Seite - 20 - in Heraldischer Atlas - Eine Sammlung von heraldischen Musterblättern für Künstler, Gewerbetreibende, sowie für Freunde der Wappenkunde
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(aller Erden ist Oesterreich unterthan) oder »Aller Ehren
Ist Oesterreich Voll«.
Bilddevisen sind Sprüche die mit einem Bilde zu-
sammenhängen, z. B. ein Lorbeerbaum mit dem Spruche
»Semper viret« (er bleibt immer grün), Devise des
Lorenzo il Magnifico de' Medici (-J* 1492), oder ein Lüwe
mit der Inschrift »Semper leo« (allzeit ein Löwe), De-
vise der Saulx, u. s. w.
Von der Devise ist der vererbbare Kriegs- oder
Feldruf, das Schlachtgeschrei, der cri de guerre, zu
unterscheiden. Der Kriegsruf ist nur in der französischen
und englischen Heraldik wappenmässig geworden und
wird oberhalb des Wappens angebracht, so erscheint
z. B. im alten französischen Königswappen oberhalb
des Wappenzeltes der Schlachtruf: »MONTJOYE SAINT
DENIS«, im englischen Wappen »DIEU • ET • MON •
DROIT«.
J. Dielitz in seinem Werke »Die Wahl- und Denk-
sprüche«, Frankfurt a. M., 1884, hat über 14000 Devisen
aus aller Herren Länder zusammengestellt.
Unter Wappenmäntel und Wappenzelte oder Pavil-
lons versteht man jene vorhangartigen Draperien, die
hinter den Wappen angebracht, der ganzen Erscheinung
des Wappenbildes ein pomphaftes Aussehen verleihen.
Diese StofTbehänge sind mit wenigen Ausnahmen
(s. Taf. LI, Fig. 2) aussen purpurn, innen mit Hermelin
gefüttert und zu beiden Seiten mit Goldschnüren auf-
gebunden. In einzelnen Fällen findet sich die Aussen-
seite auch mit einer oder der anderen Wappenfigur
gemustert (grösseres Wappen des deutschen Kaisers,
grosses Wappen von Preussen u. s. w.), oder überhaupt
mit dem ganzen Schildbilde überzogen (grosses Wappen
der Herzoge von Lothringen).
Bei dem Wappenmantel (s. Taf. LXV, Fig. 12)
fällt die Draperie direkt aus der Rangkrone oder Mütze
herab, während sie bei dem Wappenzelte einer kuppei-
förmigen Ueberdachung angesetzt ist, (s. Taf. LI, Fig.
2, 3), die oben auf ihrer Scheitelhöhe die Krone trägt.
Diese heraldischen Prachtstücke sollen eine Er-
findung des Franzosen Philipp Moreau (1680) sein und
kamen von Frankreich auch an die grossen und kleinen
Fürstenhöfe Deutschlands, wo sie mit grossem Beifalle
aufgenommen wurden. Heute giebt es wenige Staats-
wappen, mit Ausnahme jener der Freistaaten, wo sie
nicht zu finden wären. Unter den europäischen Staaten
führen nur Oesterreich-Ungarn, Grossbritannien, Spanien,
Portugal und Württemberg keine Wappenzelte. Der
hohe Adel benützt die Wappenmäntel ebenfalls zur
Dekoration seiner Wappen. Eine reiche Auswahl der-
artiger Draperien bietet die Deutsche Wappenrolle auf
ihren XXII Tafeln. Fig. 80. Badge
Heinrichs IL
In der englischen Heraldik finden sich weiters noch
wappenmässige Figuren, die Badges oder Cognizances
(vom normannischen cognoissances), soviel wie Er-
kennungszeichen , die allein oder auch neben das
eigentliche Wappen gestellt, geführt werden und
ebenso erblich sind, wie die Wappen selbst. Es sind
zumeist freischwebende Figuren, die entweder aus dem
Wappen abgeleitet sind oder in irgend einem Bezüge
zu dem Namen des Eigentümers, einer historischen
Begebenheit oder einer Familienalliance stehen.
König Heinrich II. (1154—1189) aus dem Hause
Anjou-Plantagenet soll der erste gewesen sein, der
ein Badge benützt hat. Er führte
einen Ginsterzweig (Planta genista)
als Badge, jene Pflanze, von der das
englische Königshaus Plantagenet
seinen Namen erhielt (Fig. 80).
Das Wappenbild, nachdem es
sich mehr ausgebildet und reicher
gestaltet hatte, war nicht überall
anzubringen; Raumersparnis, viel-
leicht auch die geringeren Kosten
der Herstellung dürften bei der Schaf-
fung der Badges zu Gevatter ge-
standen haben. Das Badge wurde
auf den Aermeln, auf der Brust oder dem Rücken der
Soldaten und Diener getragen, auch auf der Standarte
und den Lanzenfähnlein ist es zu sehen, nie aber
auf den Bannern und auf den Tapperts der Herolde, auf
denen stets das Wappen erscheint.
Als sich das Haus Plantagenet am Ende des
XIV. Jahrhunderts in die sich feindlich gegenüberstehen-
den Häuser Lancaster und York verzweigte, spielten
die Badges dieser Linien, die rote Rose des Hauses
Lancaster und die weisse Rose des Hauses York, eine
grosse Rolle in der Geschichte Englands, bis endlich
durch die Heirat der letzten York mit einem Nach-
kommen mütterlicher Seite
des Hauses Lancaster, Hein-
rich Tudor, auch die beiden
Badges sich zur halb roten,
halb weissen Tudorrose ver-
einigten. Wiebeiden Wappen
ist auch bei den Badges eine
Zusammenschiebung möglich;
so führten z. B. die Reiter und
Pagen bei dem Festturnier
am 13. und 14. Februar 1510,
das König Heinrich VIII. zu
Ehren seiner Gemahlin, Ka- pig. 8,. Komponiere» Badge
tharina von Aragonien, an- Heinrichs VIII und Katharinas
, . . , . , , r* , " , r, . Von Aragonien au» der
We»t-lasshch
der Geburt des Prin- minster Turnierrolle.
zen Heinrich (1. Januar 1510),
veranstaltete, auf den Pferdedecken ein zusammenge-
schobenes Badge, eine halbe rote Rose und einen halben,
gelben Granatapfel. Fig. 81.
König Richard I., Johann ohne Land und Heinrich III.
führten als Badge einen Halbmond mit Stern. Fig. 82.
Fig.82. Badge Richards I.
(Die Figur zeigt die rich-
tige Form des englischen
Sternes.) Fig. 83.
Badge Kduard* IV.
Eduard IV. aus dem Hause York, benützte die
weisse Rose seines Hauses mit goldenen Strahlen um-
geben. Fig. 83.
Heraldischer Atlas
Eine Sammlung von heraldischen Musterblättern für Künstler, Gewerbetreibende, sowie für Freunde der Wappenkunde
- Titel
- Heraldischer Atlas
- Untertitel
- Eine Sammlung von heraldischen Musterblättern für Künstler, Gewerbetreibende, sowie für Freunde der Wappenkunde
- Autor
- H. G. Ströhl
- Verlag
- Julius Hoffmann
- Ort
- Stuttgart
- Datum
- 1899
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 22.6 x 33.6 cm
- Seiten
- 284
- Schlagwörter
- Heraldik, Heroldskunst, Wappenkunst
- Kategorie
- Lexika