Seite - 15 - in Heraldischer Atlas - Eine Sammlung von heraldischen Musterblättern für Künstler, Gewerbetreibende, sowie für Freunde der Wappenkunde
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Fig. 67. Von der Kückseite des Münzsiegels
König Christophs II. von Dänemark. 1321.
als »Elephantenrüssel« Veranlassung gab. (Siehe Taf.
XXIX Fig. 6 u. 11.)
Die Hörner wurden mit Federn, Fähnchen, Blätter-
zweigen, Ballen oder Kugeln, mit Kämmen u. s. w
geschmückt und die Mundlöcher ebenfalls mit derartiger
Zier besteckt. (Siehe die Taf. XI Fig. 2, XIX Fig. 21,
XX Fig. 8, XXIII Fig. 2, XXIX Fig. 6, XXXI Fig. 2,
XXXIV Fig. 4 u. s. w.)
Die Flügel (ein Flügelpaar wird »Flug« genannt)
bestanden der Hauptsache nach aus hölzernen oder
geflochtenen Lei-
sten, in welche
naturfarbene oder
gefärbte Federn
gesteckt wurden,
oder auch aus be-
malten in Flügel-
form zugeschnit-
tenen Brettchen.
(Siehe Taf. XXIV
Fig. 5, XXXIX
Fig. 5, 20 u. 22.)
Auch die Flü-
gel wurden sehr
häufig mit an ge-
öhrten Stiften frei
beweglichen Me-
tallblättchen geschmückt. (Siehe Taf. XI Fig. 19,
XXII Fig. 18, XXVII Fig. 1, XXVIII Fig. 4. u. 5, XXX
Fig. 1 u. s. w.)
Wirkliche Vogelflügel durften zur Zeit der lebenden
Heraldik wohl kaum verwendet worden sein, erst die
Wappenzierkunst, die keine Rücksicht auf Befestigung
und Dauerhaftigkeit des Kleinodes zu nehmen hatte,
kopierte den Flügel nach der Natur. Steht der Helm
nach vorwärts gekehrt, so erscheint zumeist ein offener
Flug (Taf. XLI, Fig. 5), ist aber der Helm zur'Seite
gewendet, so trägt er gewöhnlich einen geschlossenen
Flug. (Taf. XXIV Fig. 3.)
Menschen- und Tierfiguren wurden wie im Schilde
so auch auf dem Helme als wappenmässiger Schmuck
getragen und finden sich derartige Kleinode bereits
im XIV. Jahrhunderte sehr häufig vor. Anfangs trug
man meist die Köpfe allein, später kamen schwanen-
artige Hälse dazu, dann emporwachsende Rümpfe, ohne
Arme oder Fiisse, die Arme durch aufgesetzte Rosen
Sterne, Hörner etc. ersetzt. (Taf. XL Fig. 7, XLI
Fig. 7.) Erst in späterer Zeit findet man menschliche
Figuren, vollkommen ausgewachsen, mit den Füssen
auf dem Helme herumsp l^zieren.
»Wachsende« , d. h. bis zur Hälfte erscheinende
Tierfiguren wurden häufig mit über den Rücken hinab-
laufenden Kämmen ge-
schmückt, die wieder mit
Federn, Blättern, Ballen u. s.
w. besteckt wurden. (Siehe
Taf. XIX Fig. 18, XX Fig.
3, 6, XXI Fig. 5, XXVI
Fig. 4, XXXII Fig. 3 u. s. w.)
Ein sehr altes Kleinod
ist der Fächer »waele« ge-
nannt, dessen Ränder oder
Spitzen wieder mit Federn,
Ballen etc. besteckt wurden.
(Fig. 68 und Taf. LXII Fig. 9.)
Wappen der Schaler: in
Rot ein silberner Rauten-
rechtsschrägbalken. Als Klei-
nod dient ein mit Pfauen-
federn besteckter Fächer, auf
dem sich das Schildbild
wiederholt. Die Schaler erloschen 1569.
Mit dem Fächer verwandt ist das Schirmbrett, auf
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Fig. 68.
Wappen der Schaler (Basel).
(Aus der Züricher Wappen-
rolle.) dem sich gewöhnlich das Schildbild wiederholt. (Siehe
Text zur Taf. X Fig. 13.)
