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Fig 10. Wappen des Peter Dcvay de De'va, ver-
liehen vom König Johann Zäpolya, ddo. Schässburg,
13. Juli 1538. (H. 8*5 cm.) In Rot ein laufender, blau-
gekleideter Türke mit gelben Pumphosen und hohen
Stiefeln aus Naturleder, der in der Rechten ein Schwert
hält, mit der Linken einen abgebrochenen Speer aus
der Brust zu ziehen versucht. Im Oberleib steckt
ausserdem noch ein bis zum Flitsch eingedrungener
Pfeil. (Aus Jahrbuch des »Adler« 1892.)
Abgehauene, blutende Türkenköpfe, Türkensäbel,
geharnischte, schwertschwingende Arme, schwert-
schwingende Löwen und Greifen, Panduren, Husaren
u. s. w. bilden den heraldischen Motivenschatz der
Magyaren und verleihen ihrem Wappenwesen einen
kriegerischen, in seiner tartarischen Wildheit oft bis
ans Komische streifenden Anstrich.
Polnische Wappen.
Die alten polnischen Wappenfiguren sind zumeist
Fahnenbilder — Stannizen — der Urdynastengeschlechter,
die ausschliesslich der Runenschrift der Skandinavier
, entstammen, deren nächste
Nachbaren die Polen in
ihrer alten Heimat, dem
Drevinenlande (Holstein),
gewesen waren. Zu sol-
chen, der Runenschrift ent-
nommenen Zeichen gehören
z. B. die Wappenfigur (Herb)
des Geschlechtes Ogony
(Ogonczyk) Fig. 11, Odro-
w^z Fig. 12. (S. Taf. XXVIII.
fig» 5)5 Nal§cz Fig. 13, aus welchen Zeichen sich
später eine Tuchschleife entwickelte.
Häufig auftretende Wappenfiguren sind ferner:
Pobög Fig. 14 und Dabrowa Fig. 15, beide aus Huf-
eisen und kleinen, aufgesetzten Kreuzen gebildet; ein
schwebender Schrägfluss, Druzyna, mit aufgesetztem
Kreuzchen Szreniawa Fig. 16,
Halbmond und Stern geben das
Wappen Leliwa Fig. 17, ein zwei-
einhalbarmiges Kreuz das Wappen
Pilawa Fig. 18. u. s. w.
Diese einzelnen Wappenbilder
werden nicht von einemGeschlechte
allein, sondern von einer ganzen Gruppe von Geschlech-
tern (Wappenvettern) geführt, die aber zweifellos von
einem und demselben Urdynasten abstammen. So
führen z. B. die Grafen Czapski, Goluchowski, Wod-
zicki u. a. m. das Wappen Leliwa (Fig. 17). Das Wap-
pen Nal^cz (Fig. 13) wird von ca. 150 Familien be-
nutzt, u. s. w.
Unsere Tafel bringt die Wappen von zwei alten,
nolnischen Adelsp-eschlechtern im Stile der zweiten
Fig. 12. Der Wappenfigur liegt die Stannitze des Mndros-
tek (Sohn des Madrost), Urdynast des adeligen Stammes
der Madrostki, zu Grunde. Fig. 19, gebildet aus der
Rune tyr (Fig. 20) dem Symbol der Herrschaft und der
Rune madr (Fig. 21), identisch mit dem Begriffe »Mann«.
Fig. 14. Fig. IS- Fig. 16.
Als die heidnischen Stämme sich zum Christen-
tume bekehrten, änderte man auch die meisten Stan-
nitzen durch Einsetzen von .Kreuzlinien (Fig 22), um
den neuen Glauben auch im Fahnenbilde zum Aus-
druck zu bringen. Dieses Bild führte nach dem Tode
des Urdynasten nur
dessen ältester Sohn
weiter; die jüngeren
Söhne mussten das Zei-
chen der Wojewoden-
würde, die Rune tyr ab-
legen und führten die
Stannitzen in der Ge-
stalt, wie Fig. 23 sie
zeigt.
Als im Anfange des
XIV. Jahrhunderts die
mittel-und westeuropäische Heraldik in Polen bekanntwur-
de, suchte man die bereits unverständlich gewordenen
Zeichen der Stannitzen durch der Form soviel als möglich
entsprechende Gegenstände zu ersetzen und auf diesem
Wege entstand aus Fig. 23 das gestürzte Hufeisen mit
Fig. 17. Fig. 18.
Fig. 19. Fig. 20. Fig. 21. Fig. 22.
von ihm umschlossenem Kreuze (Wappen: Zastrzem-
biec), der steigende Halbmond mit eingesetztem Kreuze
(WTappen: Szeliga), und unter vielen anderen auch das
Jagdhorn mit aufgesetztem Kreuze (Wappen: Suche-
kownaty), das Wappen der Grafen Miaczynski.
Fig. 8. Wappen der Grafen vonMycielin-
Mycielski, dem Wappen Dol^ga angehörig.
In Blau ein silbernes, oben mit einem gol-
denen Kreuzchen besetztes Hufeisen über
einem gesenkten Pfeile mit goldenem Flitsch.
Der gekrönte Spangenhelm mit blau-silberner Fi 23
Decke trägt als Kleinod einen silbernen, von
dem Pfeile des Schildes durchstossenen Flügel.
(Die Familie, eine der angesehensten Gross-Polens,
in Posen reich begütert, erhielt in ihren beiden Linien
1816 und 1842 den Grafenstand.)
Die Senioratsstannitze (Fig. 22) wurde stets vom
ältesten Sohne geführt; die Übrigen Glieder der Senio-
ratslinie benützten entweder das
gestürzte Zeichen des Seniors
(Fig. 24) oder versetzten zugleich
den Kreuzstrich an eine andere
Stelle. (Fig. 25.) Aus Fig. 25 ent-
stand auf dem bei Fig. 23 ange-
deuteten Wege das Wappenbild
Dol^ga, wie es Fig. 8 der Tafel zeigt.
(Siehe Prof. Dr. F. Piekosiriski, Rycerstwo polskie
wieköw srednich. Krakau 1897.)
Fig. 24. Fig. 25.
Hälfte des XV. Jahrhunderts
aufgerissen, deren Figuren den
Entwicklungsgang der polni-
schen Wappenzeichen zeigen
und erklären mögen.
Fig. 7. Wappen der Grafen
von Micjczyn-Müiczynski, dem
Wappen Suchekownaty an-
gehörig. In Rot ein gold-
beschlagenes und bebändertes,
schwarzes Hiefhorn, oben mit
einem goldenen Kreuzchen
besetzt. Der gekrönte Spangen-
helm mit schwarz-roter Decke trägt als Kleinod schwarz-
gold-rote Straussfedern.
(Athanasius von Miaczynski, Wojewode von Wol-
hynien, -j- 1723, war vom Kaiser Leopold I. wegen
seiner Verdienste um den Entsatz von Wien, am 2. De-
zember 1688 in den Reichsgrafenstand erhoben worden.)
Heraldischer Atlas
Eine Sammlung von heraldischen Musterblättern für Künstler, Gewerbetreibende, sowie für Freunde der Wappenkunde
- Titel
- Heraldischer Atlas
- Untertitel
- Eine Sammlung von heraldischen Musterblättern für Künstler, Gewerbetreibende, sowie für Freunde der Wappenkunde
- Autor
- H. G. Ströhl
- Verlag
- Julius Hoffmann
- Ort
- Stuttgart
- Datum
- 1899
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 22.6 x 33.6 cm
- Seiten
- 284
- Schlagwörter
- Heraldik, Heroldskunst, Wappenkunst
- Kategorie
- Lexika