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Tafel XIX.
PROBEN
aus der
Weingartner und der Heidelberger Minnesänger-Liederhandschrift.
(Erstes Viertel des XIV. Jahrhunderts.)
IVeingartucr Liederhandschrift.
Fig. i —10. Diese Handschrift, derzeit aus 158
Pergamentblättern (H. 15,3 cm, B. 11,7 cm) bestehend,
befand sich im XVI. Jahrhundert im Besitze des Marx
Schultheiss zu Konstanz, der sie der Benediktiner-
Abtei Weingarten (daher ihr Name) überliess, welche
dieselbe 1613 noch besass. Seit 1810 befindet sich
diese wertvolle Handschrift im Besitze der Kgl. Hand-
bibliothek (deponiert in der öffentlichen Bibliothek) zu
Stuttgart. (Poet. germ. 1.)
Sie enthält Dichtungen von 31 Minnesängern mit
25 farbigen Bildern, wovon 20 Bilder Wappen auf-
weisen. Der Stil dieser Wappen (Schildhöhe c. 3 cm),
bei welchen Gold garnicht, Silber aber nur bei Fig. 1
und 2 zur Anwendung gekommen war, entspricht den
letzten Jahren des XIII. Jahrhunderts.
Schild und Helm, im Original nicht immer vereint,
wurde von uns in heraldischer Weise zusammengestellt.
Fig. 1. Burgrave v(on) Rietc(n)burg. Schild: in
Gold ein silberner Schrägrechtsbalken mit drei roten
Rosen mit goldenen Samen. Kleinod: eine goldgestielte
rote Kose zwischen zwei goldenen, mit Pfauenfedern
besetzten Angelhaken. (Heidelberger Handschrift: in
Gold ein roter Schrägrechtsbalken mit drei silbernen
Rosen.) Die Stammburg der Grafen befand sich über
dem Markte Riedenburg an der Altmühl in Bayern.
Fig. 2. Grave Ottc v(on) Bottcnloubcn. Schild:
geteilt; oben in Gold ein wachsender, schwarzer
Doppeladler, unten ein rot-silbernes Schach. Kleinod:
ein aufwärts gerichteter, goldener Adlerfang. Otto von
Henneberg (1175? —1245) nannte sich nach seiner Burg
Bodenlaube bei Kissingen, welche er aber 1234 wieder
verkaufte, »Botenlaube«. (Siehe »Deutsche Wappen-
rolle«, S. 35.)
Fig. 3. H. Bligcr v(on) Sainach (Herr Bligger
von Stainach). Schild: in Rot eine silberne Harfe.
Kleinod : zwei von einander abgewendete, naturfarbene
Pfauenhälse. (Heidelberger Handschrift: in Blau eine
goldene Harfe.) Die Stammburg stand zu Neckar-
steinach, oberhalb Heidelberg.
Fig. 4. II. Volrich v(on) Munegur. Schild: ge-
teilt ; oben rot, unten von Silber und Schwarz sechs-
fach zur Teilung geständert. Kleinod: ein mit Pfauen-
federn bestecktes, goldenes, einer Wolfsangel oder einem
Wurfeisen ähnliches Gestell. (Heidelberger Handschrift:
oben gold, unten von Silber und Blau geständert.)
Fig. 5. II. Hiltcbolt v(on) Swancgou (Schwangau).
Schild : in Rot ein schwarz bewehrter, silberner Schwan.
Kleinod : Schildfigur. (Heidelberger Handschrift: gold-
bewehrter, silberner Schwan.) Die Stammburg dieses
schwäbischen Geschlechts stand dort, wo sich derzeit
Hohenschwangau (Oberbayern) befindet.
Fig. 6. H. Uolrich v(on) Guote(n)burg. Schild: in
Gold ein schwarzer Löwe von einem roten Querbalken
überzogen. Kleinod: ein roter Lilienstab zwischen zwei
goldenen, mit je sieben schwarzen Rohrkolben besteckten
Büffelhörnern. (Heidelberger Handschrift: Kleinod ohne
Lilienstab, die Rohrkolben blätterartig.)
Fig. 7. Der TruJisocze v(on) Singe(ti)b(er)g (Ulrich
von Singenberg, 121g Truchscss zu St. Gallen). Schild:
in Blau ein halber, silberner Hirsch. Kleinod: ein mit
Pfauenfedern besteckter, achtstrahliger, roter Stern (in
zwei Hälften geteilt, um die Befestigung am Helm zu erleichtern). (Heidelberger Handschrift: goldener Stern.)
