Seite - 13 - in Heraldischer Atlas - Eine Sammlung von heraldischen Musterblättern für Künstler, Gewerbetreibende, sowie für Freunde der Wappenkunde
Bild der Seite - 13 -
Text der Seite - 13 -
1896, dem 25. Jahrestage der Gründung des neuen
Deutschen Reiches geadelten preussischen Offiziere im
purpurroten Schildhaupte den preussischen Scepter mit
einem Schwerte schräg aufwärts gekreuzt, und von
zwei grünen Eichenzweigen durchflochten. (Fig. 63,
siehe auch Taf. LXV Fig. 5) u. s. w. Ehrenbeizeichen
wurden auch von einzelnen Republiken verliehen, so
erhielten ein Zweig der Ubaldini und auch einer der
Medici das italienische Zeichen der »popolarita«, eine
silberne Scheibe mit rotem Kreuze. Die Republik
Lucca setzte einigen beim Volke beliebten Geschlechtern
das goldene »L1BERTAS« aus dem Wappen der Repu-
blik in den Schild, u. s. w.
Die Parteizeichen wurden nicht verliehen, sondern
von den Parteigängern, Familien und Städten, selbst
in ihre Wappen aufgenommen, ein Gebrauch, der be-
sonders in Italien im Schwünge war. So führten die
kaiserlich Gesinnten, die Ghibellinen, den ein- oder auch
zweiköpfigen, gekrönten oder ungekrönten schwarzen
Adler im goldenen Schildeshaupte [Capo dell' Imperio],
während die päpstliche Partei, die Guelfen, die An-
hänger der Anjou, ein blaues Schildhaupt mit einem
vierlätzigen, roten Turnierkragen über drei goldenen
Lilien oder auch die Lilien allein in ihr Wappen auf-
nahmen [Capo d'Angiö]. Siehe Taf. XVII Fig. 23
und 24.
Der Träger des Oberwappens, der heraldische
Helm, ist jünger wie der Schild und seine Gestalt ist
ebensolchen Wandlungen unterworfen wie die des
Schildes. Die Entwicklung der Helmformen bringt
Tafel XI. zur Anschauung und den dort gegebenen Er-
läuterungen seien hier noch einige Notizen angefügt.
Die Augenschlitze (Helmfenster) der Topf- und Kiibel-
helme laufen entweder in einer Spalte, oder sind ge-
trennt angebracht; hie und da wird auch die durch-
laufende Spalte mittelst einer aufgenieteten Spange
in zwei Teile zerlegt. (Siehe Taf. XXII Fig. 13, 14,
19.) Am Unterteile des Helmes erscheint weiters eine
kleine kreuzförmige Oeffnung, die zum Durchzuge einer
Kette diente, mit welcher der Helm mit der Brust-
platte in Verbindung gesetzt wurde, um das Herabfallen
und den Verlust des Helmes so viel als möglich zu
hindern. Ausser diesem Kreuzloche besitzen manche
Helme noch eine Anzahl kleinerer Löcher, die Mehr-
zahl auf der rechten Seitenwand des Helmes, um dem
Träger Luft zuzuführen.
Die Stech- und Spangenhelme, die nur im Turniere
getragen wurden, zeigen am Scheitel und an der
hinteren Helmwand ebenfalls eine Anzahl von Oeff-
nungen, die hauptsächlich zur Befestigung des Kleinodes,
der Helmdecke u. s. w. dienten. Um den Hals der
Spangenhelme schliesst sich öfter eine Kette mit an-
hängendem »Halskleinod« oder »Monile«, dem Zeichen
einer Turniergesellschaft, eines Ritterbundes etc. Das
Monile ist daher nicht jedem Spangenhelme absolut
beizugeben, wie aus der Natur der Sache von selbst
hervorgeht. Die Helme werden stahlfarbig oder auch
silbern tingiert, gewöhnlich rotgefüttert und bei Spangen-
helmen die Spangen meist vergoldet. Die offenen
Königshelme, z. B. im preussischen Staatswappen u. s. w.,
mitunter auch die Helme in den Wappen alter, grosser
Dynastengeschlechter werden ganz in Gold dargestellt.
Die französische und englische Heraldik benützt den
Wappenhelm auch zur Kennzeichnung des Ranges (siehe
Taf. LXI), ein Auswuchs der heraldischen Korrumption,
von dem die deutsche Heraldik zu ihrem Glück befreit
blieb. Sie machte seiner Zeit nur insoferne in dieser
Weise von dem Helme Gebrauch, als sie dem Spangen-
helme eine höhere Stellung zuwies. Der Spangen- oder
offene Turnierhelm wurde ursprünglich nur von dem
turnierfähigen Adel zu seinen Wappenbildern benützt.
