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Jahrhunderts erhalten die Vorderfüsse den Charakter
von Adlerfängen, die Hörner des Tieres werden stabil.
In der Bodenseegegend findet man den Panter
mit Spalthufen an den Hinterfüssen, auch Dürers Schule
kennt diese Darstellungsweise (s. Taf. XXXI, Fig. i
und Taf. XXXVI, Fig. 5), vielleicht im Bezüge auf des
Panters »Reinheit«. Nach dem mosaischen Gesetze
durfte nämlich ein Vierfüsser, sollte er als rein gelten,
keine Pfoten, ein Wiederkäuer keine ungespaltenen
Hufe besitzen. Die italienische Heraldik kennt eben-
Fig. 14. Antilope.
(Antolops des Physiologus.) Fig. 15. Seehund.
falls den Panter, aber unter anderem Namen (»la dolce«,
die Süsse) und anderer Gestalt. Die Dolce trägt einen
dem Hasen ähnlichen Kopf und ist ungehörnt.
(Siehe A. Anthony v. Siegenfeld. Das Landeswappen der
Steyermark, Graz. 1898.)
Die alte englische Heraldik benützt ebenfalls die P'igur
des Panters. Das Badge der Earl ofOrmonde bilden zwei
»Keythongs«, gehörnte, dem Greifen ähnliche Tiere,
aber ohne Flügel, mit aus dem Leib hervorbrechenden,
goldenen Strahlen. Der Panter als Badge König Hein-
rich's VI. wird von dem Garter King of Arms, William
Segar (1603 —1633) angegeben: silbern, gefleckt in allen
Farben, Dampf aus Maul und Ohren stossend. Die eng-
lische Heraldik ist überhaupt sehr reich an phantastischen
Tierfiguren; leider mangelt es an Raum um sie hier alle
vorzuführen. Antilope Fig. 14 und der Seehund Fig. 15
geben Beispiele dieser heraldischen Tierwelt Englands.
Fig. 16. Siegel der Stadt Schweidnitz. 1315.
Fig. 5. Greif. Phantasiewappen (H. 6 • 5 cm) des
»Judas machabeus« aus Conrad Grünenbergs Wap-
penbuch, 1483. In Blau ein rotbewehrter, gelber Greif.
Fig. 6. Greif. Schild mit einem, von einem drei-
lätzigen Turnierkragen überlegten Greif. Palazzo Gua-
dagni in Florenz. Zweite Hälfte des XV. Jahrhunderts.
(Aus »Decorative Heraldry« von G. W. Eve, London 1897.)
Fig. 7. Greif. Relief (H. 71 cm) aus dem Ende
des XIII. Jahrhunderts mit dem Wappen der Formbach : in Silber ein roter Greif, in den Fängen einen goldenen
Hasen haltend. Die Formbach, ein bayrisches Dy-
nastengeschlecht, sind bereits 11 58 ausgestorben. Das
Kloster zu Formbach (jetzt Vornbach) zwischen Neu-
burg und Schärding am Inn trug dasselbe Wappen.
Ebenfalls einen Greif zeigt Fig. 16, das grosse
Siegel (D. 8 cm) der Stadt Schweidnitz im Reg.-Bezirk
Breslau aus dem fahre M15.
»f S . VNIVERSITATIS . CIVIVM . DE . SWIDNITZ.«
Im Wappenbriefe der Stadt vom Jahre 1452 wird
der Greif rot in Silber blasonniert.
Der Greif, das Symbol der weitreichenden Herr-
schaft, hat mit Ausnahme der Ohren den Oberkörper
dem Adler, den Unterkörper dem Löwen entlehnt.
Fig. 8. Phönix. Angebliches Wappen des »Gross-
machtigen Kaisers von Jaua« (Java), aus Conrad Grü-
nenbergs Wappenbuche, 1483. (H. 8 cm.)
In Weiss ein auf brennendem Scheiterhaufen sitzen-
der, vorwärts gekehrter, gelber Phönix mit Pfauenkopf
und blauem Rückengefieder.