Kleinode, die gewissermassen nur als Unterlage
für sich wiederholende Schildbilder, oder auch ganz
neuer Wappenfiguren dienen, bezeichnen die Heraldiker
mit dem Ausdrucke »Hilfskleinode«, zu denen der Flug,
der Fächer, das Schirmbrett, der Köcher u. a. zu
zählen sind. Auch der sogenannte »Beutelstand«, ein
stehendes Kissen (siehe Taf. XXXIX Fig. 9), wird zu
den Hilfskleinoden gerechnet. Die Tafeln des Atlasses
bringen eine grosse Zahl der verschiedenartigsten Helm-
kleinode zur Anschauung. —
Das Kleinod ist stets im festen Zusammenhange
mit dem Helme aufzureissen; eine schwebende Helm-
zierde, wie sie die moderne englische Heraldik kennt
(siehe Taf. XIV Fig. 2, 3 u. 9), ist unnatürlich und
widerspricht der Bestimmung des Kleinodes. Weil
nun das Kleinod mit dem Helme im festen Zusammen-
hange steht, folgt von selbst, dass das Kleinod sich
gleichzeitig auch mit dem Helme dreht, wenn dieser
sich nach rechts oder links wendet. Bei Kleinoden
die nur in einer Seitenansicht ein gutes, deutliches
Bild geben, wie z. B. der Greif, das Pferd und andere
Tierfiguren etc., ist auch der ein solches Kleinod
tragende Helm entsprechend zu drehen, so dass er
zumindest im Dreiviertelprofile sichtbar wird. —
So wie mehrere Wappenschilde zu einem Schilde
sich vereinen lassen, ebenso können auch mehrere
Kleinode auf einem Helme zusammengestellt werden,
sobald ihre Formen dies erlauben. So kann z. B. eine
Figur zwischen Hörner oder innerhalb eines Fluges an-
gebracht werden (siehe Taf. XLV Fig. 4, LIII Fig. 10),
oder die Kleinode können nebeneinander (siehe Taf.
XLII Fig. 2), oder eines hinter das andere gestellt werden.
Die Grössenverhältnisse zwischen Schild, Helm und
Kleinod sind beiläufig folgende:
Schild, Topf helm und Kleinod = 2:1 : 1
Schild, Kübelhelm und Kleinod = 3:2 l/a '-2
Schild, Stechhelm und Kleinod = 5:4 :6
Bei dem letzten Verhältnisse fällt also die Mitte des
ganzen Wappens so ziemlich mit der Halsmitte des
Helmes zusammen.
Die Helmdecke ist wahrscheinlich so alt wie der
Helm und hatte keine andere Bestimmung als durch
ihre Farbe und Drapierung die äussere Erscheinung
des Ritters noch glanzvoller zu gestalten und den
Uebergang von den bewegten Linien des Kleinodes
zu den starren Linien des Helmes zu vermitteln.
Sie erscheint anfangs kurz und mehr oder weniger
viereckig (siehe Taf. XXII), wird aber später immer
länger, an den Rändern eingeschnitten (gezaddelt), die
Enden mit Quasten, Schellen etc. besetzt, überhaupt
immer reicher und bewegter in der Form. Im XV.
Jahrhunderte teilt sich die Decke in einzelne sich
überschlagende Streifen, bis sie endlich im XVI. Jahr-
hunderte sich zum reinen Blattornamente ausbildet, so
dass das ursprüngliche Material, das Tuch, nicht mehr
zu erkennen ist. Der Atlas bringt eine grosse Menge
von Helmdecken in allen möglichen Formen zur Dar-
stellung. Die schönsten Decken lieferte die Zeit der
Gotik, besonders die zweite Hälfte des XV. Jahr-
hunderts. Die Renaissance, in erster Linie die italie-
nische Heroldskunst, nahm die Abspitzungen des
Akanthusblattes zum Vorbilde und verwandelte die
Tuchstreifen in verschlungene Laubranken, die in der
Verfallszeit sich zu einem unentwirrbaren Knäuel zu-
sammenballten.
Die Helmdecke war in alter Zeit einfärbig, wie
sie z. B. in den Bildern der Züricher Wappenrolle
(Taf. XX, XXI) und in Gelre's Wappenbuche (Taf. XXII)
zu sehen ist, zumeist ohne Bezugnahme auf die Tink-
turen des Schildes, die erst um die Mitte des XIV.
Jahrhunderts sich auf die Decke des Helmes über-
Heraldischer Atlas
Eine Sammlung von heraldischen Musterblättern für Künstler, Gewerbetreibende, sowie für Freunde der Wappenkunde
- Titel
- Heraldischer Atlas
- Untertitel
- Eine Sammlung von heraldischen Musterblättern für Künstler, Gewerbetreibende, sowie für Freunde der Wappenkunde
- Autor
- H. G. Ströhl
- Verlag
- Julius Hoffmann
- Ort
- Stuttgart
- Datum
- 1899
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 22.6 x 33.6 cm
- Seiten
- 284
- Schlagwörter
- Heraldik, Heroldskunst, Wappenkunst
- Kategorie
- Lexika