Seite - 17 - in Heraldischer Atlas - Eine Sammlung von heraldischen Musterblättern für Künstler, Gewerbetreibende, sowie für Freunde der Wappenkunde
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Taf. IL Fig. i.) Kirchenfürsten, die zugleich souveräne
Landesfürsten waren, trugen hinter dem Schild das
Pedum oder Pastorale (Bischofstab) mit dem Schwerte
des Blutbannes gekreuzt. (Taf. L Fig. 4.) Der Bischof
trägt den Stab mit nach auswärts gekehrter, der Abt
mit nach einwärts gekehrter Krümmung, dadurch den
Bereich ihrer Thätigkeit, ihrer Herrschaft symbolisierend.
Die Erz- und Erbämter des alten Deutschen Reiches
hatten ebenfalls ihre Attribute; so führte der Erztruch-
sess (Pfalz-Bayern) im roten Felde einen goldenen Reichs-
apfel, eine Figur, die durch die Missdeutung einer
Doppelschüssel, des ursprünglichen Attributes dieser
Amtswürde, entstanden war. Der Erzmarschall (Sachsen)
brachte seine Stellung durch einen von Schwarz und
Silber geteilten Schild, belegt mit zwei gekreuzten
roten Schwertern, zum Ausdruck. Der Erbbannerherr
(Württemberg) führte in Blau eine goldene Fahne mit
schwarzem Adler (Sturmfahne), der Erzkämmerer (Bran-
denburg) in Blau einen goldenen Scepter, während der
Erbkämmerer (Hohenzollern) in Rot zwei gekreuzte,
goldene Scepter als Abzeichen benützte u. s. w.
In Frankreich führte zur Zeit der Bourbonen der
Grosskammerherr zwei gekreuzte goldene Schlüssel hinter
dem Schilde, der Grossschatzmeister dagegen zu Seiten
des Schildes je einen silbernen Schlüssel. Der Marschall
war mit zwei hinter dem Wappenschilde sich kreuzen-
den, blauen, mit goldenen Lilien besäten Marschall-
stäben ausgezeichnet, ein Amtszeichen das heute noch
in der deutschen Heraldik im Gebrauche steht. Der
Grossadmiral führte einen Anker hinter dem Schilde,
siehe das Wappen des Grafen von Toulouse und Herzogs
von Penthiere Fig 62.
Auch die Heroldsstäbe hinter den Schilden der
Wappenkönige Grossbritanniens, siehe Taf. II Fig. 14,
gehören hieher.
Wohl nicht als eigentliches Würde-, sondern als
blosses Standeszeichen wäre hier noch das Liebesseil
(Cordelifcre) im französischen Damenwappen zu er-
wähnen, silberne Schnüre, die sich um den Schild
(meist Rautenschild) ziehen, stellenweise zu sogenannten
Liebesknoten sich verschlingen und gewöhnlich in Quasten
endigen. (Siehe Taf. XVII Fig. 36, LXXIV Fig. 5.) Diese
Liebesseile sollen eine Erfindung der Witwe Karls VIII.
von Frankreich, Anna von Bretagne (1498), sein. Bei
Witwen kommen die Liebesknoten in Wegfall. In der deut-
schen Heraldik fanden die Liebesseile gleich dem Rauten-
schilde bisher nur eine äusserst spärliche Verwendung.
»Prachtstücke« werden in der Heroldskunst jene
Beigaben eines Wappens genannt, die bloss zur deko-
rativen Ausschmückung dienen und die bei Mangel an
Raum auch unberücksichtigt bleiben können. Zu diesen
Prachtstücken gehören die Schildhalter, die Fahnen,
die Wahlsprüche oder Devisen und die Wappenzelte.
Das älteste heraldische Prachtstück ist der Schild-
halter, eine Menschen- oder Tierfigur, die, neben oder
hinter dem Schilde stehend, denselben anfasst oder in
irgend einer Weise hält oder stützt. Solche Figuren,
einzeln oder zu zweien, findet man schon sehr zeit-
lich in den Siegeln erscheinen (1276). Die Schildhalter
waren ursprünglich nicht erblich, sondern wurden
nach Laune und Geschmack des Wappenherrn dem
Schilde beigegeben und ganz nach Belieben gewechselt.