Die Stammburg der Singenberg lag am rechten Ufer
der Sitter oberhalb Bischofszell im Thurgau.
Fig. 8. II. Bernger v(on) Horneim (Horhcim).
Schild: in Rot vier aus dem Schildrand wachsende,
ein Kreuz bildende, silberne Lilien. Kleinold: von Gold
und Rot sechsfach quergestreifter, runder Hut, besteckt
mit drei rotgestielten Pfauenfedern. (Heidelberger
Handschrift: in Blau dasselbe Lilienkreuz von Gold;
der Hut ebenfalls von Gold.)
Fig. 9. H. Hartwig Raute. Schild: von Gold
und Schwarz geschachtes, mit einem roten Kreuze
überzogenes Feld. Kleinod: ein aus einer zweireihig
von Silber und Blau geschachten Helmstirnbinde wach-
sendes, nach der Kerbung schwarzgolden gestreiftes,
schneckenförmiges Steinbockhorn. (Heidelberger Hand-
schrift: blau-golden gestreiftes Horn.)
Fig. 10. Her Walther von Mczze (Metz). Durch
ein Versehen des Zeichners der Handschrift wurde
dieses Wappen dem Herre Rubin (Schloss Rubein bei
Meran) beigelegt, welcher nach der Heidelberger Hand-
schrift in Blau einen Rubinring als Wappen führt. Schild:
in Rot zwei zweireihig von Schwarz und Gold geschachte
Querbalken. Kleinod: ein an einer zweireihig von Schwarz
und Gold geschachten Helmstirnbinde befestigter, sil-
berner Flug mit roten, von Goldkerben bordierten Sachsen
(Flügelknochen). (Heidelberger Handschrift: Querbalken
von Silber und Blau geschacht, Flug blau, die Sachsen
mit roten und gelben Federn zweireihig bedeckt. Die
Stammburg der Edlen von Metz stand im Etschthale
zwischen Bötzen und Trient.
Zwei weitere Wappenbilder aus der Weingartner Handschrift
giebt Tafel III.
Grosse Heidelberger Liederh andschrift
(früher »Pariser« auch »Manesse'sche« Handschrift ge-
nannt). Fig. 11 —18. Die Handschrift, aus 246 Perga-
mentblättern (H. 35,5 cm, B. 25 cm) bestehend, fand
sich am Ende des XVI. Jahrhunderts im Nachlasse des
Freiherrn von Hohensax auf Forsteck, der sie vom
Kurfürsten von der Pfalz geliehen hatte. 1607 kam
der Codex nach Heidelberg zurück. 1622 wurde er
nach der Eroberung der Stadt durch Tilly entführt und
fand sich endlich 1656 im Nachlasse des kgl. Biblio-
thekars J. Dupuy zu Paris, der ihn der kgl. Bibliothek
testierte. Trotz mehrmaligen Versuchen (1815, 1823,
1871) den Codex für Deutschland wieder zu gewinnen,
gelang es erst 1888 dem Strassburger Buchhändler
K. Trübner durch Umtausch gegen wertvolle altfran-
zösische Handschriften, die er von Lord Ashburnham
um 26,000 Pf. St. erworben hatte, die Handschrift zu
erhalten. Sie kam am 10. April 1888 nach Heidelberg
zurück, und wurde als Codex Palatinus germ. N 848
in den Bibliothekskatalog eingetragen. —
Die Handschrift enthält Dichtungen von 1 10 Mini e-
sängern, 137 farbige Bilder und eine Federzeichnung.
120 Blätter zeigen Wappen, auch 10 Helmzierden
allein. (Schildhöhe circa 5—6 cm.) Die Annahme, dass
Rüdiger Manesse zu Zürich der Urheber dieser Lieder-
sammlung gewesen sei, ist etwas fraglich.
Die von uns benützten Publikationen sind folgende :
»Die Miniaturen der Manesse'schen Liederhandschrift im Auf-
trage des Grossh. Badischen Ministeriums nach den Originalen
Heraldischer Atlas
Eine Sammlung von heraldischen Musterblättern für Künstler, Gewerbetreibende, sowie für Freunde der Wappenkunde
- Titel
- Heraldischer Atlas
- Untertitel
- Eine Sammlung von heraldischen Musterblättern für Künstler, Gewerbetreibende, sowie für Freunde der Wappenkunde
- Autor
- H. G. Ströhl
- Verlag
- Julius Hoffmann
- Ort
- Stuttgart
- Datum
- 1899
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 22.6 x 33.6 cm
- Seiten
- 284
- Schlagwörter
- Heraldik, Heroldskunst, Wappenkunst
- Kategorie
- Lexika