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Wiener Jahrbuch für Kunstgeschichte, Band LIX
Seite - 135 -
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Schriftquelle, allegorische Lektüre und schloss Pommersfelden 135 nirgends erwähnt.32 Verhüllung gehört zur alle- gorischen Praktik – wo anders als in Pommersfel- den beweist dieses Verfahren seine tiefgründigste Beschlagenheit? Aber ein Bild, das aus der inner- sten Mitte des Raumgefüges offen dem Blick sich darbietet und durch seine Position am höchsten Ort ausgezeichnet ist, bis zur Verschwiegenheit zu verheimlichen, muß verborgene Gründe ha- ben. Der aufgedeckte Nexus zwischen der Iko- nologie und dem Dotationsdekret mit seiner verkappten Schreibart bringt sie an den Tag. Die geschichtlichen Sachgegebenheiten kommen so ins Bild, daß sie dadurch die Hauptsache nicht verraten, und sind insofern disponiert, in den Bild- und Bedeutungsmodus einer Allegoria ve- lata übertragen zu werden. In Pommersfelden läßt sich entschleiern, was sie bedeutet, jedoch nicht, was ihre Bedeutung bedeutet. Dies leistet erst die aufschließende Rückübersetzung der alle- gorischen Gehalte, die als Bedeutung sich darstel- len, in die dokumentarischen Termini, aus denen sie herstammen. Die „Invention“ des Kunstwerks unterzieht geschichtlich geprägte Befunde einer Programmierung, die sie konzeptuell zubereitet und in allegorische Sinngestaltung ummodelt. Al- legorie gibt es, weil es Geschichte gibt, und sie ist dazu da, Geschichte mit Bedeutung zu versehen. Eine zum Sinnfälligen geläuterte, anschaulich fundierte Kundgabe beginnt ihre Darstellung. Auch nach seiner ersten allegorischen Enthüllung beläßt sie in jedem Bild noch so viel Verhülltes, wie nur das aufklärende Vermögen historischer Erkenntnis zu ergründen und auszudeuten ver- mag. Mittelbaus auch die Mitte der Stichserie. Ungewöhnlicherweise steht der Plan jedoch nicht am Beginn der rißmäßi- gen und bildlichen Präsentation dieser Hauptraumfolge, sondern ist selbst das dritte Blatt einer dreiteiligen Binnen- sequenz, die auf Tafel 8 mit dem vorgezogenen Prospekt des Treppenhauses einsetzt, und die in ihrer Mitte auf Tafel 9 eine perspektivisch überzogene Ansicht des Ovalvestibüls erscheinen läßt – eine bildhafte Exposition, die dem Verständnis der komplexen Räumlichkeit dieser Mitte des Mittelbaus und des gesamten Schlosses den Weg weist. 32 Primärquelle ist Johann Rudolf Byss, Fürtrefflicher Gemähld= und Bilder=Schatz / So In denen Gallerie und Zimmern / des Churfürstl. Pommersfeldischen neu=erbauten fürtrefflichen Privat-Schloß / zufinden ist, Bamberg 1719. Diese Fehlanzeige ist deswegen so auffällig, weil Byß auf den letzten zwei Seiten seines Katalogs eine umfang- reiche, aber unvollständige Liste der „Plat-Fonds“ publiziert, wo er dezidiert auch auf „Die kleine Decke in dem Vor=Saal“ und die Thematik ihrer Bilder eingeht, ohne dabei das Grazienfresko zu nennen. 33 Hantsch, Reichsvizekanzler (zit. Anm. 5), S. 157. 34 Solche Praktiken, die auch von Lothar Franz meisterlich geübt wurden, waren gang und gäbe; bis ins Einzelne iv Verschwiegenheit und Verborgenheit haben in- des noch eine andere Bewandtnis. Wie im Ne- gativ zeichnet sich durch sie etwas ab, was weder aufgedeckt noch angesprochen werden darf, eine insgeheime Intention, wie sie ebenso hinter dem Dotationsdekret steht. Es ist so doppelbödig, daß es den eigentlichen Grund der Dotation gar nicht nennt. Vielmehr wird er verheimlicht. In geheimer Absicht stellt sich das Dekret vor ein geheimes Unterfangen. Es sagt bloß die halbe Wahrheit, und darum verbirgt und verschweigt die Pommersfeldener Ikonologie. Das Geldgeschenk war das letzte Mittel, das Karl seinen böhmischen Gesandten an die Hand gegeben hatte, um die Ansprüche, die Lothar Franz als Preis für die Kaiserwahl erhob, aus der Welt zu schaffen.33 Die Dotation sollte sie ihm quasi abkaufen. Mit diesem Wissen klingt dankhnehmigkeit doppelzüngig, „gratia“ gerät zu Vorteilsnahme, Eintracht wirkt vorgespiegelt und Wohltat korrumpiert.34 Grundlage der an- stehenden Geheimverhandlungen war ein Ka- talog mit siebzehn Artikeln, worin Lothar Franz unter Beihilfe von Friedrich Karl seine Konditio-
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Wiener Jahrbuch für Kunstgeschichte Band LIX
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Wiener Jahrbuch für Kunstgeschichte
Band
LIX
Herausgeber
Bundesdenkmalamt Wien
Institut für Kunstgeschichte der Universität Wien
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2011
Sprache
deutsch, englisch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-78674-0
Abmessungen
19.0 x 26.2 cm
Seiten
280
Schlagwörter
research, baroque art, methodology, modern art, medieval art, historiography, Baraock, Methodolgiem, Kunst, Wien
Kategorie
Kunst und Kultur
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