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Wiener Jahrbuch für Kunstgeschichte, Band LIX
Seite - 140 -
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walter jürgen Hofmann140 und Eintracht.“53 Damit übermittelt Merkur eine zweite Allusion und weist noch vor dem Eintritt in das Schloß vom Scheitelpunkt der Hauptschauseite auf die Zentralallegorie Pom- mersfeldens hin. Ebenso schlägt er einen Bogen zu den Grazien, deren Bedeutung sich auch unter das Motto „Fried und Eintracht“ subsu- mieren läßt.54 Bei Sandrart ist Merkur sogar der Führer ihres Dreivereins, und der Text erläutert, daß dessen „Belohnung“ demjenigen zuteil wird, der „mit aufrichtigem Gemüt“ ihrer wür- dig ist, selbst aber wiederum „erkentlich seyn solle.“55 Die Sprachverwandtschaft mit dem Dotationsdekret bis zum gleichen Wortlaut wird kaum zufällig sein. Die Verbindung Merkurs mit den Grazien war von Mythographen des 16. Jahrhunderts aus antiken Quellen erneuert und zu einem komplexen Konzept entwickelt worden.56 Die Bedeutung des Götterboten ist dabei nicht fixiert, sondern kreist um die Semantik von kluger Verständigung und Vergleichung. Daher liegt nahe, sie auf Pommersfelden zu beziehen. Indes sind wie im Vestibül von Herkules, die Grazien jetzt in einem noch viel größeren Ab- stand von Merkur geschieden. Der Gesamtsinn erhellt erst, wenn in einem Akt reflexiver Schau die dissoziierten Bild- und Bedeutungsbestände wieder zusammenfinden und ihre zugehörige Ergänzung erfahren. Ein allegorischer Modus zeichnet sich ab, der mit seiner Tendenz zum Überwertigen sich ans geistige Auge wendet, um Einsicht in die übergreifende Disposition der zerstreuten Bildwelt zu erlangen. Die sinn- reiche Veranstaltung erschließt sich nur dem, der solche Bildpartnerschaften in seiner Vorstel- lung nachzuvollziehen und in Korrespondenz zu setzen vermag. Dann spielen sich ikonolo- gische Zusammenschlüsse ab, die wie die Folge der Räume, so auch die Folge der Bilder in ein über weite Distanzen gespanntes, mehrere Sta- tionen verknüpfendes Sinngewebe einbetten.57 Eine Integration sinnbildlicher Sequenzen ge- schieht, die den darauf abgestimmten Sequen- zen der Architektur synchron sind, und die Pommersfelden ganz besonders auszeichnet. Mit der Erkenntnis, daß eine ergänzende Bild- partnerschaft die separierten, in verselbständigte Teilglieder zerlegten Bildkonzepte wieder zu- sammenschließt, läßt sich eruieren,58 ob Merkur zusätzlich zu seiner mythologischen Personalität noch eine allegorische Verkörperung erfährt. Paul Decker postiert auf dem Gartenrisalit seines „Fürstlichen Palastes“ einen Merkur, der Pegasus vI 53 Sandrart, Iconologia Deorum (zit. Anm. 19), S. 206. 54 Inwiefern Pommersfelden auch ein Friedensschloß ist, bleibt zu untersuchen; vorläufig Hofmann, In campis pome- ranicis (zit. Anm. 4), S. 131 und S. 133. Ob die Beendigung des Spanischen Erbfolgekrieges mit den Friedensschlüs- sen für den Kaiser und Österreich in Rastatt am 7. März 1714 und für das Reich in Baden am 7. September 1714 in die Bedeutungsgeschichte des Schlosses hineinspielt? 55 Sandrart, Iconologia Deorum (zit. Anm. 19), S. 195 und Tafel BB nach S. 194 (Abbildung bei Mertens, Die drei Grazien (zit. Anm. 14), Abb. 25). 56 „Merkur und die Grazien“ heißt ein umfangreicher Abschnitt bei Mertens, Die drei Grazien (zit. Anm. 14), S. 87–94. 57 Die Ausgestaltung einer „Seite des Kaisers“ und einer „Seite der Kaiserin“ im ursprünglichen Zustand des Schlosses, die von der Hoffassade über die Galerie im piano nobile des Treppenhauses bis zu den seitlichen „Kaiserwänden“ des Hauptsaals sich spannte, ist für ein solches allegorisches Vorgehen das beste Beispiel; ausführlich nachgewiesen bei Hofmann, In campis pomeranicis (zit. Anm. 4), S. 135 ff. und passim. 58 Bereits erkannt ist die ähnliche Sinnergänzung im Deckenbild des Treppenhauses zwischen Helios–Apoll, der die
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Wiener Jahrbuch für Kunstgeschichte Band LIX
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Wiener Jahrbuch für Kunstgeschichte
Band
LIX
Herausgeber
Bundesdenkmalamt Wien
Institut für Kunstgeschichte der Universität Wien
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2011
Sprache
deutsch, englisch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-78674-0
Abmessungen
19.0 x 26.2 cm
Seiten
280
Schlagwörter
research, baroque art, methodology, modern art, medieval art, historiography, Baraock, Methodolgiem, Kunst, Wien
Kategorie
Kunst und Kultur
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