So führte z. B.:
Eduard III. von England (f 1377) einen Löwen
und einen Falken.
Richard II. (f 1400) zwei weisse Hirsche.
Heinrich IV. und Heinrich V. einen Löwen und
eine Antilope.
Heinrich VI. zwei silberne Antilopen, auch einen
Löwen und Panter.
Eduard IV. einen goldenen Löwen und einen
schwarzen Stier, auch silberne Löwen und ebensolche
Hirsche. Eduard V. einen silbernen Löwen und ebensolchen
Hirsch, beide mit goldenen Ketten.
Richard III. einen goldenen Löwen und einen
silbernen Eber, oder auch zwei Eber.
Heinrich VII. einen roten Drachen und ein silbernes
Windspiel oder auch zwei Windspiele. Ebenso ist ein
goldener Löwe und ein roter Drache nachzuweisen.
Heinrich VIII. benützte einen goldenen Löwen und
einen roten Drachen, bisweilen aber auch einen Stier,
ein Windspiel oder einen Hahn, alle in silberner Tinktur.
Eduard VI. wie sein Vorgänger einen goldenen
Löwen und einen roten Drachen. Ebenso Maria und
Elisabeth.
Jakob I. zwei Löwen, dann auch zwei Einhörner,
später einen goldenen königlich gekrönten Löwen für
England und ein silbernes Einhorn mit goldener Hals-
krone und Kette für Schottland.
Von Jakob I. an (1603 —1625) bleiben die Schild-
halter des königlichen Wappens von England konstant.
Erst sehr spät, um die Mitte des XVII. Jahrhunderts,
werden auch die Schildhalter erblich verliehen.
Bei Wappen von Bürgern treten die Schildhalter
in der ersten Hälfte des XV. Jahrhunderts auf; auch
Städtewappen besitzen solche Figuren als dekorative
Beigaben. Siehe Taf. XIV Fig. 3, 4 und 9, LII Fig. 1,
2, 3 und 12.
Die Tafeln XII, XIII und XIV bringen Proben ver-
schiedenartiger Schildhalter zur Ansicht, ebenso die
Tafeln XLIII, XLIV und LXI.
Fig. 70. Wappen der Holzhausen (Frankfurt).
(In Schwarz drei silberne Rosen mit roten Samen.)
Aus Jost Ammans Wappen- und Stammbuch, 1589.
Die ersten Schildhalter waren menschliche Ge-
stalten, meistens Porträtfiguren der Wappenherren selbst;
dann Frauen, junge Männer und Knaben, sogenannte
»Schildbuben«. In der zweiten Hälfte des XIV. Jahr-
hunderts erscheinen Tierfiguren: Löwen, Bären, Hirsche,
Hunde, Greifen u. s. w. Im XV. Jahrhundert finden
sich häufig Engel mit reichgelocktem Haare, Heilige
(Patrone der Wappenherren oder der betreffenden Stadt),
dann nackte, dichtbehaarte, wilde Männer und Weiber
mit Laubkränzen um die Lenden und auf dem Haupte,
sogenannte »Waldmenschen« (Fig. 70), siehe auch
Taf. XIII Fig 2 und 3. Die dichte Behaarung des
Körpers bei den Waldmenschen weiblichen Geschlechts
findet sich aber nur in der ersten, frühen Zeit, später
Heraldischer Atlas
Eine Sammlung von heraldischen Musterblättern für Künstler, Gewerbetreibende, sowie für Freunde der Wappenkunde
- Titel
- Heraldischer Atlas
- Untertitel
- Eine Sammlung von heraldischen Musterblättern für Künstler, Gewerbetreibende, sowie für Freunde der Wappenkunde
- Autor
- H. G. Ströhl
- Verlag
- Julius Hoffmann
- Ort
- Stuttgart
- Datum
- 1899
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 22.6 x 33.6 cm
- Seiten
- 284
- Schlagwörter
- Heraldik, Heroldskunst, Wappenkunst
- Kategorie
- Lexika