Der Phönix ist wie bekannt das Symbol der Un-
vergänglichkeit.
Fig. 9. Einhorn. Wappen Ulrichs von Steyer
(f 1337)i a u s dem Wiener Minoriten - Nekrologium.
(S. Taf. VIII, bei Fig. 3.)
Im von Silber und Schwarz geteilten Schilde ein
Einhorn in wechselnden Tinkturen. Dieses Geschlecht
ist wahrscheinlich identisch mit jenem, das dem Stey-
rerhof in Wien seinen Namen gegeben hatte. Ein
Ulrich von Steyr besass zu Anfang des XV. Jahrhun-
derts den Steyrerhof. (Jahrbuch »Adler«, 1874.)
Das Einhorn (Eingehürn, Monoceros, Unicornis)
ist ein Sinnbild Christi, ein Emblem der Jungfräulich-
keit, weil es nach den alten Skribenten nur von einer
reinen Magd bezwungen werden kann. Das gehörnte
Tier ist dem Pferde ähnlich gebildet, nur besitzt es
Spalthufe und einen Büschelschweif. (Siehe auch die
Tafeln XXI, XXIII und XXXI.)
Fig. 10. Drache. Phantasiewappen des »Erst
Kaisser Jullius« aus Conrad Grünenbergs Wappen-
buche, 1483. (H. 6-9 cm.) In Weiss ein feuerspeiender,
schwarzer Drache.
Der vierfüssige Drache, von den deutschen Heral-
dikern [Andzvurm genannt, Fig. 17, unterscheidet sich
vom Drachen nur durch die Zahl der Füsse. Dem
Drachen ebenfalls verwandt ist der Basilisk, ein Drache
mit dem Kopfe eines Hahns. (S. Taf. XIV u. XXX.)
Nach den alten Schrift-
stellern entspringt der Basilisk
(ein Unk)einem von einer Kröte
auf dem Mist ausgebrüteten
Ei, das ein neunjähriger Hahn
gelegt hat. (!)
Fig. 11. Jungfrauenadlcr
oder Harpye (Arpia). Wappen,
oder richtiger Siegelbild der
Stadt Nürnberg, bereits 1243
als Königshauptadler nach-
weisbar. In Blau ein gekrön-
ter, goldener Jungfrauenadler,
gez. von Jost Amman für Rix-
ners Turnierbuch , 1566.
Die Verbindung des Frauenkörpers mit einem oder
auch zwei Fischschwänzen giebt die Figur der Sirene,
Melusine oder des Meerweihchens, der Oberkörper eines
: Löwen ebenfalls mit einem Fischschwanze den See-
löiven, wie solchen z. B. die Imhofs im Wappen führen.
Beide Figuren sind auf Tafel XLII, Fig. 3 und 7 ab-
gebildet.
Ueberhaupt entstehen durch die Zusammenschie-
bung der menschlichen Gestalt mit Tieren und der
Tiere unter sich absonderliche, aber echt heraldische
Figuren. Bei der Blasonnierung solcher I)oppelgcschöpfe
wird immer der Kopf zuerst angesprochen, z. B. Hahn
mit Ziegenkopf: Ziegenhahn; Löwe mit Frauenkopf:
Frauen- oder Jungfrauenlöwe u. s. w.
Fig. 17. Lindwurm.
Heraldischer Atlas
Eine Sammlung von heraldischen Musterblättern für Künstler, Gewerbetreibende, sowie für Freunde der Wappenkunde
- Titel
- Heraldischer Atlas
- Untertitel
- Eine Sammlung von heraldischen Musterblättern für Künstler, Gewerbetreibende, sowie für Freunde der Wappenkunde
- Autor
- H. G. Ströhl
- Verlag
- Julius Hoffmann
- Ort
- Stuttgart
- Datum
- 1899
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 22.6 x 33.6 cm
- Seiten
- 284
- Schlagwörter
- Heraldik, Heroldskunst, Wappenkunst
- Kategorie
- Lexika