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Wiener Jahrbuch für Kunstgeschichte, Band LIX
Seite - 83 -
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DIE VERSUCHUNGEN DER JUGEND 83 lerische Umgestaltung und dramatische Steige- rung eines eingeführten allegorischen Schemas. Der aufwärts – auf Venus – gerichtete Blick des Jünglings wird gleichsam im Bruchteil einer Sekunde durch den dazwischen geschobenen Schild von Minerva unterbrochen. Der betont spontane Pinselstrich des Malers findet so seine Entsprechung in der vom Gemälde vermittelten Momenthaftigkeit des turbulenten Geschehens. Der Betrachter muß sich solchermaßen im Bild orientieren wie der dargestellte Jüngling in der moralischen Welt. Durch einen derartig inno- vativen, auch Rezeptionsvorgänge einschließen- den Umgang mit dem Überkommenen erklärt sich womöglich sogar Giordanos Austausch be- stimmter Attribute, was auf ein Spiel mit schein- bar festen Bedeutungen, wenn nicht sogar auf das kalkulierte Versagen des allegorischen Modus bei der Vermittlung klarer, d.h. schriftanaloger, Botschaften hinausläuft. Doch die gerade im 17. Jahrhundert übliche (Selbst-) Analogisierung der Malerei mit der Dichtung ist nicht zu verwechseln mit deren ur- eigenen bildnerischen Verfahren. Bei Giordano dominiert die unbändige Freude an der Umfor- mulierung und sinnlich intensiven malerischen Zuspitzung eines bildlich konventionalisierten allegorischen Antagonismus. In dieser Hinsicht ist das Frankfurter Bild womöglich vor allem Be- kenntnis zu einer bestimmten Art zu malen, eine fast schon historisierende Auseinandersetzung mit Peter Paul Rubens und Pietro da Cortona sowie Nachweis der eigenen Versiertheit in de- ren Stil.55 Das allegorische Vokabular diente als Rohmaterial künstlerischer Verfeinerung. Auf der Seite des unbekannten Auftraggebers von Giordano war die Wahl des Sujets vermutlich auch durch das Bemühen bedingt, sich durch Imitation von Elementen der Innendekorati- on hoch geachteter Dynastien wie der Medici eigenes Prestige per analogiam zu verschaffen.56 Insofern entsprachen sowohl Sujet als auch Stil grundsätzlich einer an anderer Stelle gesetzten Norm. SUMMA Bezeichnenderweise erhielt im Jahr 1664, dem Entstehungsdatum von Giordanos Gemälde, der an den Entwürfen für eine allegorische Wand- teppichserie zu Ehren der politischen und mili- tärischen Heldentaten des Königs Ludwig XIV. arbeitende Hofkünstler Charles Le Brun von Jean-Baptiste Colbert Order, in diesen Werken auf die übliche allegorische Inszenierung des Herrschers zu verzichten. Soweit sich die Argu- mentation aus den nur bruchstückhaft erhalte- nen Dokumenten rekonstruieren läßt, entsprach die (mit dem König abgestimmte) Anordnung der Auffassung, die Leistungen Ludwigs XIV. sei- en zu groß und zu bedeutend, um sie durch die Einordnung in den allegorischen Kontext ihrer Faktizität und Einzigartigkeit zu berauben.57 In den Tapisserien der „Histoire du roy“ entstan- den folgerichtig, wie u.a. Wolfgang Brassat dar- gelegt hat, „dokumentierende“ (gleichwohl auf die vorteilhafte Mise-en-scène des Monarchen 55 Vgl. E. Leuschner, Picturing Rubens Picturing. Some Observations on Giordano’s ‘Allegory of Peace’ in the Prado, in: Gazette des Beaux-Arts 139, 1997, S. 195–206. 56 Vgl. eine auf ein anderes Beispiel bezogene Argumentation bei C. Michaud, Johann Heinrich Schönfeld. Un peint- re Allemand du XVIIe Siècle en Italie, München 2006, S. 133. 57 W. Brassat, Das Historienbild im Zeitalter der Eloquenz. Von Raffael bis Le Brun, Berlin 2003 (Studien aus dem Warburg-Haus, Bd. 6), S. 359–390; P.–X. Hans, L’Histoire du roy, in: N. Milovanovic/A. Maral (Hrsg.), Louis XIV. L’homme & le roi, Ausstellungskatalog, Versailles, Musée national de Versailles et de Trianon, 19.10.2009– 07.02.2010, Paris 2009, S. 194–196.
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Wiener Jahrbuch für Kunstgeschichte Band LIX
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Wiener Jahrbuch für Kunstgeschichte
Band
LIX
Herausgeber
Bundesdenkmalamt Wien
Institut für Kunstgeschichte der Universität Wien
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2011
Sprache
deutsch, englisch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-78674-0
Abmessungen
19.0 x 26.2 cm
Seiten
280
Schlagwörter
research, baroque art, methodology, modern art, medieval art, historiography, Baraock, Methodolgiem, Kunst, Wien
Kategorie
Kunst und Kultur
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