Gegen das Ende des XV. Jahrhunderts jedoch kam er
auch in die Wappen der Angehörigen des niederen Briefadels und verblieb daselbst trotz der heftigsten
Proteste der Turniergeschlechter, die sich dadurch in
ihren Vorrechten verkürzt fühlten. Der Stechhelm
sank allmählich zum bürgerlichen Wappenhelm herab,
er wurde minderwertig, trotzdem er in alter Zeit von
den ersten Geschlechtern in ihren Wappen geführt
worden war. (Siehe die Tafeln XXIII—XXX.)
Der Topf- und Kübelhelm gehört zum Dreieck-
schilde, der Topfhelm auf grossen, der Kübelhelm auf
verhältnismässig kleinen Schild gestellt. Der Schild
wurde in jener frühen Zeit zumeist geneigt dargestellt,
den Helm auf dem durch die Neigung erhöhten Schild-
eck tragend, und dabei jener
Seite zugewendet, nach welcher
der Schild geneigt war.
Die geneigte Stellung des
Schildes im Wappen war der
Natur abgelauscht, wo auch
der Schild, an der Schildfessel
hängend, nur in geneigter Lage
seine Stabilität erhielt. Zur
Zeit des Topfhelmes finden sich
aber auch sehr häufig Dar-
stellungen, wo der Helm trotz
der Neigung des Schildes nach
vorwärts sieht. Siehe die
Figuren 64 und 65.
Wappen der Herren von
Stein, (Schwaben): in Gold drei
gestürzte, schwarze Wolfsangeln
übereinander. Der Topfhelm
, ,, V, , Fig. 64. Wappen der Herren
mit schwarz-goldener Decke v. Stein,
trägt als Kleinod eine aufrechte
Figur des Schildes, die Spitzen mit Pfauenfederbüschen
besteckt.
Wappen der Freiherren von Münsterol (Montreux):
innerhalb eines roten Dornenbogenbords in Gold ein
schwarzer Löwe. Der Kiibelhelm mit schwarz-goldener
Decke trägt als Kleinod einen mit den Vorderpranken
auf dem Helm, mit den Hinterpranken auf der Decke
stehenden schwarzen Löwen. Eine ähnliche Stellung
des Löwen findet sich im Wappen der Grafen de la
Fontaine et Harnoncourt.
Der Helm wird stets
so auf den Schild gestellt,
dass sein Unterrand etwas
über den Schildrand
reicht, der Helm mit dem
Schilde körperlich in Ver-
bindung bleibt. Die rhein-
ländische Heraldik trennt
zwar die beiden, verbin-
det sie aber mit der Schild-
fessel oder mit Helm-
schnüre, so dass die Zu-
sammengehörigkeit von
Schild und Helm dadurch
zum Ausdrucke kommt.
(Siehe Taf. LXIX Fig.
1, 2 u. 4.)
Dem Stech- und
Spangenhelm entspricht
der halbrunde Schild und die Tartsche, bei denen eine
geneigte Stellung nicht mehr so unbedingt vorge-
schrieben ist. Die Speerruhe der Tartsche befindet sich
stets auf jener Seite des Schildes, nach welcher dieser
geneigt ist.
Einem Schilde entspricht natürlich auch nur ein
Helm und Abweichungen von dieser Regel sind in der
guten Zeit der Heraldik sehr selten nachzuweisen.
(Siehe Taf. VIII Text bei Fig. 4, Taf. XXV Fig. 4.)
Die Spätzeit der Heraldik, namentlich das XVII. und
XVIII. Jahrhundert, vermehrte die Helme auf den
Fig. 65. Wappen der Freiherren
von Münsterol.
Heraldischer Atlas
Eine Sammlung von heraldischen Musterblättern für Künstler, Gewerbetreibende, sowie für Freunde der Wappenkunde
- Titel
- Heraldischer Atlas
- Untertitel
- Eine Sammlung von heraldischen Musterblättern für Künstler, Gewerbetreibende, sowie für Freunde der Wappenkunde
- Autor
- H. G. Ströhl
- Verlag
- Julius Hoffmann
- Ort
- Stuttgart
- Datum
- 1899
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 22.6 x 33.6 cm
- Seiten
- 284
- Schlagwörter
- Heraldik, Heroldskunst, Wappenkunst
- Kategorie
- Lexika