfte des XV. Jahrhunderts an.
Fig. 40. Man setzt zwei gleich grosse Quadrate an die
Seite der Vertikalen AB auf die Horizontale CD, nimmt die
Länge der Diagonalen GH in den Zirkel und trägt diese Grösse
von E nach F auf, halbiert die Distanz FG in O und beschreibt
von diesem Punkte mit der Länge einer Ouadratseite den
Bogen mBn, den man mit den Quadratseiten durch Gerade
verbindet.
Mit der zweiten Hälfte des XIV. Jahrhunderts
kommt bei den Turnieren mit Stangen, dem »Gestech«,
der Stech- oder Rennschild, die Tartsclie, auch der
»Tartscher« genannt, in Gebrauch und aus dieser
Schildgattung entwickeln sich im Laufe der Zeit die
mannigfachsten Formen. Siehe Taf. V, Fig. 6—12
Die Tartschen waren bedeutend klei-
ner als die Dreieckschilde (circa 1ju
Manneshöhe) concav ausgebogen und
trugen an jener Seite, die dem rechten
Arme des Ritters zugekehrt war, einen
runden Ausschnitt, die »Speerruhe«,
zum Anlegen der Rennstange. Die
spätere Wappenzierkunst wiederholte
symmetrisch die Speerruhe auch auf der
linken Seite des Schildes und ver-
wandelte dadurch den Gebrauchs-
schild in einen Zierschild.
Jedes Land hat mehr oder weniger
seine nationalen Schildformen, so z. B.
Italien den Rossstirnschild (Taf. XVII, Fig. 25, Taf. LVIII,
Fig. 5 u. s. w.), den eiförmigen Schild (Taf. LV1I1,
Fig. 1 und 2); England den Eisenhutschild F"ig. 41
Fig. 41. Wappen des
Dichters William
Shakespeare (t 1616).
(In Gold ein schwarzer
Schrügrechtsbalken
belegt mit einem gol-
denen Speer.)
Fig. 37.
Heraldischer Atlas
Eine Sammlung von heraldischen Musterblättern für Künstler, Gewerbetreibende, sowie für Freunde der Wappenkunde
- Titel
- Heraldischer Atlas
- Untertitel
- Eine Sammlung von heraldischen Musterblättern für Künstler, Gewerbetreibende, sowie für Freunde der Wappenkunde
- Autor
- H. G. Ströhl
- Verlag
- Julius Hoffmann
- Ort
- Stuttgart
- Datum
- 1899
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 22.6 x 33.6 cm
- Seiten
- 284
- Schlagwörter
- Heraldik, Heroldskunst, Wappenkunst
- Kategorie
- Lexika