Seite - 16 - in Heraldischer Atlas - Eine Sammlung von heraldischen Musterblättern für Künstler, Gewerbetreibende, sowie für Freunde der Wappenkunde
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tragen. Auch hier gilt die Regel von Metall und
Farbe, d. h. wenn die Decke aussen Farbe zeigt, soll
sie nicht mit Farbe, sondern mit Metall gefüttert werden.
Gewöhnlich ist das Futter der Decke mit Metall tingiert,
doch ist dies nicht als feststehende Regel zu be-
trachten. So linden sich bei Kleinoden, die Tier- oder
Menschenfiguren darstellen und deren Körperhülsen
oder Bekleidungen direkt in die Helmdecken über-
gehen, sehr oft die Decken aussen mit Gold oder Silber
tingiert, je nachdem die Kleinode golden oder silbern
sind. Etwas seltener ist die Dekoration der Decke mit
Figuren in Form von Streumustern (siehe Taf. XXII
Fig. 18, XXVII Fig. i, XXVIII Fig. i, XXX Fig. i),
oder von ganzen Schildbildern (siehe Taf. XXII Fig.
5, 12, 14 und 16).
Die Tinkturen der Helmdecke korrespondieren ge-
wöhnlich mit den Haupttinkturen des Schildes, doch
kommen auch viele Ausnahmen vor, so dass auch dieser
Zusammenhang nicht als Regel zu betrachten ist. Bei
einer Wappenvereinigung, wo auch die Kleinode auf
einem Helme vereint werden, kann diese Zusammen-
ziehung auch auf der Decke zum Ausdrucke gebracht
werden, indem die rechtsseitigen Deckenstreifen die
Tinkturen des ersten, die linksseitigen die des zweiten
Wappens tragen. Eine durch nichts begründete Bunt-
färbigkeit der Decke bei einem einfachen Wappen wäre
stets zu vermeiden.
Aus der Helmdecke entwickelte sich durch Auf-
binden ihrer Endteile der Helmmantel, auch »alt-
fränkische« Decke genannt. (Siehe Taf. XXXV Fig.
5 u. 6, LIII Fig. 19 u. 22.)
Nicht immer geht die Hülle des Kleinodes direkt
in die Decke über, was die beste Art der Verbindung
wäre, sondern die Figur wächst aus einer Krone oder
einem gedrehten Wulste oder Pausch empor.
Die Helmkrone ist ein einfacher Reif mit blatt-
artigen Aufsätzen (Laubkrone), ursprünglich ganz glatt,
später auch mit Edelsteinen besetzt. In der ersten
Hälfte des XIII. Jahrhunderts führten die Könige die
Laubkronen als Zeichen ihrer Würde am Helme, in
der zweiten Hälfte tritt zur Krone noch das Helm-
kleinod hinzu. Am Ende des XIII. Jahrhunderts findet
sich aber die Krone selbst als Kleinod.
»Sin zimierdc, div ist reiche
sin heim ist meisterlich
geziert mit einer chrone.« (Fleiers Gärel, 12X0.)
Mit dem XIV. Jahrhunderte wird die Laubkrone
zur eigentlichen Helmkrone, wenngleich sie noch selten
als solche zur Anwendung kommt. Sie trägt nicht
immer die Tinktur Gold, sondern findet sich auch silbern,
Hermelin, rot und schwarz tingiert, (siehe Taf. XXII,
XXV und XXXIX) und wird auch in W7appenbriefen in
diesen Farben verliehen. (Wappenbriefe König Ruprechts
von der Pfalz, 1401 — 10, Jahrbuch »Adler« 1895.)
Die Spätzeit hebt wieder ihre Bedeutung durch
die ausschliessliche Zuweisung an die Wappen der
Adeligen, während die Helme der Wappenbürger nur
einen Wulst (Helmwulst, Brünnlöhr, altfranz.: Totsche-
nigkh) verliehen erhalten. Der Wulst, aus Bändern in
den Tinkturen des Wappens (Taf. IV Fig. 2, XXXII
Fig. 4 u. s. w.) zumeist in jenen der Helmdecke ge-
wunden, wird derzeit nur sehr selten mehr geführt,
mit Ausnahme Englands, wo der Wulst als Basis für
das Crest eine grosse Rolle spielt (siehe Taf. LXI). Der
moderne, englische Wulst zeigt von vorne sechs, mit
dem Metalle beginnende, von rechts nach links lau-
fende Windungen in den beiden Haupttinkturen des
Wappens. Bei felderreichen Schilden werden die
Tinkturen des ersten Feldes benützt.
