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Tafel LVIII.
P R O B E N
Heraldischer Skulpturen in Italien.
Die italienische Heraldik, gefördert von dem meist
aristokratischen Regiment in den grösseren Städten
(Venedig, Genua, Florenz u. a.) und den prunklieben-
den Päpsten und Kardinälen in Rom, erreichte eine
hohe Stufe der Durchbildung namentlich auf dem Ge-
biete der Skulptur. Die Schilde erhielten meist eine
in die Länge gezogene Form, welche die häutige Quer-
teilung des Schildes veranlasste und das beliebte Ein-
setzen eines Schildhauptes mit dem weifischen oder
ghibellinischen Parteizeichen ermöglichte.
Die viereckige Tartsche (Fig. 3, 4, 7, 8, 9) findet
sich schon sehr früh, bereits im Anfange des XIV. Jahr-
hunderts im Gebrauche, während in Deutschland die
Tartschenform erst viel später in der Heraldik ihren
Einzug hielt. Quasten endigen. Die Schnitte der Decken, ja selbst
die Windungen der Helmwulste, sind dem ornamen-
talen Akanthuslaube nachgebildet, ohne dabei den tex-
tilen Charakter ganz zu verlieren. Siehe die Fig. 3,
4, 7, 8 und 9.
Fig. 1. Wappen der Stadt Florenz. In Silber
eine rote Lilie mit Staubfäden. Skulptur am Palazzo
Ferroni in Florenz (c. 1400.)
Die florentinische Lilie wird übrigens von vielen
Orten in Toskana als Wappen benützt, z. B. Castel-
fiorentino, Dovadola, beide genau wie Florenz, Foiano
golden in Rot, Laterina golden in Blau, Marciano golden in
Grün, Pian di Scö silbern in Rot, Scarperia rot in
Silber u. s w. Laterina und die folgenden alle ohne
Staubfäden.
b. c.
d. e. f.
Fig. 10. Schilde aus Serlio's »Architettura«. I55I-
Die Wappenzierkunst des XVI. Jahrhunderts brachte,
wie dies auch in Deutschland der Fall war, wenig
günstige, oft ganz unheraldische Schildformen, tief
geschlitzt und eingerollt, mehr Cartouchen als Schilde
zur Anwendung. Einige dieser Formen aus Sebastian
Serlio's > Architettura«, 1551, seien hier vorgeführt.
(Fig. 10 a—f.)
Die Tierfiguren der italienischen Heroldskunst sind
mehr naturalistisch aufgefasst, daher auch weniger
biegsam und elastisch wie die der deutschen Heraldik.
Die Adler erscheinen stets mit gesenkten Flügeln,
die Kronen der Tiere schweben, so auch meistens die
Dreiberge, deren einzelne Kuppen cylindrisch geformt
sind und nicht zu einem Stück zusammengezogen, son-
dern nebeneinander stehend aufgerissen werden.
Die Helme spielen eine geringere Rolle, wie solche
den deutschen Helmen zugewiesen ist, und sind des-
halb auch seltener zu sehen, wo sie aber auftreten;
erfreuen sie das Auge mit ihren leicht und elegant
bewegten, stoffartig gehaltenen Decken, die meist in Fig. 11. Siegel der Guelfenpartei.
Fig. 2. Wappen der Guelfenpartei, ebenfalls am
Palazzo Ferroni angebracht. Ein auf einem Drachen
stehender Adler, eine Lilie im Schnabel tragend. Der
Parteiname »Guelfen« (Weifen) wurde von der national-
italienischen Partei, den Anhängern des Papsttums,
den Feinden der kaiserlichen Partei (Ghibellinen) ge-
tragen. Später wurde dieser Name in Florenz von
der Volkspartei geführt, während die Adelspartei als
ghibellinisch bezeichnet wurde. Das Siegel der Guelfen-
partei zeigt Fig. 11. yj- SIGILLUM • PARTIS • GVEL-
FE- CIVITATIS- FLORENTIE.« Der Adler ist ganz
naturalistisch aufgefasst.
Fig. 3. Wappen des Matteo Ferrillo, Conte di
Muro, von dessen Grabmal im Kloster S. M. la Nuova
zu Neapel. (Ende des XV. Jahrhunderts.) In Silber
ein roter Sparren überhöht von drei fünfstrahligen,
roten Sternen nebeneinander. Als Kleinod dient ein
wachsender Drache.
Fig. 4. Wappen des Troilo Boneompagni im alten
Palaste des Bargello zu Florenz. Schild gespalten,
vorne ein Löwe, rückwärts sechsmal rechtsgeschrägt.
Auf dem Schilde ruhen zwei Helme, der rechte trägt
als Kleinod einen gekrüpften Löwen, der linke ein eben-
solches Einhorn.
Fig- 5- Wappen der Altoviti von Benedetto da
Rovezzano. (Piazzetta dei S. S. Apostoli in Florenz.)
a.
Heraldischer Atlas
Eine Sammlung von heraldischen Musterblättern für Künstler, Gewerbetreibende, sowie für Freunde der Wappenkunde
- Titel
- Heraldischer Atlas
- Untertitel
- Eine Sammlung von heraldischen Musterblättern für Künstler, Gewerbetreibende, sowie für Freunde der Wappenkunde
- Autor
- H. G. Ströhl
- Verlag
- Julius Hoffmann
- Ort
- Stuttgart
- Datum
- 1899
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 22.6 x 33.6 cm
- Seiten
- 284
- Schlagwörter
- Heraldik, Heroldskunst, Wappenkunst
- Kategorie
- Lexika