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Wiener Jahrbuch für Kunstgeschichte, Band LIX
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Milena bartlová34 stanzer Konzil König Wenzel IV. von Luxemburg bezichtigt, jenen Elementen Schutz zu bieten, die Bilder schändeten. Gleichzeitig verhandelte das Konzil eine Beschwerde gegen Hieronymus von Prag, die besagte, er habe das Kruzifix mit Schmutz besudelt. 1417 berieten die Magister der Prager Universität über die Bilder, und große Klöster brachten ihre Schätze, einschließlich der Kunstwerke, in Sicherheit.23 Mögen die Hinwei- se auch indirekt sein, so zeichnet sich insgesamt doch ab, daß zur theoretischen Kritik der Bilder mehr oder weniger durchgängig ein ikonokla- stisches Handeln kam; tatsächlich ist vor dem Hintergrund der historischen Abläufe eine kla- re Unterscheidung zwischen Ikonophobie und einem eigentlichem Ikonoklasmus also unange- bracht. Aber nicht nur in dieser Hinsicht muß der byzan tinische Ikonoklasmus in die Überlegungen einbezogen werden. Eine Relektüre der griechi- schen Schriftquellen ist auch für die Bewertung anderer Aspekte des Hussitentums aufschluß- reich. Den byzantinischen Ikonoklasmus kennen wir allein aus den Aufzeichnungen seiner Gegner. Nicht nur, daß wir wie bei allen vormodernen Manifestationen von Bildersturm keine Belege dafür haben, wie diese Taten durchlebt und von den Akteuren selbst bewertet wurden, im Fall von Byzanz sind in authentischer Gestalt auch keine theoretischen Aussagen der Bilderfein- de erhalten. Wer ihre Positionen rekonstruieren will, muß der Quellenkritik besondere Sorgfalt widmen, besteht doch nur so die Chance, jenes Rauschen von Information herauszufiltern, das die Siegerpartei, nämlich die der Bildverehrer (ikonodouloi), hinzugab, wo man die Vorstellun- gen der Ikonoklasten referierte. Kritisch gelesen zeigen die analysierten Texte aus dem „großen“ byzantinischen Bilderstreit des 8. und 9. Jahr- hunderts, daß die Vorstellung vom barbarischen Bildersturm eher eine rhetorische Figur als ein Reflex des realen Geschehens ist. Bezeichnend ist die bekannte Illustration im Khludov-Psalter, die Joannes Grammatikos, den letzten ikonokla- stischen Patriarchen von Konstantinopel, durch sein ungepflegtes Äußeres als „wilden Barbaren“ darstellt, wobei die Übertünchung des Christus- bildes so dargestellt wird, daß sie der Darreichung von Galle und Essig an den Gekreuzigten ent- spricht.24 Ersichtlich handelt es sich um keinen visuellen Tatsachenbericht, sondern um eine symbolische Markierung des Feindes. Vertrauen in die Objektivität der alttestamentlichen und christlichen Schilderungen heidnischer Götzen- diener, die in Holz oder Stein Göttliches verehr- ten, würde gleichfalls in die Irre führen und hieße die Augen vor den Umständen zu verschließen, wie solche Berichte zustande kommen. In Wirk- lichkeit war die Konzeption göttlicher Präsenz im Bild in den nichtchristlichen und nichtjüdischen Glaubenssystemen besser durchdacht. Mit guten Gründen ist davon auszugehen, daß die ganze Vorstellung vom heidnischen Götzendienst eine Diffamierungsstruktur ist, die dem Blickwinkel der bilderlosen jüdischen Religion entspricht.25 Wie Bruno Latour treffend feststellt, geht es in dem Streit zwischen Ikonodoulie und Ikono- klasmus im Grunde darum, wer lügt und wer die Wahrheit sagt: Die Ikonodouloi behaupten, sie seien nicht so dumm, ein bloßes Ding mit dem Göttlichen zu verwechseln, es handle sich für sie vielmehr um ein Zeichen, das auf das abgebil- 23 K. Stejskal, Obvinění mistra Jeronýma Pražského z ikonoklasmu a modlářství na Kostnickém koncilu, in: J. Pánek/M. Polívka/N. Rejchrtová (Hrsg.), Husitství – reformace – renesance. Sborník k 60. narozeninám F. Šmahela, Praha 1994, I., S. 367–380; weitere Belege analysiert M. Bartlová, Poctivé obrazy. Deskové malířství v Čechách a na Moravě 1400–1460, Prag 2001, S. 38–39. 24 B. V. Pentcheva, The Performative Icon, in: Art Bulletin 88, 2006, S. 631–655. 25 J. Elsner, Cultural Resistance and the Visual Image. The Case of Dura Europos, in: Classical Philology 96, 2001, S. 269–304; R. Maniura/R. Sheperd (Hrsg.), Presence. The Inherence of the Prototype within Images and other Objects, Asgate 2006.
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Wiener Jahrbuch für Kunstgeschichte Band LIX
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Wiener Jahrbuch für Kunstgeschichte
Band
LIX
Herausgeber
Bundesdenkmalamt Wien
Institut für Kunstgeschichte der Universität Wien
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2011
Sprache
deutsch, englisch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-78674-0
Abmessungen
19.0 x 26.2 cm
Seiten
280
Schlagwörter
research, baroque art, methodology, modern art, medieval art, historiography, Baraock, Methodolgiem, Kunst, Wien
Kategorie
Kunst und Kultur
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