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Wiener Jahrbuch für Kunstgeschichte, Band LIX
Seite - 143 -
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Schriftquelle, allegorische Lektüre und schloss Pommersfelden 143 lauf, den die Gestirne zwischen Tag und Nacht durchwandern, beides ausgerichtet auf die Him- melsgegenden nach Osten und nach Westen. Der räumlichen Orientierung der Gesamtanlage gegen Norden und Süden, die auch die Treppe und ihr solares Himmelsbild disponiert, tritt eine raumzeitliche Ergänzung zur Seite; zusam- men bekunden sie den universalen Anspruch des Schlosses. Im Klang der Glocken wird die Stimme von Fama chiara gleichsam vernehmbar und verbreitet den Ruf, des Wechsels der Zeiten und Welten eingedenk zu sein. Wie die Hoffassade mit dem Götterboten im Zenit, so steigt auch die Fassade des Marstalls zu himmlischen Wesen und Zeichen empor und gipfelt im Himmelston der Glocken und dem himmlischen Wehen der Fahne. Untereinander verdichten sie sich zu einem Bedeutungsnetz, das überall, im Sichtbaren wie im Hörbaren, den Sinn von Fama chiara erfahren läßt. Da nach oben mit dem Türmchen und seinem Fähnlein, den kleinen Glocken und den „Kindlein“ das Kleinformat zu überwiegen beginnt,64 geschieht der Vortrag gerade des Sinnreichsten „diminu- endo“. In der Vedute Kleiners (Abb. 6) wölbt sich aus der Mitte des Stallgebäudes ein Regen- bogen, kosmisches Zeichen der Versöhnung von Himmel und Erde und die an den Himmel geschriebene, höchste Sinnfigur für „Fried und Eintracht.“65 Eine Bestätigung, daß sich Merkur und Pe- gasus intentional zur Allegorie von Fama chiara ergänzen, liefert die Inschrift im Ovalsaal des Marstalls, die auf der Mitte der hinteren Wand dieses Hauptraums steht und den nach Süden gelegenen point de vue des Schlosses bildet. In kapitaler Antiqua ist dort zu lesen: AD IVCVN- DAM POSTERITATIS MEMORIAM. Das Epi- gramm gilt für Pommersfelden überhaupt. Es benennt die Botschaft, die Fama chiara fort und fort der Nachwelt ins Gedächtnis ruft. Bereits in einem Brief vom 29. März 1713 an Lothar Franz, als es noch um die Planungen Hildebrandts für den neuen Schloßbau ging, hatte Friedrich Karl das gleiche Motto mit anderen Worten, aber identischer Bedeutung ausgesprochen: Es wäre einmal schad, in so sumptuos und schönem werk der nachwelt nicht vollkommen Dero ruhmb zu über- lassen.66 Das Dotationsdekret sagt dazu konzis: ruhmwürdigst befördert. Wer versucht, in den innersten Bezirk von Schloß Pommersfelden vorzudringen, dem begegnet überall das Insgeheime. Das Dotationsdekret ist die inoffizielle Gründungsurkunde des Schlos- ses, wenngleich sein Name darin gar nicht fällt. Genauso ist dort bereits angelegt, daß die ihm eingeschriebene Ikonologie, so differenziert wie umfassend sie sich auch ausgestaltet, sich nie völ- lig offenbart. Sie bringt nicht alles zur Sprache, sondern hält sich bedeckt, indem sie einen klan- destinen Anschein verbreitet. Was sie enthüllt, kommt nur zum Teil an den Tag und bleibt zum anderen Teil zumindest verschleiert. Und was un- verborgen vor Augen zu liegen scheint, verharrt bis zuletzt in einem verhüllten Zustand. Daraus entsteht das Insgeheime. vIi 64 In dieser Hinsicht weicht die Darstellung bei Kleiner vom oberen Abschluß der ausgeführten Schaufront ab. 65 Auch wie die Synopse zwischen Merkur und Pegasus zur Allegorie von Fama chiara vonstatten geht, exemplifiziert der Regenbogen: Indem er über beide Enden den Bogen schlägt und sie in seiner überwölbenden Gestalt vereint, überbrückt er den Luftraum. 66 Q 304.
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Wiener Jahrbuch für Kunstgeschichte Band LIX
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Wiener Jahrbuch für Kunstgeschichte
Band
LIX
Herausgeber
Bundesdenkmalamt Wien
Institut für Kunstgeschichte der Universität Wien
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2011
Sprache
deutsch, englisch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-78674-0
Abmessungen
19.0 x 26.2 cm
Seiten
280
Schlagwörter
research, baroque art, methodology, modern art, medieval art, historiography, Baraock, Methodolgiem, Kunst, Wien
Kategorie
Kunst und Kultur
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