Zu den Rang- und Würdezeichen gehören die
Rangkronen, die Hiite und Mützen, die Orden und end- lich die Attribute der Aemter, die der betreffende Wap-
penherr inne hat. Die Kronen, Hüte und Mützen
bringen die Tafeln XV und XVI, speziell die geistlichen
Rangzeichen die Tafeln IL und L so ziemlich voll-
ständig zur Darstellung. Hier sei nur bemerkt, dass
eine Rangkrone oder Mütze wohl den Helm ersetzen,
nie aber die Unterlage desselben bilden darf, wie dies
z. B. in der modernen englischen Heraldik gebräuch-
lich ist. (Siehe Taf. LXI.) Zwei Kopfbedeckungen
übereinandergestellt, sind etwas Widersinniges, heraldisch
Unschönes, ausgenommen die zweite Kopfbedeckung tritt
als Helmkleinod auf, siehe Taf. IV Fig. 3, XX Fig. 19,
XXI Fig. 18, XXXI Fig. 5, XXXII Fig. 5 u. s. w. Soll
die Krone als Abzeichen des Ranges unbedingt ange-
bracht werden, ohne dass die Helme in Wegfall kom-
men, so setze man sie, wenn thunlich, zwischen die
Helme auf den Oberrand des Schildes (siehe Taf. LXV
Fig. 18), ein Schweben der Krone über dem Schilde
ist wie beim Helme zu vermeiden.
Die Orden werden im Wappen in verschiedener
Weise angebracht. Die Ordensketten (Collanen oder
Collare) legen sich entweder um den Schild oder unter-
ziehen denselben; in den Schild selbst werden sie nicht
gesetzt, weil sie sonst den Charakter einer Schildfigur
erhalten würden. So wird z. B. im Wappen des Deut-
schen Reichs (Taf LI Fig. 1) die Kette des schwarzen
Adlerordens um den Brustschild des Reichsadlers ge-
legt, im kaiserlichen Wappen dagegen, wo der schild-
belegte Adler selbst in einem Schilde erscheint, wird
die Kette vom Brustschilde entfernt und um den grossen
Schild gezogen.
Ausser den Collanen kommen hie und da auch die
Ordenskreuze oder Sterne selbst im Wappen vor und
zwar als Unterlage für den Schild, wobei die Spitzen
des Kreuzes oder Sternes an den Seiten des Schildes
hervorragen. Siehe z. B. Fig. 69 die Wappenschablone
für einen Bailli Profes des katholischen Johanniter-
(Malteser)Ordens. Unter dem Schildhaupte mit dem
Wappenbilde des Malteserordens — in Rot ein silbernes
Kreuz — wird das Geschlechts-
wappen des Bailli (Grosskreuz
des Ordens) eingesetzt, der
Schild selbst ruht auf dem weissen
oder silbernen Malteserkreuze.
Im Schilde eines Professritters
kommt das Schildhaupt in Weg-
fall.
Die Kommendatoren des
protestantischen Johanniter-
Ordens (ehemalige Bailei Bran-
denburg) legen die Schilde ihrer
Geschlechtswappen ebenfalls
auf das Johanniterkreuz, die
Rechtsritter nehmen dagegen das Kreuz im Schilde
selbst auf (siehe Taf. LXV Fig. 4), während die Ehren-
ritter das Kreuz unten an den Schild hängen.
Ueber den Wappcnbrauch des deutschen Ritter-
ordens siehe näheres bei Fig. 16 der Taf. LXV und
Taf. IL Fig. 24.
In alter Zeit setzte man die Embleme der Orden
in das rechte Obereck des Schildes oder einfach neben
das Wappen, siehe Taf. XXX Fig. 3, ebenso die Zeichen
der Rittergesellschaften oder sonstiger Vereinigungen,
siehe Taf. XXIV Fig. 1, XXVI Fig. 4, doch lässt sich
hie und da auch eine innigere Verbindung nachweisen,
z. B. Taf. XXIII Fig. 2 und Taf. LIV Fig. 4-
Die Attribute der Aemter werden je nach ihrer
Beschaffenheit neben oder hinter, auch in den Schild
selbst gesetzt. Einige Beispiele mögen genügen.
Der Papst führt ein dreiarmiges, der Erzbischof
ein zweiarmiges, der Bischof ein einarmiges Kreuz; dem
Papste kommen ausserdem noch zwei sich kreuzende
Schlüssel zu, der goldene Bindeschlüssel schrägrechts,
der silberne Löseschlüssel schräglinks gelegt. (Siehe
Fig. 60. Bailli Profe» des
kath. Johanniter-Orden».
Heraldischer Atlas
Eine Sammlung von heraldischen Musterblättern für Künstler, Gewerbetreibende, sowie für Freunde der Wappenkunde
- Titel
- Heraldischer Atlas
- Untertitel
- Eine Sammlung von heraldischen Musterblättern für Künstler, Gewerbetreibende, sowie für Freunde der Wappenkunde
- Autor
- H. G. Ströhl
- Verlag
- Julius Hoffmann
- Ort
- Stuttgart
- Datum
- 1899
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 22.6 x 33.6 cm
- Seiten
- 284
- Schlagwörter
- Heraldik, Heroldskunst, Wappenkunst
- Kategorie
- Lexika