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Wiener Jahrbuch für Kunstgeschichte, Band LIX
Seite - 148 -
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walter jürgen Hofmann148 aus der Versammlung von Tugendverweisen zu schaffen, die alle von anderer Herkunft sind, und sie als Quintessenz von Tugend erscheinen zu lassen, ist ein kumulatives, zum Gemeinsamen im Verschiedenen hinstrebendes Verfahren, das jenen für Pommersfelden so charakteristischen Bildmodus einer ergänzenden Bildpartnerschaft komprimiert vor Augen stellt. Was gegenwärtig wird, ist die „Tugend voll der Tugenden“, die deshalb vor den übrigen Tugendallegorien in der Wölbkehle ausgezeichnet ist, und da sie im point de vue der Fensterwand thront, dem Tugendzyk- lus des Hauptsaals „vorsitzt“. Merkurs Führung vom Laster zur Tugend fand gleichsam unter der Aufsicht dieser Füh- rungstugend statt. Sie beglaubigte auch seine Führerschaft, und so merkwürdig sein Tugend- geleit scheinen mag, so nimmt er doch nur seine angestammte Aufgabe wahr, Bote zu sein und zu vollziehen, wozu er ausgesandt war. Wie er den Schatz der kaiserlichen Dotation brachte, um im Schloß die Goldene Zeit zu installieren, und wie er die Kunst dorthin „bringet“, so bringt er auch die Tugend. Merkur folgt dem Ruf, der in Pommersfelden nicht nur von der obersten Tu- gend an ihn ergeht, und bewerkstelligt durch das Ethos seines Handelns, daß neben der glückver- heißenden und der künstlerischen ebenso die sittliche Wertigkeit von Fama chiara sich erfüllt. Das trifft dann ein, wenn durch die Überwin- dung und dem Sturz der Laster die Tugend end- gültig triumphiert: Diesem Thema ist daher das Hauptfresko Rottmayrs im Zentrum der Decke des Hauptsaals gewidmet.80 80 Hofmann, In campis pomeranicis (zit. Anm. 4), S. 137–138 und S. 248, Abb. 17. 81 L. Volkmann, Bilderschriften der Renaissance, Leipzig 1923, S. 120. 82 Andreas Alciatus, Emblematum Libellus (zit. Anm. 29), S. 52, zu Emblem XVIII. IX Über dem östlichen, seitwärts gewandten Rund- bogentor der Pommersfeldener Sala terrena ist eine querrechteckige Relieftafel eingelassen, auf der zwei Putti mit dem Caduceus und mit Füllhörnern voll Früchten und Münzen han- tieren. Beide Utensilien entstammen einem der berühmtesten Embleme Alciats, das er für sich selbst ersonnen hatte,81 und das die merkuri- schen Sinnzeichen bündelt, um in Kombination mit den Füllhörnern die Zusammengehörigkeit von Glück und Tugend zu versinnbildlichen. Aus einem Arrangement der unierten Attribute des Götterboten ragt mittig der Merkurstab mit dem Flügelhut am oberen Ende empor, unten sind paarweise die Fußflügel angefügt, während in Ligatur symmetrisch verschränkt das Paar der geschweiften, mit Früchten beladenen Füllhör- ner kreuzt. Das Lemma heißt „Virtuti fortuna comes.“82 Im Relief werden diese Sinnfiguren zum Spiel- zeug des Puttenpärchens. Da das emblematische Repertoire jedoch erhalten bleibt, entsteht die sonderbare Erscheinung eines Bildes, dessen Su- jet die Vergegenständlichung eines Emblems ist. Dabei hebt die im Lemma formulierte Thematik gar nicht auf Merkur ab. Der allegorische Bezug, den seine Beigaben symbolisieren, ist die Prokla- mation von Tugend, die bewirkt, daß durch sie das Glück, das – nach Alciat – im Reichtum der überquellenden Früchte bedeutet ist, zum ständi- gen Begleiter wird. Die Pommersfeldener Ausle- gung lautet daher: Ein glückhlicher ausschlag, den Merkur bewerkstelligte, schafft im Schloß jene Eintracht von Virtus und Fortuna, die im Tu- gendlohn der hesperischen Goldäpfel, worauf die Früchte alludieren, sich ebenso manifestierte wie im Glück der kaiserlichen Dotation, auf das die neu hinzugekommenen Münzen verweisen.
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Wiener Jahrbuch für Kunstgeschichte Band LIX
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Wiener Jahrbuch für Kunstgeschichte
Band
LIX
Herausgeber
Bundesdenkmalamt Wien
Institut für Kunstgeschichte der Universität Wien
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2011
Sprache
deutsch, englisch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-78674-0
Abmessungen
19.0 x 26.2 cm
Seiten
280
Schlagwörter
research, baroque art, methodology, modern art, medieval art, historiography, Baraock, Methodolgiem, Kunst, Wien
Kategorie
Kunst und Kultur
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